Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerhinterziehung. Zufluss. Novation

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Zufluss durch Novation setzt eine Gutschrift des Schuldners, als Ausdruck seiner unbedingten Leistungsbereitschaft voraus.

Solange der Zufluss von Scheinrenditen durch Novation umstritten war, muss der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung vom Finanzamt nachgewiesen werden..

 

Normenkette

AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 370 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 11 Abs. 1 S. 1, § 8 Abs. 1, §§ 15, 23 Abs. 1 Nr. 1b

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.08.2005; Aktenzeichen VIII B 273/03)

 

Tenor

1. Die Enkommensteueränderungsbescheide vom 27.1.00 für 1989 und für 1990 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 19.4.2001 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe der Kläger Steuerhinterziehung begangen hat.

Der Kläger war in den Jahren 1989 und 1990 als Verwaltungsangestellter beim Arbeitsamt T tätig, seine Ehefrau, die Klägerin bei den Kurbetrieben S in W als Hotelsekretärin. In den Einkommensteuererklärungen für 1989 und 1990, die am 27. November 1990 (für 1989) bzw. am 11. Februar 1992 (für 1990) beim Finanzamt eingingen, wurden neben Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit Einkünfte aus Kapitalvermögen der Klägerin in Höhe von 2.000 DM erklärt.

Im Zuge einer Fahndungsprüfung bei Herrn S wurde der Steuerfahndungsstelle Rosenheim bekannt, dass der Kläger an S, der in M die Firma (XYZ) gegründet hatte, Gelder in Höhe von insgesamt DM 1.170.000 zur Anlage übergeben hatte. Dieses Kapital stammte zum Teil vom Kläger selbst, zum Teil aus Kreditaufnahmen des Klägers bei Banken und z.T. von Verwandten, Bekannten und Kollegen. Nach den Feststellungen der Steuerfahndung hat der Kläger in den Jahren 1987 bis 1992 zehn kurzfristige Darlehen mit einer Laufzeit zwischen drei bis zwölf Monaten bei der Kreissparkasse Traunstein aufgenommen. Nach Auffassung der Steuerfahndung hat sich die Kapitalanlage über S als Schneeballsystem herausgestellt. In den Folgejahren ging ein Großteil des Anlagekapitals verloren. Der Kläger hat einen erheblichen Teil des Schadens, der seinen Verwandten, Bekannten und Kollegen entstanden war, aus seinem Privatvermögen erstattet.

Wie die Kapitalanlage im Einzelnen erfolgte ist unklar. In der Ermittlungsakte der Steuerfahndung (BI. 5) befindet sich ein auf den Kläger lautender, nicht unterschriebener Kaufantrag mit Auftragsdatum 30. Juni 1990, in dem er die XYZ beauftragt, den Kauf von 173.000 Anteilsscheinen der ,,I” zu einem Preis von 3 Can. $ und einem Gesamtbetrag von 519.000 Can. $ (zuzüglich 3,5 % Courtage in Höhe von 18.165 Can. $) zu veranlassen, wobei sich der DM-Betrag bei einem Tageskurs von 1,40 DM auf 752.031 DM belief. Nr. 5 des Kaufauftrags enthält den Hinweis, dass eine Kapitalbeteiligung vorliegender Art grundsätzlich spekulativen Charakter habe und die Investition auch zu einem Verlust des Kapitals führen könne, andererseits bei Erfolg hohe Gewinne erzielt werden können. Es konnte nicht geklärt werden, ob dieser Kaufantrag vom Kläger tatsächlich abgegeben und vollzogen wurde. Die Steuerfahndung fand keine Unterlagen, in denen S oder die XYZ dem Kläger Kapitalanlagen oder Erträge bescheinigten. Es wurden keine Unterlagen aufgefunden, aus denen sich eindeutig ergibt, dass Geldbewegungen und Vereinbarungen unmittelbar zwischen dem Kläger und XYZ abgewickelt wurden. Es liegen nur vereinzelt Quittungen des S über Beträge vor, die er vom Kläger erhalten hat. Es gibt keine Belege über einen Rückfluss von Geldern von S an den Kläger. Welche Erklärungen und Zusagen S dem Kläger bei Erhalt des Anlagekapitals gemacht hat, konnte weder von der Steuerfahndung und dem Finanzamt noch im Gerichtsverfahren geklärt werden. Die Fahndung fand nur Aufzeichnungen des Klägers. Diese enthalten die Höhe der jeweiligen Anlagebeträge getrennte nach den beteiligten Personen. Der Kläger hat den Anlagezeitraum, die erzielte Rendite betragsmäßig und in Prozentsätzen sowie die von S erhaltenen Auszahlungen handschriftlich notiert. Es existieren EDV-Tabellen in die ein Teil dieser Angaben zu den einzelnen Kapitalanlagen übernommen wurde.

Hieraus ermittelte die Fahndung für 1989 Renditen von DM 132.560 und für 1990 in Höhe von DM 125.100. Nach Abzug geschätzter Werbungskosten in Höhe von jeweils DM 6.000 nahm die Fahndung Einkünfte nach § 20 EStG an in Höhe von DM 126.560 für 1989 und DM 119.100 für 1990.

In den Einkommensteueränderungsbescheiden vom 27. Januar 2000 legte das Finanzamt zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen für 1989 in Höhe von 125.960 DM (132.560 DM abzüglich 16.000 DM geschätzte Werbungskosten und Sparerfreibetrag) und für 1990 in Höhe von 118.500 DM (1...

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