Entscheidungsstichwort (Thema)
Unechte doppelte Haushaltsführung
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG i.d.F. des StÄndG 2003 liegt auch in Veranlagungszeiträumen vor 2003 keine doppelte Haushaltsführung vor, wenn ein lediger Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort wohnt und sich daneben regelmäßig in einem Zimmer im Haushalt seiner Eltern aufhält, ohne dort einen weiteren eigenen Hausstand zu unterhalten (sog. unechte doppelte Haushaltsführung).
2. Auch für die ersten beiden Jahre der doppelten Haushaltsführung gilt nichts anderes, da die Gerichte § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG zu beachten haben und sich nicht der großzügigieren Handhabung der Verwaltung bis einschließlich 2004 anschließen könnnen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, S. 2, § 52 Abs. 12 S. 4
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus Praxisvertretungen Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Er wird beim Beklagten, dem Finanzamt …, zur Einkommensteuer veranlagt.
Er war im Rahmen eines Dienstverhältnisses als Soldat auf Zeit (Dienstzeitende Juni 2003) zunächst als Arzt im Bundeswehrkrankenhaus in … von 1995 bis 1997 beschäftigt und wurde ab Februar 1998 zum Fliegerhorst … versetzt. In den Einkommensteuererklärungen 1999 bis 2002 machte der Kläger Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend. Der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen befinde sich in …, wo er ein Zimmer in der Wohnung seiner Eltern bewohne und auch regelmäßig aufsuche. Die Tätigkeit in … sei laut der ihm vorliegenden Personalplanung auf drei Jahre befristet gewesen. Wegen des ursprünglich geplanten Bezugs einer Wohnung zusammen mit seiner Partnerin habe er zunächst eine große 4-Zimmer-Wohnung, ab 1.1.1999 aber eine kleinere 3-Zimmer-Wohnung angemietet. Kleinere Wohnungen seien auf dem … Wohnungsmarkt zu angemessenen Konditionen nicht zu erhalten. Der Beklagte lehnte den Ansatz der beantragten Werbungskosten mit Hinweis auf den fehlenden Nachweis eines eigenen Hausstandes in … ab.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Einspruch, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 22.04.2005 – unter Abänderung der Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 in anderen, nicht mehr strittigen Punkten – zurückwies. Die Anerkennung einer unechten doppelten Haushaltsführung Alleinstehender nach der früheren Richtlinienregelung in R 43 Abs. 5 Lohnsteuerrichtlinien (LStR) sei nach der Neufassung von § 9 Abs.1 Satz 3 Nr. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) 2003 ohne das Vorliegen eines eigenen Hausstandes in … nicht mehr möglich. Nach dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 30.06.2004, BStBl I 2004, 582 sei nämlich R 43 Abs. 5 LStR für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2003 weiterhin anzuwenden, jedoch nur in Verbindung mit der bisherigen, vom Bundesverfassungsgericht für die gesetzliche Regelung der doppelten Haushaltsführung als verfassungswidrig verworfenen Regelung. Die Zweijahresfrist sei beim Kläger, der bereits seit 1995 außerhalb des elterlichen Wohnorts beschäftigt sei, abgelaufen. Es liege auch kein Fall der Kettenabordnung vor, da der Kläger nach … versetzt und nicht nur abgeordnet worden sei und kein Trennungsgeld gewährt worden sei. Die Versetzung nach … sei auch nicht als kurzfristig anzusehen, da der vorgelegte Aktenvermerk über ein Personalgespräch zwar eine einvernehmliche Absichtserklärung über die Beschäftigung in … bis zum 31.12.2000 vorsehe, aber eine weitere Tätigkeit an diesem Einsatzort mangels Abkömmlichkeit bis zur anschließenden zivilen Weiterbildung bei einem Allgemeinmediziner ausdrücklich vorsehe.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Nach der Verwaltungsanweisung hätte der Beklagte die Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung zumindest für 1999 und 2000 berücksichtigen müssen. Es liege zudem ein Fall der Kettenabordnung wegen einer überwiegend durch die Belange des Dienstherrn bestimmten Dauer oder Verlängerung der Tätigkeit des Klägers an einem fremden Beschäftigungsort vor; ob Trennungsgeld gewährt werde, sei unerheblich. Das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 16.12.2004 IV R 8/04, BStBl II 2005, 475 widerspreche dem Klagebegehren nicht, da der Kläger nach Beendigung seiner Dienstzeit beabsichtigt habe, nach … als alleinigem Wohnsitz, wenn auch nicht unbedingt in die elterliche Wohnung, zurückzukehren.
Der Kläger beantragt,
die Einkommensteuerbescheide 1999 und 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.04.2005, die Einkommensteuerbescheide 2001 vom 11.02.2004 und 2002 vom 07.07.2004 und diesbezüglich auch die Einspruchsentscheidung vom 22.04.2005 dahingehend abzuändern, dass Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung in Höhe von 17.721,72 DM für 1999, 13.893,09 DM für 2000, 14.671,79 DM für 2001 und 7.655,25 EUR für 2002 als weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbe...