rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhegehaltszahlungen des Europäischen Patentamts sind Versorgungsbezüge
Leitsatz (redaktionell)
1. Ruhestandszahlungen des Europäischen Patentamts sind als Ruhegelder i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG (Versorgungsbezüge) zu qualifizieren.
2. Es handelt sich nicht um nur mit dem Ertragsanteil steuerbare sonstige Einkünfte in Gestalt wiederkehrender Bezüge i. S. d. § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a EStG (Leibrenten).
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ruhegehaltszahlungen, welche der Kläger in den Streitjahren 2006 und 2007 vom Europäischen Patentamt (EPA) erhalten hat, als Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit vollständig oder als sonstige Einkünfte nur anteilig zu besteuern sind sowie darüber, in welcher Höhe die Zahlung der Unterhaltsberechtigtenzulage für das Kind in den Streitjahren steuerlich keine Berücksichtigung findet.
Der Kläger bezieht seit 1998 Ruhegehalt von der Europäischen Patentorganisation (EPO).
Mit seiner Einkommensteuererklärung 2006 erklärte er Einkünfte aus Versorgungsbezügen von 11.934 EUR und 66.291 EUR. Von den genannten Bezügen entfallen, entsprechend der für 2006 vorgelegten Personalkarte vom 26. Februar 2007, 66.291 EUR auf Bezüge von Seiten des Europäischen Patentamtes, wobei der genannte Betrag im Wesentlichen nach Ruhegehalt/Zulagen 2006 (58.897,64 EUR), Nachzahlungen 2001 (-1.379,64 EUR) und 2005 (300,66 EUR) und Steueranpassungen 2006 (7.394 EUR) aufgliedert ist.
Ein Betrag von 3.160,44 EUR der gezahlten Bezüge entfällt auf die Gewährung einer Unterhaltsberechtigtenzulage für das am 14. Mai 1979 geborene Kind.
Das Kind hatte im Zeitraum 1. September 1998 bis 30. September 1999 Zivildienst geleistet.
Mit seiner Einkommensteuererklärung 2007 erklärte der Kläger Einkünfte aus Versorgungsbezügen von 11.474 EUR und 67.362 EUR. Der Betrag von 67.362 EUR entfällt, entsprechend der vorgelegten Personalkarte vom 6. Februar 2008, auf Versorgungsbezüge von Seiten des Europäischen Patentamtes. Der Betrag ist im Wesentlichen nach Ruhegehalt/Zulagen 2007 (60.447,65 EUR), Nachzahlungen 2001 bis 2006 und Steueranpassungen 2007 (6.915 EUR) aufgliedert.
Ein Betrag von 3.252,48 EUR der gezahlten Bezüge entfällt auf die Gewährung einer Unterhaltsberechtigtenzulage für das Kind
Mit Einkommensteuerbescheid 2006 vom 15. Oktober 2007 und Einkommensteuerbescheid 2007 vom 19. September 2008 berücksichtigte das Finanzamt die Ruhegehaltszahlungen des Europäischen Patentamtes jeweils als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit gem. § 19 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz – EStG –, wobei insgesamt im Jahr 2006 78.225 EUR und im Jahr 2007 78.836 EUR an Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit in Ansatz gebracht wurden.
Für das am 14. Mai 1979 geborene Kind wurde im Einkommensteuerbescheid 2006 ein Freibetrag von 5.808 EUR unter Hinzurechnung von Kindergeld in Höhe von 1.848 EUR, sowie Unterhaltsaufwendungen nach § 33a Einkommensteuergesetz – EStG – von 4.304 EUR berücksichtigt.
Im Einkommensteuerbescheid 2007 erfolgte die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen nach § 33a EStG in Höhe von 6.000 EUR für den Sohn. Mit Schreiben vom 23. Juli 2008 hatte das Finanzamt darauf hingewiesen, dass eine Berücksichtigung des Sohnes nicht in Betracht komme, da dessen gemeinsame Einkünfte mit seiner Ehefrau zu hoch seien.
Der für 2006 am 18. Oktober 2007 und für 2007 am 23. September 2008 eingelegte Einspruch blieb, jeweils mit zusammengefasster Einspruchsentscheidung vom 29. April 2011, ohne Erfolg. Die Entscheidung war zunächst zurückgestellt worden, weil die Beteiligten den Ausgang des Verfahrens X R 29/05 beim Bundesfinanzhof – BFH – (Abschluss durch Urteil vom 22. November 2006, BStBl II 2007, 402) und des sich hieran anschließenden Verfahrens 2 BvR 367/07 beim Bundesverfassungsgericht zur Besteuerung von NATO-Pensionszahlungen (Abschluss durch Nichtannahmebeschluss vom 14. Oktober 2010, HFR 2011, 88) einvernehmlich abgewartet hatten.
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde im Verfahren 2 BvR 367/07 für unbegründet erachtet hatte, hatte das Finanzamt die Einsprüche wieder aufgenommen und mit Entscheidung vom 29. April 2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit Bescheid vom 11. April 2013 erfolgte eine Minderung der Einkommensteuerfestsetzung 2006. Das Finanzamt bezog einen Betrag in Höhe des vergleichbaren Kindergeldes von 1.848 EUR nicht mehr in die Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit ein (anstatt 78.225 EUR, jetzt 76.377 EUR), berücksichtigte den Kinderfreibetrag von 5.808 EUR für das Kind und rechnete den freigestellten Kindergeldbetrag (1.848 EUR) bei der Berechnung der Steuer hinzu. Die Herabsetzung erfolgte, nachdem die Kläger, nach Aufforderung durch das Gericht (S. 166 KlA), belegt hatten, dass die von der EPO gewährte Unterhaltsberechtigtenzulage für den Sohn gezah...