Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch für volljähriges, arbeitsloses, nicht mehr als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit registriertes Kind durch Teilnahme an einer von der Arbeitsgemeinschaft „Grundsicherung für Arbeitsuchende” vermittelten und geförderten Vermittlungsmaßnahme. Kindergeldanspruch bei fehlendem Ausbildungsplatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Meldung eines volljährigen, aber noch nicht 21 Jahre alten Kindes als arbeitsuchend bei der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit wirkt nur drei Monate fort. Nach Ablauf dieser Frist muss sich das Kind erneut als Arbeitsuchender melden, da sonst der Kindergeldanspruch entfällt.
2. Das volljährige, noch nicht 21 Jahre alte Kind hat sein Vermittlungsgesuch i. S. d. § 38 Abs. 4 S. 3 SGB III konkludent erneuert – und ist auch bei fehlender Registrierung als arbeitssuchend bei der Agentur für Arbeit nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG für drei Monate berücksichtigungsfähig –, wenn es an einer von der Arbeitsgemeinschaft „Grundsicherung für Arbeitsuchende” (ARGE) vermittelten und im Auftrag der ARGE von einem privaten Unternehmen durchgeführten Vermittlungsmaßnahme teilgenommen hat und wenn dem Kind hierfür Fördermaßnahmen in Form der Übernahme von Reisekosten durch die ARGE bewilligt worden sind.
3. Das volljährige Kind ist nicht nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG berücksichtigungsfähig, wenn Eigenbemühungen um eine Ausbildungsstelle nicht substantiiert dargelegt werden, wenn das Kind auch nicht als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit registriert ist und wenn es sich zudem bei der Berufsberatung geweigert hat, an Qualifizierungsmaßnahmen zur Steigerung der Ausbildungschancen teilzunehmen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. c; SGB III § 38 Abs. 4 Sätze 2-3, § 35 Abs. 1, § 37 Abs. 1, § 122
Tenor
1. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 20.02.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.10.2008 wird insoweit aufgehoben als die Kindergeldfestsetzung für die Monate Juli 2006 bis September 2006 aufgehoben und das Kindergeld in Höhe von 462 EUR zurückgefordert wurde.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagte zu 60 % und der Kläger zu 40 %.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Tochter des Klägers (Kl) arbeitsuchend gemeldet war und daher ein Kindergeldanspruch begründet wurde. Der Kl ist der Vater der am …12.1987 geborenen J. J brach eine am 02.11.2005 begonnene Ausbildung zum 01.02.2006 wieder ab. Am 08.02.2006 meldete sich J bei der Arbeitsvermittlung der Arbeitsagentur arbeitsuchend. Dabei wurde sie über die Notwendigkeit, sich spätestens alle drei Monate bei der Arbeitsagentur zu melden, belehrt. Vom 20.02.2006 bis 30.06.2006 erhielt sie Arbeitslosengeld II. Ab 08.06.2006 nahm J an einer ihr durch die Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung für Arbeitsuchende O (ARGE) vermittelten Vermittlungsmaßnahme teil, die durch die Fa. DAA Job Plus GmbH (DAA) ausgeführt wurde. Im Juni und Juli 2006 wurden J hierfür Fördermaßnahmen in Form der Übernahme von Reisekosten durch die ARGE bewilligt. Am 21.08.2006 brach J diese Maßnahme wieder ab. Vom 02.10.2006 bis 28.02.2007 war J erneut als arbeitslos ohne Leistungsbezug registriert. Die anschließende Dreimonatsmeldung erfolgte nach den Daten der Arbeitsvermittlung nicht. Die Arbeitsagentur meldete J daraufhin am 01.03.2007 aus der Arbeitsvermittlung ab. Ab 15.05.2007 war J wiederarbeitsuchend gemeldet.
Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) setzte ab März 2006 Kindergeld für J fest. Nachdem der Kl auf Nachfrage der FK keine Nachweise über Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz erbrachte, hob die FK die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 20.02.2008 für die Monate Juli 2006 bis September 2006 und März 2007 bis April 2007 auf und forderte das für diese Zeiträume bereits ausbezahlte Kindergeld in Höhe von 770 EUR vom Kl zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 30.10.2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung machtder Kl im Wesentlichen Folgendes geltend: Er sei mit seiner Tochter bei jedem Terminauf dem Amt anwesend gewesen. J sei von Mitte Februar bis Ende Juli 2006 bei der ARGE gemeldet gewesen und habe bis Ende Juli 2006 Arbeitslosengeld II bezogen. Ab August sei sie wieder beim Amt gewesen und sei von dort bis September 2006 für eine Weiterbildung bei der DAA vermittelt worden. Auch im Zeitraum März 2007 bis April 2007 sei J bei der Arbeitsagentur gemeldet gewesen.
Der Kl beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 20.02.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.10.2008 aufzuhebe...