rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweispflicht für das Vorliegen durchlaufender Posten. Aufzeichnungspflichten eines Freiberuflers. betriebliches Bankkonto bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Hinzuschätzung bei nicht aufklärbaren Zuflüssen. Schätzung nach § 162 Abs. 2 AO bei nicht aufklärbaren Zuflüssen. Einkommensteuer 1989–1991. Umsatzsteuer 1989–1991
Leitsatz (redaktionell)
1. Honorargutschriften eines Rechtsanwalts sind bei diesem typischerweise Betriebseinnahmen. Durchlaufende Posten i. S. von § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG liegen nur vor, wenn feststeht, dass es sich bei den vereinnahmten Beträgen um Fremdgelder handelt, diese somit im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden. Den Nachweis hierzu hat der Steuerpflichtige zu führen.
2. Die nach § 22 UStG bestehende Aufzeichnungspflicht hat auch Bedeutung für die Einkommensteuer. Dem Unternehmer bleibt es zwar grundsätzlich überlassen, ein auf seine speziellen Verhältnisse unter Wahrung aller zu erfordernden Angaben zugeschnittenes eigenes Ordnungsprinzip zu schaffen. Die Aufzeichnungen müssen aber so beschaffen sein, dass das Finanzamt die Möglichkeit hat, die Vollständigkeit der Buchung aller Geschäftsvorfälle zu überprüfen.
3. Verzichtet der Steuerpflichtige darauf, für private und betriebliche Geschäftsvorfälle getrennte Konten einzurichten und wickelt er alles über dasselbe Konto ab, handelt es sich um ein betriebliches Konto. Für alle Zuflüsse auf diesem Konto gilt in diesem Fall die Vermutung, dass sie betrieblich veranlasst sind, wenn nicht der Steuerpflichtige die Zuordnung zur nicht betrieblichen Sphäre nachweist. Die Kontoauszüge und die die Kontenbewegungen betreffenden Belege wie Eingangs- und Ausgangsrechnungen unterliegen damit der Aufbewahrungspflicht nach § 147 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AO.
4. Hat der Steuerpflichtige hartnäckig und dauerhaft seine Mitwirkungspflicht zur Aufklärung ungeklärter Geldzuflüsse verletzt, ist eine Hinzuschätzung geboten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3 S. 2; UStG § 22 Abs. 6; AO 1977 §§ 159, 147 Abs. 1 Nrn. 4-5, §§ 162, 158, 90 Abs. 1; FGO § 96 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt ungeklärte Zuflüsse auf dem Konto des Klägers dem Gewinn im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit hinzurechnen durfte.
Der Kläger erzielt als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er ermittelt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Umsatzbesteuerung erfolgt gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) nach vereinnahmten Entgelten.
In den Streitjahren 1989 bis 1991 erklärte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 489.875 DM (1989), 559.343 DM (1990) und 608.104 DM (1991). Im Rahmen einer beim Kläger durchgeführten Betriebsprüfung überprüfte der Prüfer die auf dem Kanzleibriefbogen angegebenen Konten der Klägers bei der R. Bank und bei der D. Bank. Er stellte fest, dass am 31. August 1989 dem Konto bei der R. Bank 11.425,60 DM, am 16. März 1990 11.087,36 DM, am 13. November 1990 8.688,56 DM, am 5. April 1991 26.139,53 DM und am 11. Juni 1991 6.146 DM jeweils mit der Bezeichnung „DEV/SO” gutgeschrieben wurden. Auf Anfrage des Prüfers teilte der Kläger mit, dass es sich bei diesen Gutschriften um Devise-Sortengutschriften handle, die er von ausländischen Klienten erhalten habe, für die er ein Schiedsgerichtsverfahren über zwei Instanzen geführt habe. In den Gutschriften seien auch Kostenvorauszahlungen enthalten, die er jedoch im Einzelnen nicht mehr nachvollziehen könne. Handakten habe er hierzu nicht mehr. Darüber hinaus stellte der Prüfer fest, dass der Kläger folgende Gutschriften auf dem Konto der … Bank erhalten hat, die nicht in den Betriebseinnahmen erfasst sind:
- Am 23. Juli 1990 ein Honorar von der, … GmbH in Höhe von 7.786,20 DM.
- Am 15. Januar 1991 ein Honorar von der … GmbH in Höhe von 2.802,48 DM.
- Am 9. Dezember 1991 eine Vergütung in Höhe von 3.420 DM. Der Gutschrift lag eine Honorarrechnung an die Gemeinde … vom Dezember 1991 für Beratungsleistungen zugrunde.
- Am 23. Dezember 1991 eine Gutschrift in Höhe von 11.400 DM. Der Gutschrift lag eine Honorarrechnung an die Stadtwerke … vom 12. Dezember 1991 für Beratungsleistungen in Höhe von 11.400 DM zugrunde.
Ferner stellte der Prüfer fest, dass eine Reihe weiterer Gutschriften, deren Herkunft unklar sei, vom Kläger nicht als Betriebseinnahmen verbucht worden sind. Der Prüfer forderte den Kläger auf, Ausgangsrechnungen und Belege zu den Gutschriften vorzulegen. Der Kläger erklärte dazu, Zahlungseingänge auf dem Konto bei der … Bank seien jeweils auf das Konto bei der … Bank durch Überweisung, Barabhebung oder Bareinzahlung übertragen worden. Außerdem seien über das Konto bei der R. Bank sämtliche Fremdgelder (Mandantengelder) gelaufen, da er keine separaten Anderkonten geführt habe. Für diese durchlaufenden Gelder b...