Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Erteilung einer Rechnung mit Mehrwertsteuerausweis beim Milchquotenverkauf. Annahme eines Bruttopreises bei Kaufpreis ohne Umsatzsteuerausweis. Erstellung einer Abrechnung mit gesondert ausgewiesener Umsatzsteuer. Sachliche Zuständigkeit beim Rechtsstreit wegen Milchquotenverkauf. Bindung an Verweisung bei Entscheidung über sachliche Zuständigkeit trotz sachlicher Unzuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bayerische Landesanstalt für Ernährung, deren Milchquotenverkaufsstelle die Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen für Milch betreibt, wird mit dem Verkauf der Milchquoten im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art tätig, so dass der die Milchquoten erwerbende Milcherzeuger einen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis über den als Besorgungsleistung anzusehenden Milchquotenverkauf hat.
2. Ein vereinbarter Kaufpreis gilt grundsätzlich auch die Aufwendungen für die zu entrichtende Umsatzsteuer ab.
3. Für eine Klage wegen Erteilung einer Abrechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis über den Milchquotenverkauf ist der Finanzrechtsweg nicht gegeben.
4. Verweist ein sich für örtlich nicht zuständig befindendes FG nach Prüfung der sachlichen Zuständigkeit einen Rechtsstreit an ein für örtlich zuständig gehaltenes FG, obwohl der Finanzrechtsweg nicht gegeben ist, scheidet eine Weiterverweisung wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit aus.
Normenkette
ZAV § 8 Abs. 2; Zust-EG-ELF § 2 Nr. 2; UStG § 14 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 3 S. 1, § 3 Abs. 11; KStG §§ 4, 1 Abs. 1 Nr. 6; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5, Art. 6 Abs. 4; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 4, § 70; GVG § 17a Abs. 3 S. 2; EGV 1256/99; MOG § 34
Nachgehend
Tenor
1. Der Freistaat Bayern bzw. die Landesanstalt für Landwirtschaft wird verpflichtet, dem Kläger eine Abrechnung mit Mehrwertsteuerausweis über den im April 2001 erfolgten Ankauf einer Milchreferenzmenge von 16.500 kg zum Preis von … zuzüglich 16 v.H. Mehrwertsteuer in Höhe von … zu erteilen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist Milcherzeuger und unterhält einen landwirtschaftlichen Betrieb. Er versteuert seine Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes. Beklagter ist der Freistaat Bayern, vertreten durch die Bayerische Landesanstalt für Ernährung, deren Milchquotenverkaufsstelle (nachfolgend: MQV) die Übertragung von Anlieferungsreferenzmengen für Milch betreibt. Streitig ist, ob die Verkaufsstelle auf den Preis für die an den Kläger übertragene Anlieferungsreferenzmenge gesondert Umsatzsteuer auszuweisen hat.
Der Kläger richtete mit amtlichem Vordruck am 20. Februar 2001 ein Nachfragegebot zur Übernahme einer Anlieferungsreferenzmenge nach der Zusatzabgabenverordnung vom 12. Januar 2000 (ZAV, BGBl. l 2000, 27) an die MQV. Darin beantragte er zum nächsten Übertragungstermin die Übernahme einer Anlieferungsreferenzmenge in Höhe von 16.500 kg zu einem Preis von höchstens 2 DM pro Kilogramm. Die MQV teilte am 03.04.2001 dem Kläger mit, dass er zum Übertragungstermin 01.04.2001 mit seinem Nachfragegebot zum Zuge gekommen sei, wobei für diesen Termin ein Gleichgewichtspreis von 1,58 DM pro Kilogramm Anlieferungsreferenzmenge zum Standardfettgehalt von 4 % ermittelt worden sei. Dabei wurde das Nachfragegebot des Klägers wegen eines Überhangs der nachgefragten zur angebotenen Anlieferungsreferenzmenge um 4,16 % gekürzt, so dass sich ein Betrag in Höhe von 24.984,54 DM berechnete. Umsatzsteuer wurde nicht gesondert ausgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger erfolglos Widerspruch eingelegt.
Der Kläger hat gegen den Widerspruchsbescheid vom 29. August 2001 Klage beim Finanzgericht Nürnberg erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Als Verkaufsstellen für die Übertragung von Milchquoten könnten nach den Vorschriften der ZAV auch privatrechtlich organisierte Träger zugelassen werden, die die Möglichkeit des Umsatzsteuerausweises hätten. Auch wenn die Verkaufsstellen wie beiiehene Unternehmer hoheitliche Aufgaben zu erfüllen hätten, spräche dies nicht gegen die Umsatzsteuerpflicht.
Im Referenzmengenverkauf bei bestehenden Pachtverträgen sähe die ZAV eine Rechnungsstellung mit Umsatzsteuerausweis vor, was einen Vorsteuerabzug ermögliche.
Auch würden den zur Regelbesteuerung optierenden Landwirten, wie ihm, durch das bestehende Verfahren erhebliche Nachteile entstehen, da beim Ankauf von Milchreferenzmengen ein Vorsteuerabzug nicht möglich sei, beim Verkauf der Referenzmengen aber Umsatzsteuer abzuführen sei.
Die Tätigkeit der Verkaufsstellen zur Übertragung von Milchrefe...