Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerschuld für gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer bei sog. Innenumsätzen zwischen Organgesellschaft und Organträger (entgegen UStR 1996)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 S. 2 UStG 1993 (jetzt: § 14c Abs. 2 S. 1 UStG 2005) ist auch auf Innenumsätze von Organgesellschaften anwendbar.
2. Zwar geht Abschn. 183 Abs. 3 UStR 1996 davon aus, dass es sich bei sog. Innenumsätzen, z. B. innerhalb eines Organkreises, um innerbetriebliche Vorgänge handelt. Werden für sie Belege mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellt, so handele es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um Rechnungen, sondern um unternehmensinterne Buchungsbelege; die darin ausgewiesene Umsatzsteuer werde nicht nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldet. Die Umsatzsteuerrichtlinien besitzen jedoch keinen Gesetzescharakter, sondern stellen lediglich eine Verwaltungsvorschrift dar, die eine einheitliche Anwendung des Umsatzsteuerrechts durch die Behörden der Finanzverwaltung sicherstellen soll und sind deshalb für die Entscheidung des FG nicht maßgeblich.
Normenkette
UStG 1993 § 14 Abs. 3, § 2 Abs. 2 Nr. 2; UStR 1996 Abschn. 183 Abs. 3; UStG 2005 § 14c Abs. 3 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 21 Abs. 1 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin als Organgesellschaft in das Unternehmen des Zweckverbands A (ZV) eingegliedert ist.
Die Klägerin, eine GmbH, wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet; Alleingesellschafter ist der ZV. Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens der Klägerin sind die Planung, der Bau und Besitz einer Müllverbrennungsanlage. Die Klägerin trat gemäß Übernahmevereinbarung vom anstelle des ZV in einen Generalunternehmervertrag über den Neubau […] sog. Ofenlinien der vom ZV betriebenen Müllverbrennungsanlage ein und verpachtete diese Anlagen nach deren Fertigstellung mit Vertrag vom an den ZV.
Dem ZV wurde gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 der Satzung des ZV vom (Satzung) von seinen Verbandsmitgliedern (gemäß § 2 Abs. 1 der Satzung fünf Landkreise sowie die kreisfreie Stadt B) die ihnen obliegende Pflicht zur Entsorgung (thermische Behandlung) des von ihnen eingesammelten Hausmülls übertragen. Daneben übernahm er gem. § 4 Abs. 5 der Satzung die Entsorgung (thermische Behandlung) des aufgrund privatrechtlicher Vereinbarungen angenommenen Gewerbemülls. Die thermische Behandlung des angelieferten Mülls erfolgte mit den von der Klägerin gepachteten Anlagen; der Anteil des Gewerbemülls am angelieferten Müll betrug im Streitjahr 34,9 %.
In ihrer am 6. Juli 1998 (Frühleerung) beim Beklagten (Finanzamt – FA) eingereichten Umsatzsteuererklärung für 1997 errechnete die Klägerin die Umsatzsteuer mit dem Betrag von DM.
Anlässlich einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung (Prüfungsanordnung vom 18. Mai 2001, Prüfungsbeginn am 16. Juli 2001, Bericht vom 2. Juni 2003) vertrat die Klägerin die Auffassung, dass sie kein eigenständiges Unternehmen, sondern Organgesellschaft des ZV sei. Am 22. März 2002 reichte sie deshalb eine berichtigte Steuererklärung für 1997 ein und erklärte Umsätze und Vorsteuern in Höhe von 0,– DM. Das FA folgte dieser berichtigten Erklärung nicht, sondern erließ aufgrund der durchgeführten Betriebsprüfung am 26. Juni 2003 einen Umsatzsteuerbescheid entsprechend den ursprünglich von der Klägerin erklärten Zahlen und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12. Dezember 2005 als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben.
Die Klägerin macht geltend, dass sie Organgesellschaft des Organträgers ZV sei.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 10. Januar 2006 sowie 7. Februar 2006 verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Umsatzsteuerbescheides vom 26.06.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 12.12.2005 die Umsatzsteuer für 1997 auf 0,– EUR festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das FA ist der Auffassung, dass eine wirtschaftliche Eingliederung der Klägerin in das Unternehmen des ZV ausscheide, da die Klägerin ihre Leistungen nicht überwiegend für den Betrieb gewerblicher Art des ZV erbracht habe, sondern für dessen hoheitlichen Bereich.
Im Übrigen wird auf den Schriftsatz des FA vom 8. Februar 2006 verwiesen.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2009 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Die Festsetzungsfrist war zum Zeitpunkt des Ergehens des angegriffenen Umsatzsteuerbescheids 1997 noch nicht abgelaufen, da der Fristablauf durch den Beginn der Betriebsprüfung gehemmt wurde.
a) Die Festsetzungsfrist begann gem. § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) mit Ablauf des Jahres 1998 anzulaufen, da die Umsatzsteuererklärung 1997 am 6. Juli 1998 (Frühleerung) eingereicht wurde. Die Fristdauer beträgt gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO vier Jahre. Mit...