rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Option zugunsten des ErbStRG nach Wegfall der Steuerfreiheit des geerbten Familienheims in Folge Veräußerung. Widerruf eines Wahlrechts nach Änderung eines bestandskräftigen Steuerbescheids
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Antrag auf Anwendung der Vorschriften des ErbStRG kann bei Wegfall der Steuerfreiheit für das ererbte Familienheim gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 5 ErbStG n. F. bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit der aufgrund des Antrags erfolgten Festsetzung der Erbschaftsteuer widerrufen werden. Allein die Verletzung der Verschonungsvoraussetzungen nach §§ 13a, 19a ErbStG n. F. wird vom Widerrufsverbot des Art. 3 Abs. 3 ErbStRG erfasst.
2. Der Widerruf des bis zum 30.6.2009 befristeten Antragsrechts nach Art. 3 ErbStRG kann bei Anfechtung des geänderten Erbschaftsteuerbescheids in den Grenzen der Vorschrift des § 42 FGO i.V.m. § 351 AO auch nach diesem Zeitpunkt erfolgen. Die Befristung gilt nur für den Antrag, nicht jedoch für dessen Widerruf.
Normenkette
ErbStRG Art. 3; ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 5, §§ 13a, 19a, 9 Abs. 1 Nr. 1; FGO § 42; AO § 351
Tenor
1. Der Erbschaftsteuerbescheid vom 20. August 2013 wird dahingehend geändert, dass die Erbschaftsteuer des Klägers auf 53.415,– EUR herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Erbschaftsteuer des Klägers nach den bis zum 31. Dezember 2008 geltenden erbschaftsteuerrechtlichen und bewertungsrechtlichen Vorschriften oder nach den Vorschriften des ab dem 1. Januar 2009 geltenden Erbschaftsteuerreformgesetzes festzusetzen ist.
Am … 2007 verstarb B (im Weiteren Erblasserin genannt) und wurde laut Erbschein des Amtsgerichts M vom 4. Februar 2008 durch den Kläger, ihren Sohn, allein beerbt. Ausweislich der Erbschaftsteuererklärung des Klägers vom 31. Juli 2008 umfasste der Nachlass neben einem gewissen Kapitalvermögen und verschiedenen beweglichen Gegenständen im Wesentlichen das von der Erblasserin bis zu ihrem Ableben eigengenutzte Wohnhaus in M, J-Straße und war u.a. durch Darlehensschulden der Erblasserin in unstreitiger Höhe belastet. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2008 stellte das Finanzamt M auf Veranlassung des Beklagten den Grundbesitzwert des o.g. Wohnhauses zum Stichtag des 8. Oktober 2007 auf 851.000 EUR fest. Unter Zugrundelegung dieses Grundbesitzwertes und der übrigen der Höhe nach unstreitigen Besteuerungsgrundlagen setzte der Beklagte mit Erbschaftsteuerbescheid vom 31. Oktober 2008 die Erbschaftsteuer des Klägers unter Anwendung des Erbschaftsteuergesetzes in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 50.715 EUR fest. Der Beklagte ging dabei von einem Wert des Erwerbes von 561.342 EUR aus und ermittelte nach Abzug eines Freibetrages für Hausratsgegenstände u.ä. von 13.000 EUR, eines Freibetrages für die durch den Kläger gegenüber der Erblasserin zu deren Lebzeiten unentgeltlich erbrachten Pflegeleistungen von 5.200 EUR sowie eines persönlichen Freibetrages von 205.000 EUR einen steuerpflichtigen Erwerb von abgerundet 338.100 EUR, auf den der Beklagte nach Steuerklasse I einen Steuersatz von 15% zur Anwendung brachte. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreterin vom 26. November 2008 „fristwahrend” Einspruch ein. Mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreterin vom 20. Januar 2009 beantragte der Kläger zur Begründung seines Rechtsbehelfes beim Beklagten unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich in Kraft getretenen Vorschriften des Erbschaftsteuerreformgesetzes, zum einen „den Erbschaftsteuerbescheid vom 31. Oktober 2008 insoweit abzuändern, als die Vererbung des Familienheims im H-Str. 6 steuerfrei gestellt wird” und zum anderen die Erbschaftsteuer auf 0,– EUR herabzusetzen. Nachdem der Beklagte durch behördliche Auskunft geklärt hatte, dass der Kläger bereits seit seiner Geburt mit Wohnsitz an der Adresse des ererbten Wohnhauses gemeldet war, und auch die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuerfreistellung als erfüllt erachtete, setzte er dessen Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 17. März 2009 unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung auf 0,– EUR herab. Dem Einspruch des Klägers vom 26. November 2008 wurde hierdurch in vollem Umfang abgeholfen. Der letztgenannte Erbschaftsteuerbescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben seiner anwaltlichen Vertreterin, der Prozessbevollmächtigten, vom 22. Dezember 2010 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er das zunächst selbst bewohnte Einfamilienhaus mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 2010 veräußert hatte und die Steuerprivilegierung hierdurch entfallen war. Der Beklagte änderte daraufhin wegen rückwirkenden Ereignisses mit Bescheid vom 7. Januar 2011 die bisherige Steuerfestsetzung und setzte die Erbschaftsteuer des Klägers auf 47.600 EUR herauf. Der um nacherklärte unstreitige Nachlassverbindlichkeiten des Klägers auf 552.436 EUR verminderte Wert des Erwerbe...