Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsames Verbringen in das Zollgebiet
Leitsatz (redaktionell)
1. Zur Frage der Zollschuldnerschaft bei gemeinsamem Verbringen von Gegenständen in das Zollgebiet.
2. Werden Gegenstände eingeführt, die wieder ausgeführt werden sollen, entsteht bei der Einfuhr die Einfuhrumsatzsteuer.
Normenkette
ZK Art. 202; ZKDV Art. 234 Abs. 2; UStG §§ 6, 13 Abs. 3, § 21 Abs. 2
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger Einfuhrumsatzsteuer – EUSt – schuldet, die auf Grund fehlender Zollanmeldung entstanden ist.
Im Rahmen einer Strafanzeige des Klägers, ein Briefmarkenhändler, gegen Herrn … wurde bekannt, dass beide am 1. März 1994 aus den USA nach Deutschland über das damalige HZA München-Flughafen eingereist waren, ohne im Drittland ersteigerte Briefmarken im Wert von 193.680 US$ beim Zoll anzumelden. Beide hatten das Briefmarkengeschäft finanziert. Die Briefmarken wurden nach der Einfuhr zunächst beim Kläger deponiert und kurze Zeit darauf vom Kläger in die Schweiz verkauft; der Erlös wurde unter den Partnern verteilt.
Mit Steuerbescheid vom 28. Dezember 1998 forderte daraufhin das HZA EUSt in Höhe von 23.947,35 DM vom Kläger als Gemeinschuldner mit … an.
Nach erfolglosem Einspruch erhob der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung vom 27. April 1999 Klage, mit der er geltend macht, dass er an den Briefmarken zu keiner Zeit Eigentum oder Besitz erlangt habe und an deren Verbringen ins Inland nicht beteiligt gewesen sei. Er sei davon ausgegangen, dass … die Briefmarken zollrechtlich abgefertigt habe.
Der Kläger beantragt,
den Steuerbescheid vom 28. Dezember 1998 und die EE aufzuheben.
Das Hauptzollamt beantragt
Klageabweisung
und bezieht sich im Wesentlichen auf die Ausführungen in der EE.
Mit Beschluss vom 26. November 2002 wurde die Vernehmung von … als Zeuge angeordnet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2002 hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
Das HZA hat zu Recht vom Kläger mit Steuerbescheid vom 28. Dezember 1998 EUSt in Höhe von 23.947,35 DM nachgefordert. Diese Einfuhrabgaben sind in der Person des Klägers entstanden.
Die EUSt für die str. Briefmarken ist auf Grund vorschriftswidrigen Verbringens entstanden (Art. 202 Abs. 1 der VO Nr. 2913/92 (Zollkodex – ZK –) in Verbindung mit §§ 13 Abs. 3 und 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz a.F. – UStG –).
Nach Art. 234 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2454/93 (Zollkodex-Durchführungsverordnung – ZK-DVO) gelten Waren bei Benutzung des grünen Kanals am Flughafen als vorschriftswidrig verbracht, wenn die Voraussetzungen für diese Benutzung nicht erfüllt sind. Da es sich bei den str. Briefmarken um Waren zu kommerziellen Zwecken handelte, durften sie nicht über den grünen Kanal eingeführt werden (Art. 230 bis 232 ZK-DVO), sondern hätten beim Zoll angemeldet werden müssen.
Werden Waren vorschriftswidrig eingeführt, werden gemäß Art. 202 Abs. 3 ZK Abgabenschuldner
- die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht hat;
- die Personen, die an diesem Verbringen beteiligt waren, obwohl sie wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass sie damit vorschriftswidrig handeln;
- die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Kläger die str. Briefmarken gemeinsam mit … in das Zollgebiet verbracht hat. Nach den insoweit glaubhaften Aussagen des Zeugen Janke haben sie gemeinsam die Briefmarkenkoffer in den USA aufgegeben und in München durch den Grünkanal geführt. Beide waren Partner an dem Briefmarkengeschäft sowohl hinsichtlich des Einkaufs als auch hinsichtlich des Verkaufs. Als Briefmarkenhändler war dem Kläger – wie er auch ausgesagt hat – klar, dass die Briefmarken einer Zollabfertigung zugeführt werden mussten. Die für eine Zollanmeldung erforderlichen Angaben konnten aber nur im Zusammenwirken mit ihm als Partner, Fachmann und möglichen Vorsteuerabzugsberechtigten abgegeben werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob und wie viele Koffer der einzelne in München durch den Grünkanal getragen hat. Als „Verbringer” von kommerziellen Waren in diesem Umfang war es ihnen untersagt, den Grünkanal zu benutzen.
Auf die EUSt-Erhebung hat der Umstand, dass die Briefmarkensammlung wieder ins Ausland verbrecht und die Steuerfreiheit der Ausfuhrlieferung nach § 4 Nr. 1 in Verbindung mit § 6 UStG in Anspruch genommen werden könnte, keine Bedeutung. Die EUSt ist nicht verjährt, weil es sich um hinterzogene EUSt handelt (§ 169 Abs. 2 Sätze 2 und 3 Abgabenordnung – AO –). Sie wurde vom Kläger hinterzogen, weil es ihm klar war, dass Waren im Werte von 197.680 US$, die – was auch die Beweisaufnahme ergeben hat – a...