Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe eines Dauerwohnrechts nach § 1 Abs. 2 GrEStG befreit
Leitsatz (amtlich)
Die Aufgabe eines Dauerwohnrechts unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Aufgabe eines Dauerwohnrechts nach § 1 Abs. 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt.
Mit Vertrag vom 14.06.1951 (Bl. 9ff FA-Akte) räumten die damaligen Eigentümer der Grundstücke … in der Gemarkung … der X. ein Dauerwohn- und Nutzungsrecht an Teilen eines noch zu errichtenden Gebäudes ein. Das Gelände enthielt im Erdgeschoss einen großen ca. 16 m langen Unterstellplatz für Landmaschinen und Geräte sowie einen Vorraum mit Treppenhaus und Toiletten. Im Obergeschoss war ein gleichfalls ca. 16 m langer Versammlungsraum sowie eine Garderobe. Das Dauerwohn- bzw. Nutzungsrecht erstreckte sich auf den Saal im Obergeschoss sowie das Treppenhaus, nicht aber auf die Halle im Erdgeschoss. Die Nutzungsberechtigte hatte die Kosten der Errichtung des gesamten Gebäudes (einschließlich der Teile, auf die sich das Nutzungsrecht nicht erstreckte) zu tragen. Kosten der Instandhaltung der dem Nutzungsrecht unterliegenden Teile (einschließlich des Daches) fielen der Nutzungsberechtigten zur Last. Die Grundstückseigentümer waren verpflichtet, die vom Nutzungsrecht nicht betroffenen Teile in gutem baulichen Zustand zu erhalten. Die durch die Gebäudeerrichtung bedingte Erhöhung der öffentlichen Lasten hatte die Nutzungsberechtigte zu tragen, die Eigentümer waren verpflichtet, für eine ausreichende Gebäudeversicherung zu sorgen, die Versicherungskosten gingen zu Lasten der Nutzungsberechtigten. Bei Zerstörung des Gebäudes war diese zum Wiederaufbau verpflichtet, sofern die Brandversicherung leistet. Bei schweren Verstößen gegen die der Nutzungsberechtigten obliegenden Pflichten stand den Grundstückseigentümern ein Heimfallanspruch gegen Vergütung von 2/3 des Gebäudewertes zu. Die Nutzungsberechtigte bedurfte zur Vermietung nicht der Zustimmung der Grundstückseigentümer. Für den Fall der Veräußerung des Nutzungsrechts wurde den Eigentümern ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
Ab dem Jahre 1986 wurden die vom Nutzungsrecht betroffenen Räume vermietet, ab 1993 an eine Gesellschaft deren Geschäftsführer der Ehemann der Klin war (Mietvertrag vom 04.04.1994, Bl. 147 FA-Akte). Diese (die Klin) hatte bereits am 22.01.1986 das mit dem Nutzungsrecht belastete Gebäude erworben. Mit dem streitbefangenen Vertrag vom 18.03.1997 (Bl. 4 FA-Akte) gab die X. ihr Dauerwohn- und Nutzungsrecht gegen Zahlung einer Ablöse i.H. von 260.000 DM auf.
Der Beklagte (Finanzamt = FA) vertrat die Auffassung, dass die Klin durch den Vertrag vom 18.03.1997 ein Gebäude auf fremden Grund und Boden erworben habe und setzte mit Bescheid vom 06.05.1997 (Bl. 3 FA-Akte) gegen die Klin Grunderwerbsteuer i.H. von 9.100 DM fest.
Mit ihrem Einspruch machte die Klin geltend, dass der Erwerb eines Dauerwohn- und Nutzungsrechts nicht der GrESt unterliege. Die Gebäudebestandteile habe sie bereits mit dem Grundstückskaufvertrag vom 22.01.1986 erworben. Der Einspruch hatte nur zum Teil Erfolg. Mit Einspruchsentscheidung vom 19.08.1997 (Bl. 67 FA-Akte) setzte das FA die GrESt auf 5.250 DM herab. Das FA hielt daran fest, dass der Versammlungssaal mit Treppenhaus ein Gebäude auf fremden Grund und Boden sei. Die Berechtigte habe wirtschaftliches Eigentum, weil das Dauerwohnrecht in einer Weise verstärkt worden sei, die einer Eigentümerstellung gleiche. Die Ablösesumme müsse jedoch aufgeteilt werden, in den auf die Gebäudesubstanz (150.000 DM) und auf die nicht des Grunderwerbsteuer unterliegende Ablösung des Nutzungsrechts (110.000 DM).
Mit ihrer Klage beantragt die Klägerin sinngemäß,
den angefochtenen GrESt-Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Sie trägt vor, dass Dauerwohnrechte nicht unter den Grundstücksbegriff des § 2 GrEStG fielen. Ein Gebäude auf fremden Grund und Boden liege nicht vor, der Vertrag sei in voller Höhe dem Dauerwohnrecht zuzuordnen. Sie habe weder das Recht zu Aus- und Umbauten gehabt, noch habe sie das Risiko des zufälligen Untergangs des Gebäudes getragen, da die Aufbauverpflichtung nur für den Fall gegolten habe, dass die Brandversicherung leiste. Auch habe sie das Gebäude nicht abreißen dürfen. Als Entgelt für die Einräumung des Dauerwohn- bzw. Nutzungsrechts habe die Berechtigte die Kosten für die Errichtung der nicht vom Nutzungsrecht betroffene Halle im Erdgeschoss übernommen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Auffassung, dass die Grundstückseigentümer niemals Eigentümer des Kirchengebäudes gewesen seien. Diese sei von der Nutzungsberechtigten als eigenes Gebäudeeigentum genutzt worden. Die Klin habe ein Gebäude auf fremden Grund und Boden i. S. des § 1 Abs. 2 GrEStG erworben. Die Nutzungsberechtigte sei wirtschaftlich Eigentümerin gewesen. Sie sei auch zu Umbauten und zum Abbruch berechtigt gewesen. Die Einräumung des Nutzungsrechts sei kein entgeltlicher...