rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösungsverlust. Bürgschaft. nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung an einer Aktiengesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Grundsätze des Eigenkapitalersatzes sind auf Finanzierungshilfen eines Aktionärs nur dann sinngemäß anzuwenden, wenn der Aktionär mehr als 25 % der Aktiengesellschaft hält.

2. Zudem haben die Kläger nicht nachgewiesen, dass dem Kläger sein Aktienbesitz in Verbindung mit weiteren Umständen Einfluss auf die Unternehmensleitung gesichert hat und er einen entsprechenden unternehmerischen Einfluss ausgeübt hat.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1-2, 4; HGB § 255 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Klageverfahren, ob die Inanspruchnahme des Klägers aus einer Bürgschaft als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung an einer Aktiengesellschaft (AG) zu berücksichtigen ist.

Die Kläger sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2010 vom Beklagten (dem Finanzamt –FA–) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte als Mitunternehmer und als Einzelunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb sowie Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung.

Einer der Hauptgeschäftspartner der Einzelfirma des Klägers war die M-AG, an der der Kläger unmittelbar und mittelbar über die X-AG –wie folgt– mit insgesamt 19,3 % beteiligt war:

eigene Aktien: 6 % (seit 2002, vgl. Kauf- und Abtretungsvertrag vom 31. Januar 2002, FG-Akte, Bl. 85.f.) und mittelbare Beteiligung: 13,3 % (seit 2001, aufgrund 70 %-iger Beteiligung an der X-AG, vgl. FG-Akte, Bl. 17, 22 und 79 f., 117).

Am 4. Dezember 2001 vereinbarten der Kläger und die M-AG mit Wirkung vom 25. Juli 2001 einen Vorstandsanstellungsvertrag, der am 31. Juli 2005 enden sollte (vgl. Paragraph 13 des Vertrags vom 4. Dezember 2001, Dauerunterlagen, Bl. 52 ff.). Daneben gab es drei weitere Vorstände bei der M-AG.

Am 13. Februar 2002 gaben der Kläger und seine Vorstandskollegen gegenüber der Stadtsparkasse … eine Bürgschaftserklärung in Höhe von jeweils 250.000 EUR zugunsten der M-AG als Sicherheit für das der M-AG gewährte Darlehen ab (vgl. Kreditengagement …, FG-Akte, Bl. 87). Darüber hinaus stellte der Kläger als weitere Sicherheit eine Buchgrundschuld von 125.000 EUR an 4. Rangstelle an seinem Anwesen in M (vgl. FG-Akte, Bl. 87 f., 98 f.). Am 3. März 2002 regelten die vier Vorstände der M-AG den Ausgleich untereinander bei möglicher Inanspruchnahme aus den Bürgschaften (vgl. FG-Akte, Bl. 91 ff.).

Am 5. August 2004 erneuerte der Kläger gegenüber der Stadtsparkasse … eine betragsmäßig beschränkte Bürgschaft in Höhe von 250.000 EUR zugunsten der M-AG als Sicherheit für das der M-AG gewährte Darlehen (Kreditengagement …, vgl. FG-Akte, Bl. 98 f.).

Am 21. Oktober 2005 stellte der Aufsichtsrat der M-AG fest, dass der Vorstandsvertrag mit dem Kläger nicht über den 31. Juli 2005 hinaus verlängert wurde (vgl. Dauerunterlagen, Bl. 57).

Am 29. November 2005 wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der M-AG gestellt (vgl. Insolvenzgutachten vom 26. Januar 2006, Dauerunterlagen Bl. 44 ff.). Mit Beschluss des Amtsgerichts … vom 1. Dezember 2005 wurde die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet.

Aufgrund der Inanspruchnahme aus der Bürgschaft (vom 13. Februar 2002, erneuert am 5. August 2004, Kreditengagement …) zahlte der Kläger am 23. Januar 2006 62.500 EUR und am 29. Mai 2006 55.000 EUR an die Stadtsparkasse … (vgl. FG-Akte, Bl. 43).

Über das Vermögen der M-AG wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … vom 1. Februar 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet (vgl. Dauerunterlagen, Bl. 39), das im Streitjahr 2010 abgeschlossen wurde (vgl. FG-Akte, Bl. 100).

Für die auf den Kläger übergegangene Forderung aus der Bürgschaftsinanspruchnahme wurde eine Insolvenzquote von 46,14 % festgestellt, so dass sich für den Kläger ein Forderungsausfall von 63.285 EUR ergab (117.500 EUR × 46,14 % = 54.214,50 EUR; 117.500 EUR – 54.214,50 EUR = 63.285 EUR).

In der am 18. Januar 2012 beim FA eingegangenen Einkommensteuererklärung 2010 machten die Kläger folgenden Verlust im Rahmen der Beteiligung an der M-AG geltend:

Anschaffungskosten für 20.150 Stück Aktien (1. Februar 2002):

55.458,18 EUR

Forderung aus Bürgschaftsinanspruchnahme:

63.285,50 EUR

Rechtsanwaltskosten:

10.139,00 EUR

Verlust:

128.882,68 EUR

Im Bescheid über Einkommensteuer 2010 vom 8. Mai 2012 erkannte das FA die Anschaffungskosten von 55.458,18 EUR als Auflösungsverlust nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an. Die Inanspruchnahme des Klägers aus der Bürgschaft zugunsten der M-AG ließ das FA dagegen als nachträgliche Anschaffungskosten mangels unternehmerischer Beteiligung des Klägers unberücksichtigt. Ebenso wenig erkannte es Rechtsanwaltskosten in Höhe von 10.139 EUR an, da es sich dabei um eine Lohnrückzahlung aus der V...

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