Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Erbst wegen zu niedrigem Freibetrag in Steuerklasse I
Leitsatz (redaktionell)
Der Freibetrag für Kinder in Steuerklasse I bei der ErbSt/Schenkst deckt nur den Wert durchschnittlicher Einfamilienhäuser und nicht jedes erworbenen Einfamilienhauses ab.
Normenkette
ErbStG § 16 Abs. 1 Nr. 2; GG Art. 14
Tatbestand
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuergesetzes in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997, das ab 1. Januar 1996 anzuwenden ist, insbesondere die Besteuerung des Übergangs eines Familienwohnheims unter Angehörigen der Steuerklasse l.
I.
Mit notarieller Urkunde vom 30. März 2000 übertrug Frau B. H. der Klägerin, ihrer Tochter, den Grundbesitz B., Nr. 37. B. H. behielt sich den lebenslangen Nießbrauch vor. Der Grundbesitzwert wurde vom zuständigen Finanzamt für Grundbesitz und Verkehrssteuern mit Bescheid vom 27. Juli 2000 auf 559.000 DM festgestellt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig.
Den Verkehrswert schätzte der Notar für die Gebührenrechnung mit 900.000 DM. Der Einheitswert des Grundbesitzes hatte 50.400 DM betragen.
Im Schenkungsteuerbescheid vom 29. September 2000 setzte der Beklagte, das Finanzamt (FA), die Schenkungsteuer auf 16.918 DM fest, wovon nach § 25 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) 13.628 DM zinslos gestundet wurden.
Im Einspruchsverfahren brachte die Klägerin u.a. vor, dass der Erwerb des Grundbesitzes B. in analoger Anwendung des ErbStG a.F., Einheitswert 50.400 DM, zu 140 %% 70.560 DM abzüglich Freibetrag § 16 ErbStG a.F. 90.000 DM, mit einem steuerpflichtigen Erwerb von 0 DM anzusetzen sei.
Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 - 2 BvR 552/91 (BStBI II 1995, 671) die Verfassungswidrigkeit der geltenden Einheitswerte für das Grundvermögen im Rahmen der Bewertung des übertragenen Vermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer festgestellt und auch Grundsätze für die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) und die Testierfreiheit festgestellt. Dabei komme das Bundesverfassungsgericht zu der Feststellung, dass eigengenutztes Grundvermögen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch künftig freigestellt werden muss, soweit es nach bisherigem Recht im Rahmen der Freibeträge der Steuerklasse l für Ehegatten und Kinder nicht zu einer Belastung mit Erbschaft- und Schenkungsteuer gekommen wäre. Hierbei habe das Bundesverfassungsgericht bezüglich des selbstbewohnten Einfamilienhauses auf seinen Beschluss vom 22. Juni 1995 – 2 BvL 37/91 (BStBI I11995, 655) verwiesen.
Dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (2 BvR 552/91) komme gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 13 Nr. 8a BVerfGG Gesetzeskraft zu.
Aufgrund dieses Beschlusses dürfte durch den Übergang des Grundbesitzes keine erbschafts- bzw. schenkungssteuerliche Belastung eintreten. Nach altem Recht wäre der Einheitswert von 50.400 DM um 40 % auf 70.560 DM zu erhöhen gewesen und nach Abzug des nach § 16 ErbStG anzuwendenden Freibetrags von 90.000 DM wäre die Übertragung des Grundstücks in voller Höhe steuerfrei geblieben.
Im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts werde nur auf die Grundstückseinheitswerte und die persönlichen Freibeträge nach § 16 ErbStG Bezug genommen. Auf die Grundstücksgröße, die Wertermittlung und die Eigentumsverhältnisse des/der Schenker werde nicht eingegangen.
Durch die typisierende Festlegung des Freibetrags von 400.000 DM in § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG verstoße der Gesetzgeber gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995.
Mit Änderungsbescheid vom 14. März 2001 setzte das FA aus nicht mehr streitigen Gründen den zu stundenden Betrag auf 14.762 DM herauf. Im Übrigen wies es mit Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2001 den Einspruch als unbegründet zurück. Das FA vertrat die Auffassung, ein Verstoß gegen Art. 14 GG liege nicht vor, weil der Gesetzgeber durch die Neufassung des ab 1. Januar 1996 anzuwendenden Erbschaftsteuergesetzes, in dem er das persönliche Gebrauchsvermögen an den Werten durchschnittlicher Einfamilienhäuser gemessen habe, abgesehen davon, dass aufgrund des Ertragswertverfahrens bei der Besteuerung erheblich wertvollere Einfamilienhäuser unter den Freibetrag fielen, den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinreichend Rechnung getragen habe.
Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass bei nahezu allen unentgeltlichen Übertragungen von selbstgenutztem Grundvermögen im Großraum München bzw. fast in ganz Oberbayern wegen der hohen Bodenwerte der Freibetrag von 400.000 DM (zumal 700.000 DM ursprünglich in Steuerklasse I geplant gewesen seien) dieses persönliche Gebrauchsvermögen nicht von der Besteuerung freistelle und deshalb verfassungswidrig sei.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Schenkungsteuerbescheids vom 14. März 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 9. Mai 2001 die Schenkungsteuer auf 0 DM herabzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt
Klageabweisung.
Auf den Hinweis des Gerichts vom 18. November 2002 wird verwiesen.
Ent...