rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kenntnis der eine Änderung nach § 173 AO 1977 rechtfertigenden Tatsachen vor Ergehen des Änderungsbescheids; Mietverhältnis mit nichtehelichen Lebenspartner
Leitsatz (redaktionell)
1. Änderung wegen neuer Tatsachen nach § 173 AO 1977: Erst im Gerichtsverfahren bekannt gewordene Tatsachen können nicht zur Rechtfertigung eines Änderungsbescheides herangezogen werden. Das Gericht ist daher nicht befugt insoweit eine weitere Sachaufklärung zu betreiben.
2. Im Falle einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ergibt sich aus deren wirtschaftlichem Aspekt, dass beide Partner nach ihren Kräften finanziell zur gemeinsamen Lebensführung beitragen, wozu auch das Wohnen gehört. Als Mietzins erklärte Zahlungen des Mitbewohners sind dann als Beiträge zur gemeinsamen Haushaltsführung zu werten (umfangreiche Ausführungen zu Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bzw. eines Mietverhältnisses; hier: bewertungsrechtliches Einfamilienhaus, gemeinsamer Eingangsbereich und Telefonanschluss, ein Telefon, ein Hausbriefkasten).
Normenkette
AO 1977 § 173 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 76; EStG §§ 21, 10e, 12 Nr. 1
Gründe
I.
Streitig ist die steuerrechtliche Anerkennung des Mietvertrages über das Objekt F ...
In den Streitjahren erzielte der ledige Kläger als Systemprogrammierer Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit; und zwar 1992 DM 99.603, 1993 DM 104.703, 1994 DM 102.945 und 1995 DM 109.600 sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus 2 Objekten. Der Kläger machte in allen Jahren Kosten für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte von beiden Objekten aus geltend.
Für das 1. Objekt in W ... erklärte er Verluste aus Vermietung und Verpachtung und zwar 1992 DM 582, 1993 DM 218, 1994 DM 1.525 und 1995 DM 2.159 DM. Dieses Objekt nutzte er zum Teil selbst, zum Teil war es an seinen Bruder vermietet. Von diesem Ort machte der Kläger durchschnittlich 30 Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte geltend und bezeichnete diesen Ort als seinen Lebensmittelpunkt.
Für das 2. Objekt F ... erklärte er ebenfalls Verluste aus Vermietung und Verpachtung und zwar 1992 DM 12.638, 1993 DM 13.044, 1994 DM 19.622 und 1995 DM 13.559 DM. Von diesem Ort machte der Kläger durchschnittlich 270 Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte geltend.
Wegen des 2. Objektes besteht der Rechtsstreit mit dem Finanzamt.
Mit Kaufvertrag vom 13.8.1987 erwarb der Kläger das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück in F ... . Die Besitzübergabe sollte gemäß Kaufvertrag am 1.10.1987 erfolgen. Der Kaufpreis betrug 517.500 DM. Erwerbsnebenkosten fielen in Höhe von ca. 15.000 DM an. Geldbeschaffungskosten erklärte der Kläger in Höhe 71.027,68 DM. Kreditaufnahmen erklärte er in Höhe von insgesamt 496.000 DM. Instandhaltungsaufwand machte der Kläger nicht geltend.
In der Steuererklärung für 1987 gab er an, daß das Objekt ab 1.9.1987 bezugsfertig und zu 64% vermietet und zu 36 % selbstgenutzt sei. Dementsprechend machte der Kläger neben den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung für 1987 Vorbezugskosten nach § 10e EStG für Schuldzinsen und Geldbeschaffungskosten geltend und beanspruchte in den Folgejahren Förderung des Wohnungseigentums nach § 10e EStG. 1990 wurde dem Kläger die Genehmigung erteilt, Erweiterungsbauten an dem Objekt W ... durchzuführen. 1992 wurden hierfür angefallene Kosten erstmals in größerem Umfang geltend gemacht.
Bei Durchführung der Veranlagung für 1992 forderte das Finanzamt mit Schreiben vom 13.4.1994 Nachweise für die Mieteinnahmen für das streitige Objekt und Angaben zum Objekt W ... an. Der Kläger legte daraufhin einen Formularmietvertrag vor, mit dem er das Objekt F ... mit Ausnahme einiger Räume an Frau E ... vermietet hat. Als Miete wurden monatlich 800 DM festgelegt. Diese Miete wurde in unveränderter Höhe, jedenfalls bis 1995 einschließlich, entrichtet. Stromkosten waren anteilig zusätzlich nach Abrechnung zu entrichten, ebenso die Heizkosten. Die Fläche der vermieteten und der beheizten Räume wurde mit je 120 qm angegeben.
Die nicht vermieteten Räume waren als Studio mit Bad im 1. Stock bezeichnet. Eine Mitbenutzung war hinsichtlich Waschanlage, Fahrzeugabstellplatz, Kinderspielplatz und Garage vereinbart. Der Vertrag enthält den handschriftlichen Zusatz: „Bei Todesfall des Vermieters bleibt das Mietverhältnis unbegrenzt weiter bestehen”.
Zu dem Objekt W ... gab der Kläger an, daß ihm dort eine Wohnung mit 81 qm zur Verfügung stehe.
Mit Bescheid vom 29.6.94 setzte das FA die Einkommensteuer für 1992 auf 18.768 DM, Zinsen von -29 DM und einen Solidaritätszuschlag von 703,80 DM fest.
Die Einkommensteuererklärung für 1993 ging am 151.1995 beim Finanzamt ein. Aus den Bearbeitungsvermerken ist ersichtlich, daß dem Finanzamt der Nachweis über die Zahlung von 800 DM Miete monatlich vorgelegen hat. Mit Bescheid vom 25.4.1995 setzte das FA die Einkommensteuer für 1993 auf 21.167 DM fest, wobei es die AfA für das Objekt W ... kürzte. Dieser Bescheid enthält neben dem Hinweis auf die AfA-Kürzung den Zusatz: „nach unseren Erkenntnissen wurde ...