Entscheidungsstichwort (Thema)
Meistgebot bei der Grunderwerbsteuer; Rückerwerb eines Grundstücks durch Treugeber vom Treuhänder; ungeteilte Erbengemeinschaft im Grunderwerbsteuerrecht als selbständige Rechtsperson
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG ist unabhängig vom Eigentumsübergang am Grundstück. Damit ist der Ersteher eines Grundstücks im Zwangsversteigerungsverfahren nicht Rechtsnachfolger des bisherigen Eigentümers, d.h., das Eigentum geht nicht vom Vollstreckungsschuldner auf den Ersteher über. Dieser erwirbt vielmehr das Eigentum originär durch den staatlichen Hoheitsakt des Zuschlagsbeschlusses.
2. Auf die Verwirklichung des in § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG normierten Tatbestands ist es ohne Einfluss, wenn der Ersteigerer das Höchstgebot in verdeckter Stellvertretung für einen Dritten abgegeben hat. Denn der Grunderwerbsteuer unterliegt nicht der Zuschlag, sondern bereits das Meistgebot.
3. Die Voraussetzung des § 3 Nr. 3 GrEStG ist nicht erfüllt, wenn ein Grundstück, das von einer ungeteilten Erbengemeinschaft in verdeckter Stellvertretung durch einen Treuhänder ersteigert worden ist, dem an der Erbengemeinschaft beteiligten Treugeber übertragen wird, weil das Grundstück zum Zeitpunkt der Übertragung auf den Treugeber nicht mehr zu einem ungeteilten Nachlass gehört hat.
4. Ein Rückerwerb durch den Treugeber vom Treuhänder gemäß § 3 Nr. 8 GrEStG liegt nicht vor, weil das Grundstück durch einen staatlichen Hoheitsakt auf den Treuhänder übergegangen ist und somit kein Rückerwerb, sondern ein "Erst"-Erwerb durch den Treugeber vorliegt.
5. Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 GrEStG waren im Streitfall ebenfalls nicht erfüllt, weil der Treugeber nicht Veräußerer des Grundstücks war, sondern lediglich Teilnehmer an einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die insoweit grunderwerbsteuerrechtlich eine selbständige Rechtsperson ist.
Normenkette
GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 4, § 3 Nr. 3; GrEStG § 3 Nr. 8, § 16 Abs. 2
Gründe
I.
Streitig ist, ob eine Grundstücksüberlassung nach einer Grundstücksversteigerung, bei der der Überlassende das Meistgebot im eigenen Namen abgegeben, aber in verdeckter Vollmacht gehandelt hat, nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Nr. 8 bzw. nach § 16 GrEStG steuerbefreit ist.
Mit notariellem Vertrag vom 09.10.1997 und Nachtrag dazu vom 30.10.1997 überließ Frau X … das Grundstück in … an den Kläger (Kl). Das Grundstück befand sich ursprünglich im Eigentum einer Erbengemeinschaft bestehend aus dem Kläger und seiner Schwester. Mit Meistgebot im Versteigerungstermin vom 10.09.1997 hatte Frau X das Grundstück um 5.400.000 DM erworben. Der Zuschlag erfolgte ebenfalls am 10.09.1997. Die Überlassung von Frau X auf den Kl erfolgte im Rahmen von Absprachen hinsichtlich der Ersteigerung durch Frau X …, die dieses Grundstück in verdeckter Stellvertretung ersteigern und anschließend an den Kl übertragen sollte.
Mit GrESt-Bescheid vom 06.04.1998 setzte das Finanzamt gegen den Kläger Steuer i.H. v. 202.367 DM aus einer Gegenleistung von 5.781.922 DM an.
Mit dem Einspruch (Schreiben vom 30.04.1998, Bl 28 ff/FA-Akte) machte der Kl geltend, dass der Erwerbsvorgang nach § 3 Nr. 3 und 8 GrEStG von der Besteuerung auszunehmen sei. Der Erwerbsvorgang sei vollständig bis auf das Erfolgshonorar von Frau X rückgängig gemacht worden und die Wiedererlangung der ursprünglichen Rechtsstellung nicht unter Verletzung des § 42 AO erfolgt. Die Ersteigerung als verdeckter Treuhänder für den Kl als Treugeber sei ausschließlich wegen der Zerstrittenheit der Beteiligten der Erbengemeinschaft erfolgt. Im Anschluss an die Ersteigerung sei das Grundstück sofort und ohne Einschränkung mit allen Rechten und Bestandteilen und dem Zubehör an den Kl überlassen worden. Der Kl habe sich verpflichtet, alle mit dieser Transaktion entstehenden Kosten zu übernehmen. Da die Erbengemeinschaft keine eigene Rechtspersönlichkeit besitze und daher nicht parteifähig sei, sei der Kl somit als Privatperson auf der Erwerber- wie auch der Veräußererseite aufgetreten. Im Übrigen müsse eine Ausnahme vom Grundsatz der Identität anerkannt werden, wenn vor dem Rückerwerb eine Gesamtrechtsnachfolge eingetreten sei.
Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 28.10.1999 (Bl 43 ff/FA-Akte), auf die vorweg Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Es liege kein Erwerb im Sinne des § 3 Nr. 3 GrEStG eines zum Nachlass gehörenden Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses vor. Mit der Ersteigerung des Grundstücks durch Frau X die keine Miterbin sei, gehöre das Grundstück nicht mehr zu einem Nachlass. Die Voraussetzung des § 3 Nr. 8 GrEStG seien nicht erfüllt, da im vorliegenden Fall das Grundstück vom Treuhänder von einer dritten Person (der Erbengemeinschaft) erworben worden sei. Eine Aufhebung der Steuerfestsetzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG scheiterte an der fehlenden Identität der beteiligten Personen, die Erbengemeinschaft sei nicht mit dem Kl identisch.
Mit der Klage (vom 26.11.1999 und 14.02.2000, Bl 1 ff. Bl 16 ff/FG-A...