Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur steuerlichen Behandlung des sog. Carried Interests
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei einer steuerlich anzuerkennenden Gewinnverteilungsabrede ist der Carried Interest Gewinnanteil.
2. Die übrigen Fondgesellschafter (Investoren) erzielen um den Gewinnvorzug geminderte Einkünfte.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 4
Nachgehend
Tenor
1. Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2006, 2007 und 2010 jeweils vom 24. April 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2018 werden dahingehend geändert, dass für 2006 ausländische Dividenden i.H.v. 278.314 EUR, Werbungskosten zu ausländischen Dividenden i.H.v. 13.287 EUR sowie Werbungskosten zu ausländischen Zinsen und anderen Erträgen ohne Dividenden i.H.v. 916 EUR, für 2007 ausländische Zinsen und andere Erträge ohne Dividenden i.H.v. 54.284 EUR sowie Werbungskosten zu ausländischen Zinsen und anderen Erträgen ohne Dividenden i.H.v. 5.428 EUR und für 2010 Kapitalerträge, die nicht dem Steuerabzug unterlegen haben, i.H.v. 3.183.274 EUR festgestellt werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Den Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Behandlung des sog. Carried Interests bei den Einkünften aus Kapitalvermögen.
I.
Die Klägerin, […], ist eine Limited Partnership nach dem Recht der Cayman Islands, die nach deutschem Recht einer Personengesellschaft entspricht. Die Klägerin wurde am […] durch Abschluss eines Limited Partnership Agreements gegründet […]. Der Zweck der Gesellschaft besteht in der Investition in außerbörsliche Unternehmen mit der Absicht, hieraus Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erzielen (sog. Private Equity Markt). Gesellschafter sind der ausländische A-Partner, […] mit Sitz im Ausland […], sowie in- und ausländische beschränkt haftende Limited Partner (Investoren). Die Gesellschaft umfasste in den Streitjahren 2006, 2007 und 2010 ca. 100 Beteiligte, von denen jeweils 15 Gesellschafter im Inland ansässig waren.
Die immateriellen Beiträge der Initiatoren werden in der B-Gesellschaft gebündelt, die materiellen Geldbeiträge in der C-Gesellschaft […]. Beide Gesellschaften sind ihrerseits Gesellschafter des A-Partner.
Die Klägerin ist vermögensverwaltend tätig, ihre Gesellschafter erzielen aus der Beteiligung Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Einkommensteuergesetz (EStG) und sonstige Einkünfte i.S.d. § 23 EStG. Diese Einkünfte werden gesondert und einheitlich festgestellt.
Die Ergebnisverteilung auf der Ebene der Klägerin ist in Section 5.2.2 des Gesellschaftsvertrages so geregelt, dass den Initiatoren ein erhöhter Gewinnanteil (Carried Interest) zugewiesen ist, der oberhalb des Gewinnanteils liegt, der ihnen nach der von ihnen erbrachten Kapitaleinlage zusteht. Im Einzelnen ist die Gewinnverteilung wie folgt in Section 5.2.2 geregelt:
Zunächst werden allen Gesellschaftern (nach 5.2.2.a) anteilig, entsprechend ihrer Kapitalkonten Anteile an Einnahmen, Erträgen und Gutschriften gutgeschrieben, bis sie einen Betrag in Höhe der Vorzugsrendite erhalten haben. Danach werden (nach 5.2.2.b) dem Kapitalkonto des A-Partner 80 % von den Einnahmen, Erträgen und Gutschriften anteilig gutgeschrieben, bis zu der Höhe von 30 % aller Beträge, die bisher den Kapitalkonten aller Gesellschafter gutgeschrieben wurden. In einem weiteren dritten Schritt (nach 5.2.2.c) erhält der A-Partner 30 % des restlichen Gewinns und die übrigen 70 % des Restgewinns werden den Kapitalkonten aller Gesellschafter anteilig entsprechend ihrer Kapitaleinlagekonten gutgeschrieben. Die Verteilungsschritte nach Section 5.2.2.b und 5.2.2.c weisen dem A-Partner den Carried Interest zu (vgl. Definition in Section 5.7; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag verwiesen; […]).
Für die Streitjahre reichte die Klägerin für die inländischen Beteiligten Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ein und gab darin u.a. für 2006 Einnahmen aus ausländischen Dividenden i.H.v. 278.314 EUR, für 2007 Einnahmen aus ausländischen Zinsen und anderen Erträgen i.H.v. 54.284 EUR und für 2010 Kapitalerträge i.H.v. 3.183.274 EUR an. Außerdem machte die Klägerin Werbungskosten für 2006 i.H.v. 14.203 EUR (= 13.287 EUR zu ausländischen Dividenden + 916 EUR zu ausländischen Zinsen und anderen Erträgen ohne Dividenden) und für 2007 i.H.v. 5.428 EUR zu ausländischen Zinsen und anderen Erträgen oh...