Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist bei plötzlicher Erkrankung
Leitsatz (redaktionell)
Rechtfertigt der Kläger das Versäumen der Klagefrist mit einer akuten Erkrankung, so kann ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht allein auf Grund einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gewährt werden, die eine akute Nierensteinkolik bescheinigt. Vielmehr muss der Kläger galubhaft machen, dass die diagnostizierte Erkrankung ihn derart behindert hat, dass er weder selbst die Klage erheben noch einen Dritten mit der Klageerhebung betrauen konnte.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 1, 2 S. 1, § 47 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klagefrist gewahrt ist, sodass weitere Werbungskosten des Klägers bei einer Änderung des Einkommensteuerbescheids 2000 ggf. noch berücksichtigt werden könnten.
I.
Der Kläger erzielte im Streitjahr Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Rechtsanwalt sowie Verluste aus Vermietung und Verpachtung. Bis Ende Februar 2000 war er auch Geschäftsführer einer GmbH. Er wurde mit seiner Ehefrau beim Finanzamt zur Einkommensteuer zusammen veranlagt.
Die Einkommensteuer für 2000 wurde nach vorangegangenen Erstbescheiden im Rahmen des Einspruchsverfahrens mit Änderungsbescheid vom 24.06.2002 festgesetzt. Gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger erneut Einspruch ein, ohne diesen zu begründen. Daraufhin wies das Finanzamt den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom Donnerstag, dem 27.03.2003 zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage vom 02.05.2003 (bei Gericht eingegangen per Fax am 02.05.2003 um 10.48 Uhr). Er begehre die Berücksichtigung weiterer Werbungskosten, die er noch erläutern und belegen werde. Hinsichtlich der Versäumung der Klagefrist beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er vom 29. bis 30.04.2003 wegen plötzlicher Krankheit nicht arbeitsfähig gewesen sei. Einen Nachweis (ärztliche Bescheinigung) werde er auf Anforderung beibringen. Mit Schriftsatz vom 27.07.2003 formulierte der Kläger seinen Klageantrag, beantragte, die Einspruchsentscheidung aufzuheben und machte unter Beifügung von Unterlagen weitere Werbungskosten in Höhe von 44.517,18 DM geltend. Mit Schriftsatz vom 19.10.2003 legte er ein „Ärztliches Attest zur Vorlage beim Arbeitgeber” vom 05.05.2003, ausgestellt von Frau Dr. A, vor. In diesem wurde ausgeführt: „Herr Dr. B, geb. am 12.4.44 ist vom 29.4.03 bis 2.5.03 akut bettlägerig erkrankt und für diesen Zeitraum arbeitsunfähig.” Auf den Einwand des Finanzamts, das Attest treffe keine Aussage über Art und Schwere der Krankheit, trug der Kläger vor, er habe eine sehr schmerzhafte Nierenkolik erlitten. Seine Steuerunterlagen habe er in dieser Zeit in einem von einem Auftraggeber zur Verfügung gestellten Büro in Der Schweiz deponiert. Zum vorgesehenen Termin 29./30.04.2003 habe er nicht nach C reisen können, und ohne Zugang zu den eingeschlossenen Akten habe er auch niemand anderen beauftragen können, für ihn Klage zu erheben. Mit Schriftsatz vom 19.11.2003 legte er ein weiteres Attest der Frau Dr. A, wiederum zur Vorlage beim Arbeitgeber, datiert vom 05.05.2003 sowie handschriftlich vom 14.11.2003, vor. Dieses Attest ist mit dem am 19.10.2003 vorgelegten Attest wortgleich, enthält aber den Zusatz „Diagnose: akute Nierensteinkolik”. Im Folgenden trug der Kläger vor, der Nierenstein sei am 01.05.2003 auf natürliche Weise abgegangen. Am späten Nachmittag dieses Tages sei er im Auto eines Bekannten nach C gefahren, habe dort übernachtet und sich am 02.05.2003 um ca. 6 Uhr wieder auf den Rückweg nach D begeben. Anschließend habe er schnellstmöglich die Klage an das Gericht gefaxt. Die Beauftragung eines Beraters sei wegen des Feiertags unmöglich gewesen, und seine Ehefrau habe sich zu dieser Zeit im Urlaub in Italien befunden.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuer-Änderungsbescheid für 2000 vom 24.06.2002 und die Einspruchsentscheidung vom 27.03.2003 dahingehend zu ändern, dass weitere Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 44.518 DM berücksichtigt werden.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage wegen verspäteter Klageerhebung als unzulässig abzuweisen.
Weder Art noch Schwere der Erkrankung sei hinreichend glaubhaft gemacht, und dass der Kläger sich innerhalb der Krankschreibungsphase vom 01. auf den 02.05.2003 auf die Reise nach C und zurück gemacht habe, sei ebenfalls weder glaubhaft noch nachgewiesen.
In der mündlichen Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert; auf die Sitzungsniederschrift wird hingewiesen. Im Übrigen wird auf die Steuerakten, die Einspruchsentscheidung und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist verspätet erhoben und unzulässig. Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist kann nicht gewährt werden.
1. War jemand ohne Verschulde...