rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft und Einkünfte aus VuV
Leitsatz (redaktionell)
1. Erfüllen mehrere Personen den Tatbestand der Einkunftserzielung in einer Gesellschaft oder Gemeinschaft, ist für jede Gesellschaft/Gemeinschaft an der sie beteiligt sind, ein selbständiges gesondertes und einheitliches Feststellungsverfahren durchzuführen.
2. Eine Zusammenschau für mehrere Gesellschaften/Gemeinschaften auf der Ebene der Gewinnfeststellung kommt nur in Betracht, wenn die in die Gesamtschau einzubeziehenden Personenmehrheiten sowohl nur vermögensverwaltend tätig als auch personenidentisch sind.
3. Fallen im Zusammenhang mit einem unentgeltlichen Erwerb – wie einen Erbfall oder die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft – Aufwendungen an, sind auch bei einem unentgeltlichen Erwerb diese als Anschaffungsnebenkosten im Wege der AfA abziehbar.
4. Sofern die Erbauseinandersetzung mit anschließender Neugründung einer Personengesellschaft der Sicherung und Erhaltung der Einnahmen aus Vermietung dient, kommt auch der Abzug als Werbungskosten (Gründungskosten) bei der neuen Personengesellschaft in Betracht.
Normenkette
AO § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1, § 7 Abs. 4; HGB § 255; BGB § 2032 ff., § 741 ff.
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheids vom 29. November 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 2020 werden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Klägerin in Höhe von 3.497,33 EUR festgestellt und für den Beigeladenen […] VD Sonderwerbungskosten in Höhe von 16.463,20 EUR sowie Einkünfte in Höhe von -5.484,91 EUR festgestellt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 34/100 und der Beklagte zu 66/100.
3. Dem Beigeladenen werden keine Kosten auferlegt. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig sind Sonderwerbungskosten des Beigeladenen.
I.
Die Klägerin ist eine Bruchteilsgemeinschaft, die am […]. Juli 2015 neu gegründet wurde und aus den Teilhabern […] (VD; dem Beigeladenen), […] (AD), […] (MD) und […] (ED) besteht. Die Klägerin erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Am […] 2014 verstarb […] (BD), die Ehefrau des VD. Sie wurde in Miterbengemeinschaft von ihrem Ehemann VD zu einem 1/10, sowie ihren Kindern AD, MD und ED zu jeweils 3/10 beerbt. Nach dem Erbfall befand sich der folgende Grundbesitz in der Miterbengemeinschaft: (1.) ein Miteigentumsanteil zu 1/2 an einer Eigentumswohnung mit Tiefgaragenstellplatz in […] (Objekt […] L-Stadt), (2.) jeweils ein Miteigentumsanteil zu 1/2 an zwei Eigentumswohnungen in […] mit einem Miteigentumsanteil zu 1/2 an einem Doppelparkplatz in der Tiefgarage dieses Hauses (Objekte […] C-Stadt), sowie (3.) ein Miteigentumsanteil zu 1/2 an einem Hausgrundstück in […] (Objekt […] D-Stadt). Die anderen Miteigentumsanteile zu jeweils 1/2 an diesen Immobilien standen VD zu; VD war auch zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass von BD bestimmt. Im gemeinschaftlichen Testament der Eheleute BD und VD war ein Wohnungsrechtsvermächtnis an der Eigentumswohnung in L-Stadt zugunsten des länger Lebenden angeordnet. Außerdem war angeordnet, dass die Eigentumswohnungen in C-Stadt und das Hausgrundstück in D-Stadt nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten von den Eigentümern in eine neu zu gründende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einzubringen sind und dass die Eigentumswohnung in L-Stadt nach dem Tod des Letztversterbenden ebenfalls in diese Gesellschaft bürgerlichen Rechts einzubringen ist. Zudem wurde die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auf Dauer ausgeschlossen. Die Objekte in C-Stadt und D-Stadt waren vermietet. Die Miterben wurden bei jedem Objekt mit einem Miteigentumsanteil zu 1/2 in Miterbengemeinschaft (neben VD als dem anderen Miteigentümer zu 1/2) im Grundbuch eingetragen; bei allen Objekten war im Grundbuch außerdem eingetragen, dass Testamentsvollstreckung hinsichtlich des Miteigentumsanteils in Miterbengemeinschaft angeordnet ist.
Die vier Miterben vereinbarten mit notarieller Urkunde vom […]. Juli 2015, dass die Immobilien aus der Miterbengemeinschaft – abweichend von der Regel im gemeinschaftlichen Testament – nicht in eine neu zu gründende GbR eingebracht werden sollen und dass eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft hinsichtlich des Grundbesitzes zulässig sein soll. VD stimmte als Testamentsvollstrecker diesen Vereinbarungen zu. Die Immobilien sollten in eine neu zu gründende Bruchteilsgemeinschaft, die Klägerin, eingebracht werden und dadurch sollte die Miterbengemeinschaft auseinandergesetzt werden. Dazu...