Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen Veräußerung und Rückabwicklung bei der Rückübertragung von Kommanditanteilen an geschlossenen Immobilienfonds. wirtschaftsgutbezogene Ermittlung des Veräußerungsgewinns. anteilige Anschaffungskosten als Veräußerungspreis
Leitsatz (redaktionell)
1. Aus dem Umstand, dass die Rückübertragung von Kommanditbeteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds mit Sammelklagen auf Schadensersatz wegen Prospekthaftung zusammenhängen, ergibt sich noch nicht zwangsläufig, dass sich eine Rückübertragung der Kommanditanteile im Rahmen eines Rückabwicklungsverhältnisses des ursprünglichen Anschaffungsgeschäfts vollziehen muss und eigenständige Veräußerungsgeschäfte ausgeschlossen sind. Maßgeblich hierfür sind vielmehr die jeweiligen Umstände der Rückübertragung im Einzelfall, wobei u. a. zu berücksichtigen ist, auf wessen Veranlassung und an welche Person die Übertragung der Kommanditanteile erfolgt.
2. Eine Rückabwicklung liegt nicht vor, wenn von einer solchen in den zugrunde liegenden Verträgen nicht die Rede ist und die Anteile auch nicht auf den Schadensersatzpflichtigen, sondern auf eine dritte Gesellschaft übertragen werden, die weder am Beitritt zu den Fonds noch an deren Verwaltung beteiligt war.
3. Bei einer Veräußerung der Fondsanteile nach Ablauf eines, aber vor Ablauf von zehn Jahren werden von der Steuerpflicht die Veräußerungsgewinne aus Grundstücken bzw. grundstücksgleichen Rechten erfasst, die sich im Vermögen des Fonds sowie im Vermögen anderer Grundstücksgesellschaften befinden, an denen der Fonds beteiligt ist.
4. Die Ermittlung der Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften ist wirtschaftsgutbezogen vorzunehmen. Dies gilt auch im Falle des § 23 Abs. 1 S. 4 EStG bei der Anschaffung und Veräußerung von Beteiligungen an Personengesellschaften für die Anteile an den Wirtschaftsgütern.
5. Sofern die Veräußerungspreise i. S. v. § 23 Abs. 1 S. 1 EStG für die einzelnen Anteile an den Wirtschaftsgütern nicht festzustellen sind, sind diese gem. § 162 Abs. 1 AO zu schätzen. Als Veräußerungspreis für die Anteile an den Immobilien sind die für diese von der Fondsgesellschaft aufgewandten anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten des ausscheidenden Beteiligten anzusetzen.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4, Abs. 3; AO §§ 162, 39 Abs. 2 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob Rückübertragungen von Kommanditanteilen an geschlossenen Immobilienfonds im Streitjahr 2006 den Tatbestand eines privaten Veräußerungsgeschäfts nach § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) erfüllen und wie ggfls. die Einkünfte hieraus zu ermitteln sind.
Der … Kläger sowie die … Klägerin sind verheiratet und wurden im Streitjahr 2006 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Kläger unterzeichneten am 22. Mai 1997 eine Beitrittserklärung (Treuhandangebot), um sich über einen Treuhänder als Kommanditisten in Höhe von 25.564,59 EUR (50.000 DM) an dem geschlossenen Immobilienfonds … (… Fonds 9) zu beteiligen. Beitrittsdatum (Datum der Kapitalerhöhung des Fonds) war nach Angaben des Fonds der 27. Oktober 1997.
Gesellschaftszweck des Immobilienfonds … Fonds 9 war der Erwerb, die Errichtung, der Betrieb, die Verwaltung und Vermietung sowie die Verwertung von gewerblichen und wohnwirtschaftlichen Immobilien. Nach dem Fondsprospekt handelte es sich bei dem Fonds um einen Immobilienfonds mit Wertpapieranteil. Das zuständige Betriebsstättenfinanzamt wies den Klägern aus dieser Beteiligung bis einschließlich 2006 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu. Persönlich haftender Gesellschafter war neben einer GmbH immer auch eine natürliche Person. Der Fonds warb mit einer Verlustzuweisung i.H.v. 85 % der Einlage in der Investitionsphase. Die Fondsgesellschaft war teilweise selbst Eigentümerin von Immobilien teilweise war sie Erbbauberechtigte oder beteiligte sich an Objektgesellschaften.
Der Fondsvertrieb des … Fonds 9 begann am 10. April 1997. Der Fonds wurde am 24. Oktober 1997 geschlossen. Als Kommanditkapital wurde ein Betrag von 425 Millionen DM (Zeichnungskapital) zuzüglich 5 % Agio eingeworben. Das Zeichnungskapital war zum 31.12.2006 unverändert (nun 217.299.049,51 EUR). Der … Fonds 9 hatte ein Wertpapierdepot als Liquiditätsreserve. Das von den Kommanditisten gezahlte Agio wurde in einem Ergänzungs-Vermögensstand als Eigenkapital erfasst, auf Grund und Boden, Gebäude, Einrichtung verteilt und in der Folgezeit abgeschrieben.
Aus dem Bruttoanlagespiegel zum 31.12.2006 des … Fonds 9 sowie den entsprechenden Bruttoanlagespiegeln für die Objektgesellschaften, an denen der … Fonds 9 beteiligt war, ergibt sich hinsichtlich der Anschaffungs-/Herstellungskosten (AHK) für das jeweils vorhandene Immobilienvermögen zum 1.1.2006 Folgendes (Beträge in EUR):
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Brutto-Anlagespiegel AHK zum 1.1.2006 |
Anteil … Fonds ... |