rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Schätzung der Umsatzsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Da die Klägerin keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hat, steht die Schätzungsbefugnis des FA außer Frage. Auch die Durchführung der Schätzung ist nicht zu beanstanden.

2. Auch die Durchführung der Schätzung ist im Streitfall nicht zu beanstanden.Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führen selbst grobe Schätzungsfehler bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen regelmäßig nur zur Rechtswidrigkeit und nicht zur Nichtigkeit des Schätzungsbescheids; anders verhält es sich nur, wenn das FA bewusst und willkürlich zum Nachteil des Steuerpflichtigen schätzt.

 

Normenkette

UStG § 20 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 14; AO § 162 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 4/7 und der Beklagte zu 3/7.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin, vertreten durch ihren Liquidator, wendet sich gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für 2007 und 2008.

Am 4. August 2008 stellte der alleinige Geschäftsführer der Klägerin beim Amtsgericht einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin.

Im Rahmen einer für die Zeiträume Januar bis Dezember 2007 sowie Januar bis August 2008 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung setzte das Finanzamt (FA) die steuerpflichtigen Erlöse für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 anhand des festgestellten Zahlungseingangs an, die steuerpflichtigen Erlöse für die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2008 wurden geschätzt, weil Kontoauszüge nur lückenhaft zur Prüfung vorgelegt wurden.

Mit Bescheiden jeweils vom 11. März 2009 wurde die Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 und für die Voranmeldungszeiträume Januar bis August 2008 festgesetzt.

Mit Schreiben vom 10. September 2009 nahm die Klägerin Bezug auf „Widersprüche” vom 10. März 2009 und vom 2. Juni 2009 sowie auf den „Bescheid” des Umsatzsteuersonderprüfungsberichts vom 26. Februar 2009 und beantragte, den Bericht und die Umsatzsteuer abzuändern. Das FA stellte daraufhin fest, dass die Klägerin am 2. Juni 2009 Einspruch gegen die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate Januar und Februar 2009 eingelegt hatte, dem durch den Erlass geänderter Vorauszahlungsbescheide stattgegeben wurde. Ein Schreiben vom 10. März 2009 wurde nicht vorgefunden.

Das FA bat die Klägerin um nochmalige Zusendung des Schreibens vom 10. März 2009. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass grundsätzlich kein Rechtsmittel gegen die Prüfungsberichte selbst, sondern nur gegen die auf Grundlage der Berichte ergangenen Bescheide gegeben sei.

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2009 legte die Klägerin Einspruch gegen die Festsetzung der Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume Januar bis Dezember 2007 sowie Januar bis August 2008 ein. Sie teilte mit, dass eine Kopie des Schreibens vom 10. März 2009 nicht mehr zur Verfügung gestellt werden könne.

Das Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg, mit Entscheidung vom 11. August 2010 verwarf das FA die Einsprüche wegen Ablaufs der Einspruchsfrist als unzulässig.

Mit ihrer dagegen eingelegten Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass die Umsatzsteuer unzutreffend festgesetzt worden sei. Seit 11. Februar 2009 stünden ihr aufgrund der Beschlagnahme durch die Steuerfahndung keinerlei Unterlagen der GmbH zur Verfügung. Sie werde in der Wahrnehmung und Ausübung ihrer Rechte behindert und könne daher zu den Prüfungsfeststellungen des FA nicht Stellung nehmen. Insbesondere habe das FA die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen in weit überzogener Höhe vorgenommen.

Ihr Liquidator sei seit vielen Jahren Diabetiker mit den entsprechenden Einschränkungen für das tägliche Leben. Darüber hinaus sei er gezwungen, seinen Lebensunterhalt mit Arbeitslosengeld II zu bestreiten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 aufzuheben, hilfsweise das Verfahren an das für

seinen Wohnsitz zuständige Gericht abzugeben.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es verweist im Wesentlichen auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung. Der am 12. Oktober 2009 beim FA eingegangene Einspruch sei verfristet eingelegt worden.

Mit Bescheid vom 10. Dezember 2009 ist die Umsatzsteuer 2007 auf einen Negativbetrag von 46.370,95 EUR festgesetzt worden sei. Mit Bescheid vom 12. April 2011 wurde die Umsatzsteuer 2008 im Schätzungswege auf 99.552,67 EUR und mit Änderungsbescheid vom 28. November 2011 auf 48.252,67 EUR festgesetzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist un...

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