Entscheidungsstichwort (Thema)
Erzielt ein Kirchenrestaurator Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder aus Gewerbebetrieb?
Leitsatz (redaktionell)
Die Tätigkeit eines Restaurators stellt als solche grundsätzlich keine künstlerische Tätigkeit i. S. von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG dar. Die Leistungen eines Restaurators, die nach der BFH-Rechtsprechung (s. BFH, Urteil v. 4.11.2004, IV R 63/03, BStBl 2005 II S. 362) unter bestimmten Voraussetzungen eine künstlerische Tätigkeit sein können, stellen nur einen Teilbereich der typischen Tätigkeit eines Restaurators dar, sodass regelmäßig der Frage besondere Bedeutung zukommt, ob sich die künstlerische Tätigkeit von der übrigen Tätigkeit trennen lässt oder ob ein nicht aufteilbares Konglomerat von künstlerischen und den übrigen Leistungsbestandteilen vorliegt und welcher Leistungsbestandteil der Gesamtleistung das Gepräge gibt.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) ausübt oder einen Gewerbebetrieb unterhält.
Der Kläger arbeitet als selbständiger Restaurator für Möbel und Holzobjekte und war in den Streitjahren überwiegend als Kirchenrestaurator tätig. Seinen Angaben zufolge erzielte er im Zeitraum 1996 – 1999 mehr als 80 % seiner Umsätze aus Restaurierungsarbeiten für die Pfarrkirche … und für die Pfarrkirche ….
Im schriftlichen Werkvertrag vom… mit Zusatzvereinbarung vom … mit der Katholischen Kirchenstiftung …verpflichtete sich der Kläger, gemeinsam mit einem anderen Restaurator, den Hauptaltar und die sechs Seitenaltäre zu restaurieren und dabei begleitende Maßnahmen (Baustelleneinrichtung etc., Dokumentation der ausgeführten Arbeiten), konservatorische Arbeiten (Festigung der gelockerten Farbschichten, Abnahme neuer Abzüge und Freilegung des originalen Überzugs, Abnahme oder Reduzierung von älteren Kittungen, Übermalungen und Retuschen) und restauratorische Maßnahmen (Angleichung des durch Alterung oder Beschädigung uneinheitlich gewordenen Oberflächencharakters des originalen Überzuges, Verbesserung des Oberflächenglanzes, Kittung und Retusche von Fehlstellen der Fassung, evtl. auch Neufassung stark beschädigter Stellen) zu erbringen.
Im schriftlichen Werkvertrag vom … mit der Katholischen Kirchenstiftung … verpflichtete sich der Kläger zur Restaurierung des Laiengestühls gemäß seinem Angebot vom …. Der Kläger beauftragte zur Durchführung der Schreinerarbeiten einen Subunternehmer. Die vom Kläger selbst vorgenommenen Arbeiten umfassten die Holz- und Schnitzergänzungen, Reinigung der Oberfläche, Auftragen einer Leimlösche, farbliches Anpassen der neuen Bankteile an die nach Befund rekonstruierte Fassung der alten Bänke sowie die Dokumentation der Arbeiten.
Mit Vertrag vom … wurde der Kläger mit der Restaurierung der Sakristeischränke in der Pfarrkirche … beauftragt.
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die vom Kläger mit Schreiben vom 10. August 2006 vorgelegten Verträge mit der Katholischen Kirchenstiftung … und mit der Katholischen Kirchenstiftung …, auf das dem Vertrag mit der Katholischen Kirchenstiftung … vom … zugrunde liegende Angebot des Klägers vom …, auf das Schreiben des Klägers an die Firma … vom …, auf den Bericht des Klägers an die Firma … vom … zu den Arbeiten am Laiengestühl und auf den Bericht des Klägers über die Befunduntersuchung der Ausstattung in der oberen Sakristei in der Pfarrkirche … vom … Bezug genommen.
Ferner wird Bezug genommen auf die vom Kläger vorgelegten Arbeitsberichte über die Konservierungs- und Restaurierungsarbeiten an den Altären der Pfarrkirche … in … im Zeitraum 1994 bis 1999, über die Musterrestaurierung im Jahr … und die Untersuchung der Altarfassungen im Jahr ….
Das beklagte Finanzamt (FA) erließ gegenüber dem Kläger für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide (Bescheide vom 12. Oktober 2001 für 1996, vom 4. September 2001 für 1997 und 1998, vom 22. Oktober 2001 für 1999, vom 23. Dezember 2002 für 2000 und 2001). Es vertrat die Auffassung, dass der Kläger keine künstlerische Tätigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ausübe, da er keine neuen Kunstwerke schaffe, sondern bereits vorhandene alte Werke restauriere. Raum für eine eigenschöpferische Leistung und individuelle Gestaltungskraft verbleibe ihm dabei nicht.
Die dagegen eingelegten Einsprüche, mit denen der Kläger ein Gutachten von … vom 11. September 2002 vorlegte, wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2003 als unbegründet zurück. Es begründete dies u.a. damit, dass die Restaurierungsarbeiten ein untrennbares Konglomerat aus wissenschaftlichen, handwerklichen und künstlerischen Elementen darstellten. Ein großer Teil der Arbeiten des Klägers sei handwerklicher Natur, z.B. die begleitenden Maßnahmen und die konservatorischen Arbeiten. Nur ein Teil des Werkvertrages bestehe aus restauratorischen Maßnahmen. Im Rahmen dieser restauratorischen Maßnah...