Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für einen Blindenhund für blinden Arbeitnehmer anteilig als Werbungskosten berücksichtigungsfähig. Einkommensteuer 1980
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für einen Blindenhund sind für einen blinden Arbeitnehmer an den Tagen anteilig als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, an denen der Arbeitnehmer in Begleitung seines Blindenhundes die Arbeitsstelle aufsucht, da sich der beruflich veranlasste Teil der Aufwendungen insoweit nach dem Verhältnis der Stunden von Arbeitszeit zu Freizeit objektiv ermitteln lässt.
Zu der Arbeitszeit zählt insoweit die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zur Beendigung des Weges von der Arbeitsstätte.
Normenkette
EStG 1979 § 9 Abs. 1 S. 1, § 33b Abs. 1
Tenor
1. In Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1980 vom 3. März 1982 in Gestalt der Einspruchsentscheidung ohne Datum, zugestellt mit Postzustellungsurkunde vom 10. Dezember 1982, wird die Einkommensteuer 1980 auf 7.632 DM festgesetzt.
Hierauf sind die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge anzurechnen.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen den Klägern zur Last.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob bzw. in welcher Hohe Aufwendungen eines blinden Arbeitnehmers für seinen Anfang Dezember des Streitjahres angeschafften Blindenhund, in dessen Begleitung er den Weg von seiner Wohnung zu seiner Arbeitsstätte und zurück an 7 Arbeitstagen im Monat Dezember des Streitjahres zurückgelegt hat, Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.
Der blinde Kläger (Kl) ist von Beruf Rechtspfleger beim … gericht … Er ist seit 27. Dezember 1980 mit seiner Ehefrau … verheiratet. Anfang Dezember 1980 hat er sich einen Blindenhund angeschafft. Er ging im Dezember 1980 an 7 Arbeitstagen von seiner Wohnung in der … zu seiner Arbeitsstätte beim … gericht … und von dort wieder zurück zu seiner Wohnung in Begleitung seines Blindenhundes namens ….
Auf seinen Antrag vom 11. März 1981 hin hat die staatliche Beihilfestelle für die Anschaffung des Blindenhundes einen beihilfefähigen Betrag von 2.416,85 DM festgesetzt (Bl. 19 Einkommensteuer (ESt)-Akte). Aufgrund des Schwerbehindertengesetzes erhielt der Kl keinen Zuschuß (vgl. Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 22. Januar 1982, Bl. 33 ESt-Akte).
In seiner ESt-Erklärung für 1980 machte der Kl u. a. folgende Aufwendungen für seinen Blindenhund als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend:
Anschaffungskosten für Hund … mit Führgeschirr |
5.700,– DM |
Flug … – … |
360,– DM |
Futter- und Pflegekosten vom 9. Dezember bis |
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31. Dezember 1980, 22 Tage × 8,– DM |
176,– DM |
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6.236,– DM |
Das Finanzamt (FA) erkannte im ESt-Bescheid 1980 vom 3. März 1982 diese Aufwendungen nicht als Werbungskosten an. Zur Begründung führte es aus, für die Anerkennung als Werbungskosten fehle es an einem Maßstab für die Aufteilung in einen privaten und einen beruflich veranlaßten Anteil. Die Aufwendungen seien zwar als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, sie seien jedoch durch den Freibetrag des § 33 b Einkommensteuergesetz (ESt) abgegolten.
Der Einspruch blieb insoweit erfolglos (Einspruchsentscheidung –EE– ohne Datum, zugestellt mit Postzustellungsurkunde –PZU– vom 10. Dezember 1982).
Hiergegen richtet sich die Klage, die am 5. Januar 1983 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts erhoben wurde.
Der Kl verweist zunächst auf ein in Fotokopie vorgelegtes Schreiben des niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 25. Juli 1973 an das Finanzamt Hannover. Das niedersächsische FG regte in diesem Schreiben beim FA an, den angefochtenen Lohnsteuerjahresausgleichsbescheid dahingehend zu ändern, daß 2/3 der Kosten für das Halten eines Blindenhundes als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen seien; hinsichtlich des Aufteilungsverbotes wies das niedersächsische FG auf die Behandlung der Kraftfahrzeug-Kosten hin und hielt diese Grundsätze auch bei den Aufwendungen für einen Blindenhund für entsprechend anwendbar; dabei sei dem Blinden allerdings die Führung eines Wegstreckenbuches über die mit dem Blindenhund privat und beruflich zurückgelegten Wegstrecken nicht zumutbar und wegen seiner Blindheit auch nicht möglich (Bl. 4 FG-Akte).
Der Kl führt zur Begründung seiner Klage desweiteren im wesentlichen aus: ihm sei bekannt, daß das FG Hannover in einem weiteren Fall beim FA angeregt habe, die Aufwendungen für einen Blindenhund in voller Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Werde ein Blindenhund dazu benützt, daß ein blinder Arbeitnehmer auf dem Wege zur Arbeitsstätte möglichen Gefahren ausweichen könne, so diene er der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen des Arbeitnehmers. Er könne nicht ausschließlich der privaten Lebensführung des Arbeitnehmers zugerechnet werden. Der berufliche Nutzungsanteil des Blindenhundes sei auch im Streitfall von nicht nur untergeordneter Bedeutung. Er sei von 7 bis 17 Uhr von ...