Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwer bei Nullbescheid über Einkommensteuer
Leitsatz (redaktionell)
Eine Beschwer des Klägers, die – trotz des im Streitfall vorliegenden Nullbescheids ausnahmsweise und von der Regel abweichend – angenommen werden könnte, ist jedenfalls für das Gericht ohne Vorlage der Steuererklärung und der Besteuerungsgrundlagen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ersichtlich.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1-2; AO § 162
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger durch den Einkommensteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2007 (Streitjahr), der die Einkommensteuer auf 0 DM festsetzt, beschwert ist.
Der Kläger wird vom Beklagten – dem Finanzamt (FA) – für das Streitjahr 2007 zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Wegen Nichtabgabe der Einkommensteuererklärung für 2007 schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 5.000 EUR abzüglich eines Altersentlastungsbetrags von 1.900 EUR) gemäß § 162 der Abgabenordnung – AO – und setzte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid vom 2. Juli 2009 – unter Berücksichtigung eines Verlustabzugs von 3.100 EUR (aus dem Verlustvortrag zum 31. Dezember 2006: 437.245 EUR) – die Einkommensteuer für 2007 auf 0 EUR fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb trotz mehrfacher Aufforderung des FA unbegründet. Ebenso wurden keine Gründe mitgeteilt, warum eine Begründung des Einspruchs nicht möglich ist. Das FA wies den Einspruch mit der Einspruchsentscheidung vom 5. November 2009 mangels Beschwer als unzulässig zurück.
Dagegen ließ der Kläger im Dezember 2009 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage erheben. Das FA habe den Kläger nicht ausreichend Gelegenheit gegeben, den Einspruch zu begründen. Der Kläger müsse, wie dem FA bekannt gegeben worden sei, eine mehrjährige Abwicklung der steuerlichen Verhältnisse aufzeigen, wozu er aus Altersgründen und wegen der Beendigung verschiedener schwebender Geschäfte erst im Frühjahr 2010 Gelegenheit haben werde, entsprechend Stellung zu beziehen. Seine Klage begründete der Kläger trotz Aufforderung des Gerichts nicht.
Nach Erlass des Gerichtsbescheids am 30. Dezember 2010 (Tag der Zustellung: 7. Januar 2011) beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers wegen Einkommensteuer 2007 mit Schreiben vom 7. Februar 2011 die Durchführung der mündlichen Verhandlung und trug vor, dass im Dezember 2010 Ereignisse eingetreten seien, die eine Berechnung des Einkommens 2007 ermöglichten und damit auch anstelle der Schätzung nun ein geänderter Einkommensteuerbescheid erlassen werden könne (Einkommenshöhe ca. 30.000 bis 40.000 EUR). Eine Einkommensteuererklärung für 2007 wurde nicht vorgelegt.
Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2007 vom 2. Juli 2009 in Höhe von 434.145 EUR ist rechtskräftig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 2007 vom 2. Juli 2009 unter Berücksichtigung eines zu versteuernden Einkommens von ca. 30.000 bis 40.000 EUR zu ändern und die Einkommensteuer 2007 entsprechend festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die Akten, das Schreiben des Gerichts vom 11. Februar 2011, die eingereichten Schriftsätze (samt Anlagen) und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 11. August 2011.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unzulässig.
Nach § 40 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) kann durch Klage die Aufhebung, in den Fällen des § 100 Abs. 2 FGO auch die Änderung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) oder zu einer anderen Leistungen begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist gem. § 40 Abs. 2 FGO die Klage jedoch nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts oder einer anderen Leistungen in ihren Rechten verletzt zu sein.
Das Gericht vermag im Streitfall eine Verletzung der Rechte des Klägers durch den Einkommensteuerbescheid des Streitjahres nicht zu erkennen. Es fehlt an der notwendigen Beschwer als Sachentscheidungsvoraussetzung der geltend gemachten Anfechtungsklage. Der Kläger hat nach § 40 Abs. 2 FGO substantiiert seine Rechtsbeeinträchtigung durch den angefochtenen Steuerbescheid darzulegen. Hieran fehlt es im Streitfall.
Maßgebend für die objektive Klagebefugnis i. S. des § 40 Abs. 2 FGO ist bei Steuerbescheiden, die in dem Ausspruch enthaltene Steuerfestsetzung (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Februar 2001 III R 10/99, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs – BFH/NV – 2001, 1125). Die Beschwer durch einen Steuerbescheid ergibt sich grundsätzlich aus der Steuerfestsetzung und nicht aus den einzelnen Besteuerungsgrundlagen (BFH-Urt...