rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Grundstücksentnahme durch Wohnbebauung. Gewerbesteuermessbetrag 1994. Gesonderte Feststellung des Verlustabzugs zur Einkommensteuer 1994
Leitsatz (amtlich)
Ein als gewillkürtes Betriebsvermögen bilanziertes Grundstück gilt weder zum Zeitpunkt der Stellung eines Bauantrages für die Errichtung eines Wohnhauses durch die Tochter des Grundstückseigentümers als entnommen noch führt der Baubeginn zu einer Entnahmehandlung, wenn eine betriebliche Nutzung des Gebäudes, z. B. die Vermietung weiterhin möglich erscheint. Erst die endgültige Zuweisung des Grundstücks zu privaten Zwecken – hier: die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks nach der Fertigstellung des Hauses an die Tochter – bewirkt eine Entnahme des Grundstücks.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1
Tenor
1. In Abänderung des Gewerbesteuermessbescheids 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.5.2000 wird der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM herabgesetzt
2. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.5.2000 ist unter Wegfall des Entnahmegewinns für das Grundstück W. 2 in E. und der hierfür gebildeten Gewerbesteuerrückstellung abzuändern. Die Errechnung des festzustellenden Verlustes wird dem Beklagten übertragen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung abwenden durch Leistung einer Sicherheit in Höhe der der Klägerin zu erstattenden Aufwendungen, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist das Vorliegen eines Entnahmegewinns.
Die Klägerin (Klin) ist Inhaberin eines Betriebs, der sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Betonteilen befasst. Der Betrieb befand sich bis zum Jahre 1975 in E., R. … Alee … (nunmehr W. 2), danach wurde er nach Ü. und später (1980) nach F. verlegt. Das 522 qm große Grundstück in E. auf dem sich eine Lagerhalle befand, wurde nach den Angaben der Klin in den Jahren 1975 bis 1994 unentgeltlich den benachbarten Eltern zur Nutzung überlassen. Ab 1983 wurden Teile der Lagerhalle nach kleineren Umbauten an eine Fahrschule vermietet. Die Mieteinnahmen hieraus waren bei den Einkünften der Klin aus Gewerbebetrieb erfasst. Das Grundstück war in den Bilanzen 1991 enthalten. Mit Schreiben vom 25.1.1993 „beantragte” die Klin, das Grundstück erfolgsneutral auszubuchen, weil es kein Betriebsvermögen mehr sei. Der Beklagte (das Finanzamt –FA–) lehnte dies ab. Im Jahre 1994 wurde auf dem Grundstück in E. mit dem Bau eines privaten Wohnhauses für die Tochter der Klin und ihren Schwiegersohn begonnen; der Bauantrag wurde am 28.3.1994 von der Tochter und deren Ehemann gestellt. Im Jahre 1995 wurde das Haus fertiggestellt und das Grundstück unentgeltlich auf Tochter und Schwiegersohn übertragen. Bei einer Außenprüfung wurde der Vorgang als gewinnwirksame Entnahme, die im Jahre 1994 zu erfassen sei, beurteilt. Der Prüfer ermittelte nach Abzug des Buchwerts einen Entnahmegewinn von 515.068 DM. Das FA schloss sich der Rechtsansicht des Prüfers an und erließ unter dem Datum des 4.1.1999 einen nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem der Entnahmegewinn bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb erfasst war. Außerdem lehnte es durch Bescheid vom 4.1.1999 nunmehr die Durchführung einer gesonderten Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs nach § 10 d Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. zum 31.12.1994 ab, da der zum 31.12.1993 festgestellte Verlust im Streitjahr 1994 vollständig aufgezehrt worden sei. Schließlich erließ das FA unter dem 4.1.1999 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid 1994, in dem der Entnahmegewinn erfasst war.
Gegen die Änderungsbescheide wandte sich die Klin mit Einspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen vortrug: Nach der Wegverlegung des Betriebs – verbunden mit dem Abbruch von Nebengebäuden und Anbauten – sei das Grundstück entnommen worden. Die anschließende kostenlose Überlassung des Restgebäudes zur privaten Nutzung bestätige dies.
Der Rechtsbehelf der Klin hatte sich ursprünglich gegen die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide 1992 bis 1996, gegen die Gewerbesteuermessbescheide 1992 bis 1996 sowie gegen die Bescheide über die Verlustfeststellung 1992 bis 1996 (Einkommensteuer und Gewerbesteuer) gerichtet. Mit Schreiben vom 25.4.1999 nahm die Klin die Einsprüche mit Ausnahme der die Einkommensteuer 1994 und den Gewerbesteuermessbetrag 1994 betreffenden zurück. Unter dem Datum des 22.11.1999 erließ das FA einen nach § 10 d Abs. 3 Sätze 4 und 5 EStG a.F. geänderten Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1994. Der Verlust wurde nunmehr auf 60.608 DM festgestellt. Gegen diesen Bescheid wandte sich die Klin erneut mit Einspruch.
Die Rechtsbehelfe der Klin hatten zum Teil Erfolg ...