Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnanteil überschreitende Entnahmen eines GbR-Gesellschafters als Betriebsausgabe. Änderung des Klageantrags von abweichender Gewinnzurechnung einer GbR zum Bestreiten der Mitunternehmerschaft als unzulässige Klageänderung i. S. d. § 67 FGO
Leitsatz (redaktionell)
1. Entnahmen eines GbR-Gesellschafters vom Gesellschafterkonto, die seinen Gewinnanteil übersteigen, sind nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig, wenn aufgrund jahrelanger Duldung keine unberechtigten Entnahmen vorliegen können.
2. Die Überentnahmen mindern auch nicht den Gewinn der übrigen Mitunternehmer bzw. führen nicht zu einer Änderung der Gewinnverteilung.
3. Wendet sich der Gesellschafter einer GbR in seiner den Gewinnfeststellungsbescheid der GbR betreffenden Klage zunächst gegen die von der Feststellungserklärung abweichende Gewinnzurechnung des FA, beantragt jedoch nach Ablauf der Klagefrist mit der Begründung des Nichtvorliegens einer Mitunternehmerschaft die ersatzlose Aufhebung des Gewinnfeststellungsbescheids, liegt eine unzulässige Klageänderung vor.
4. Der Annahme der unzulässigen Klageänderung steht nicht entgegen, dass das – neue – Bestreiten der Mitunternehmerschaft innerhalb der nach § 65 Abs. 2 FGO zur Bestimmung des Klagegegenstands gesetzten Ausschlussfrist erfolgt. Die Vorschrift räumt keine Verlängerung der Klagefrist hinsichtlich des Klagegegenstandes ein, sondern erlaubt lediglich eine Klagegegenstandsbestimmung innerhalb des nach Ablauf der Klagefrist zulässigen Rahmens.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; FGO § 67 Abs. 1, § 65 Abs. 2, § 47
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Im Oktober 1989 kamen der Kläger, Steuerberater und Rechtsbeistand, und der am … September 2003 ohne Erben – die Erbschaft wurde von den Eltern des Erblassers am 31. Oktober 2003 ausgeschlagen, das weitere Nachlassverfahren wurde eingestellt (s. Mitteilung des Nachlassgerichts, AG … vom … –…) – verstorbene Rechtsanwalt … (M) überein, dass die Kanzlei des Klägers in A ab 1. Oktober 1989 unter Mitwirkung von M als Gesellschaft bürgerlichen Rechtes „Kanzlei L & M” betrieben wird. Von M wurde dem Kläger über die Bank in A ein Betrag in Höhe von 180.000 DM als Darlehen zur Verfügung gestellt. Der Kläger übernahm hierfür die persönliche Bürgschaft, M erhielt ein „Gewinnbezugsrecht in Höhe von 25%” des steuerlichen Jahresgewinns. Der Gewinn wurde gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt.
Am 2. März 1993 reichte der Kläger beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) mit „Jahresabschluss 1990” vom 28. Januar 1993 die Feststellungserklärung 1990 ein. Unter Berücksichtigung nachträglich erklärter „Sonderwerbungskosten des Klägers” (s. Klägerschreiben vom 28. Februar 1993) betrug der erklärte Gewinnanteil von M und dem Kläger … DM und … DM, der Gesamtgewinn … DM. Erklärungsgemäß veranlagte das FA die Gewinneinkünfte aus selbständiger Arbeit der Beteiligten mit geändertem Feststellungsbescheid vom 22. März 1993.
Laut der zwischen dem Kläger und M am 25. August 1995 getroffenen Vereinbarung wurde die „Kanzlei L & M” zum 31. August 1995 aufgelöst und ab 1. September 1995 als bloße Bürogemeinschaft fortgeführt (s. Ziffer 1 der Vereinbarung).
Am 11. Oktober 2000 reichte der Kläger die Feststellungserklärungen für die Streitjahre 1991, 1993, 1994 und 1995 nach. Sie weisen, nachdem – so die Anmerkungen in den beiliegenden „Jahresabschlüssen” – von „Gesellschafter M” höhere Anteile entnommen worden seien, zu keinem Zeitpunkt eine Rückzahlung erfolgt sei und somit die Entnahme den tatsächlichen Gewinnanteil darstelle, den Gewinnanteil von M nicht in Höhe des vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels, sondern in Höhe der für M in 1991, 1993, 1994 und 1995 in Höhe von … DM, … DM, … DM und … DM bezifferten Entnahmen aus, die M von einem auf beide Gesellschafter lautenden Bankkonto tätigte.
Das FA rechnete mit geändertem Sammel-Feststellungsbescheid vom 30. November 2000, soweit noch streitig, die – teils nach Berücksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen und ausgaben verbleibenden – Gewinne aller Streitjahre M und dem Kläger in Verhältnis 25: 75 und dem Kläger damit einen jeweils höheren Gewinnanteil als erklärt zu.
In den dagegen gerichteten Einsprüchen (s. Einspruchschreiben vom 27. Dezember 2000) trug der Kläger vor (s. Einspruchsbegründung vom 12. März 2001 und vom 16. Mai 2001), dass „die unberechtigten Entnahmen” von M gemäß den im Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 14. Dezember 2000 IV R 16/00, BStBI II 2001, 238 aufgestellten Grundsätzen zu Betriebsausgaben in der Sozietät geführt hätten.
Im Rahmen der folgenden zu Gewinnerhöhungen führenden Betriebsprüfung (Bp) der Gesellschaft für die Jahre 1990-1992 wurde die Gewinnverteilung von 25: 75 jedoch beibehalten (s. Tz. 3.2 des Bp-Berichts vom 4. November 2002). Das FA erließ am 4. April 2003 entsprechend geänderte Feststellungsbescheide fü...