rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkünfte aus VuV: Überlassung einer Wohnung zu 68 % der ortsüblichen Marktmiete. Einkünfteerzielungsabsicht

 

Leitsatz (redaktionell)

Für eine erforderliche Totalüberschussprognose ist an den vom Steuerpflichtigen verwirklichten Sachverhalt anzuknüpfen. Es ist nicht möglich, die steuerlichen Folgen seiner Gestaltung der vertraglichen Beziehungen durch fiktive Ansätze zu seinen Gunsten „abzumildern”.

 

Normenkette

EStG § 21 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

Streitig ist für den Veranlagungszeitraum 2004 (Streitjahr) in welcher Höhe Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen sind.

Mit der Einkommensteuererklärung für 2004 vom 22. März 2005 machten die Kläger einen Verlust aus VuV in Höhe von 18.894 EUR geltend. Die Kläger sind Eigentümer eines Einfamilienhauses in der Nähe von A-Stadt. Das Haus verfügt über eine Wohnfläche von 143,08 m², es ist seit 2002 an die Eltern des Klägers vermietet. Die Miete betrug im Streitjahr lt. Mietvertrag vom 15. November 2001 monatlich 510 EUR kalt. Den Verlust errechneten die Kläger wie folgt:

Mieteinnahmen

6.612

Abschreibung

11.437

Schuldzinsen

13.447

Sonstige Kosten

622

Werbungskosten

25.506

-25.506

Verlust aus VuV

-18.894

alle Beträge in EUR

Die Beteiligten gehen übereinstimmend von einer Vergleichsmiete für das Streitjahr von 5,42 EUR/m² aus.

Im Veranlagungsverfahren legten die Kläger eine Prognoserechnung vor, aus der sich auf einen Zeitraum von 75 Jahren bezogen, ein Gesamtüberschuss in Höhe von 242.991 EUR ergibt. Auf einen Zeitraum von 30 Jahren ergibt sich aus dieser Berechnung ein Totalverlust in Höhe von 118.808 EUR.

Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) ging bei der Veranlagung davon aus, dass die erzielten Mieteinnahmen von 3,60 EUR/m² nur 68 % der Marktmiete (5,42 EUR/m²) betrugen. Entsprechend kürzte es die erklärten Werbungskosten um 32 % auf 17.344 EUR. Unberücksichtigt blieben Werbungskosten in Höhe von 8.162 EUR. Im Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 31. Mai 2005 wurden entsprechend Verluste aus VuV in Höhe von 10.732 EUR berücksichtigt.

Dagegen wandten sich die Kläger mit ihrem Einspruch vom 23. Juni 2005.

Mit der Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2006 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen:

  • ○ Den Tatbestand der Erzielung von Einkünften aus VuV erfülle, wer einem anderen unbewegliches Vermögen entgeltlich zum Gebrauch überlasse. Eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung erfülle diesen Tatbestand nicht.
  • Wer eine Wohnung im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete verbilligt überlasse, verzichte bewusst auf Einnahmen.
  • § 21 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 2004 enthaltene eine Regelung, wonach die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen sei, wenn das Entgelt für die Überlassung weniger als 56 % der ortsüblichen Marktmiete betrage.
  • ○ Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei eine solche Aufteilung aber auch dann vorzunehmen, wenn die vereinnahmte Miete zwar mehr als 56 %, aber weniger als 75 % der Marktmiete betrage, und insgesamt nicht von einem Totalüberschuss auszugehen sei. Müsse in einem derartigen Fall die Einkünfteerzielungsabsicht geprüft werden, so geschehe dies durch eine den Zeitraum der voraussichtlichen Vermögensnutzung umfassende Überschussprognose. Typisierend sei ein Prognosezeitraum von 30 Jahren zugrunde zu legen.
  • ○ Wegen der negativen Ertragsprognose für einen Zeitraum von 30 Jahren sei die Vermietungstätigkeit der Kläger in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. die Werbungskosten könnten deshalb nur in dem Umfang berücksichtigt werden, soweit sie auf den entgeltlichen Teil entfielen.
  • ○ Die Tatsache, dass infolge der Kürzung der Werbungskosten eine verbilligte Vermietung zu einer höheren Steuerbelastung führen könne, als eine Vermietung zu Marktpreisen, lasse keine andere rechtliche Beurteilung des Sachverhalts zu.

Mit der Klage vom 25. Juli 2006 begehren die Kläger weiterhin die ungekürzte Berücksichtigung der Werbungskosten:

  • ○ Bei einer Vermietung des Hauses zu einem Mietzins zwischen 75 % und 100 % der ortsüblichen Marktmiete, lägen die Mieteinnahmen bis zu 3.181 EUR höher. Die Werbungskosten wären nicht gekürzt worden. Durch die pauschale Kürzung der beantragten Werbungskosten sei der negative Überschuss der Einkünfte um 4.981 EUR geringer als bei einem theoretischen Ansatz von 100 % der ortsüblichen Miete. Ein derartiger Ansatz sei wirtschaftlich widersinnig, widerspreche dem Gebot der Steuergerechtigkeit und komme einer „Strafbesteuerung” für die vergünstigte Vermietung an Angehörige gleich.
  • ○ Ein pauschaler Prognosezeitraum von 30 Jahren widerspreche der Langfristigkeit der Investition in eine Immobilie. Die voraussichtliche Nutzung betrage mindestens 75 Jahre. Die Zugrundelegung eines Prognosezeitraums von nur 30 Jahre...

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