Entscheidungsstichwort (Thema)
Billigkeitserlass rückständiger Einkommen- und Umsatzsteuern sowie Säumniszuschläge
Leitsatz (redaktionell)
1. Den Erlass der Einkommen- und Umsatzsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen hat im Streitfall das FA ermessensfehlerfrei abgelehnt, weil die zugrundeliegenden Steuerbescheide in Bestandskraft erwachsen sind und die besonderen Voraussetzungen, unter denen die Erhebung einer bestandskräftig festgesetzten Steuer im Billigkeitswege erlassen werden könnte, nicht vorliegen.
2. Zutreffend hat das FA auch den Erlass der Rückstände aus persönlichen Billigkeitsgründen abgelehnt, da sich bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit weder eine zinslose Stundung noch ein Erlass aus persönlichen Billigkeitsgründen auf die wirtschaftliche Situation des Steuerpflichtigen auswirkt.
3. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Vertreters des FA in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger in dem Zeitraum, in dem die Säumniszuschläge angefallen sind, dem FA gegenüber falsche Angaben über die Höhe seiner monatlichen Nettoeinkünfte gemacht. Da er nicht nur Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit in geringer Höhe unter der Pfändungsgrenze bezogen hat, liegen die Voraussetzungen für einen Erlass der Säumniszuschläge somit nicht vor.
Normenkette
AO § 227; FGO § 102
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Antrag des Klägers auf Erlass von Einkommen- und Umsatzsteuer einschließlich Nebenleistungen zu Recht abgelehnt hat.
Der Kläger betrieb seit 3. Juni 1993 als Einzelunternehmer einen Baggerbetrieb und den Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen und Baumaschinen. Eine Gewerbeanmeldung erfolgte nicht. Da der Kläger keine Steuererklärungen abgegeben hatte, setzte das FA die Einkommen- und Umsatzsteuer 1996 bis 1999 im Schätzungswege an.
Ab Juni 2004 reichte der Kläger Steuererklärungen für die Jahre 1998 und 1999 ein und gab an, dass er vom 20. April 1998 bis 28. Februar 1999 sowie vom 15. September 1999 bis 31. Dezember 1999 als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen sei und aus seinem Baggerbetrieb keinen Gewinn erzielt hätte.
Das FA nahm daraufhin eine Anrechnung der einbehaltenen Lohnsteuer laut Lohnsteuerbescheinigung auf die Steuerschuld vor. Eine Änderung der bestandskräftigen Einkommen- und Umsatzsteuerbescheide für 1998 und 1999 wurde abgelehnt. Am 10. Januar 2006 bestanden Steuerrückstände einschließlich Säumniszuschläge von 47.942 EUR.
Mit einem an das Bayerische Staatsministerium der Finanzen gerichteten Schreiben vom 10. Januar 2004 beantragte die jetzige Ehefrau und Bevollmächtigte des Klägers den Erlass der bestehenden Steuerschulden. Sie führte an, dass die Steuerschulden durch Unachtsamkeit des Klägers entstanden seien. Da sein Gewerbe bereits seit 1. Januar 1998 geruht habe, sei er zum damaligen Zeitpunkt der Meinung gewesen, dass er keine Steuererklärungen mehr abgeben müsse.
Nach Weiterleitung des Antrags an das zuständige FA teilte der Kläger auf Anfrage zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen mit, dass er sein Gewerbe seit Oktober 1997 nicht mehr ausgeübt habe und derzeit als Arbeitnehmer für einen Nettolohn von 600 EUR tätig sei. Gegenüber dem Jugendamt beim Landratsamt O bestünden Rückstände von 7.985 EUR aus übergegangenen Unterhaltsverpflichtungen für seinen Sohn.
Mit Bescheid vom 23. März 2006 lehnte das FA den Antrag auf Erlass der Steuerschulden ab. Es begründete seine Entscheidung damit, dass ein Erlass die finanzielle Situation des Klägers nicht verbessern würde, da er nur einen Nettolohn unterhalb der gesetzlichen Pfändungsfreigrenze bezöge. Darüber hinaus entspreche es dem Willen des Gesetzgebers, unanfechtbare Steuerbescheide im Erlassverfahren nicht mehr auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen, weil es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen sei, sich rechtzeitig dagegen zu wehren.
Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 19. September 2006 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, dass Vollstreckungsmaßnahmen des FA seine wirtschaftliche Existenz ernsthaft bedrohen würden. Insbesondere bestünde die Gefahr, dass er seine neue Arbeitsstelle verlieren könne. In diesem Fall würde auch die bisher unbeteiligte Familie betroffen. Aufgrund einer Tumorerkrankung könne seine Lebensgefährtin nicht in Vollzeit arbeiten. Im Jahr 2007 sei er Vater einer Tochter geworden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 23. März 2006 und der Einspruchsentscheidung vom 19. September 2006 das Finanzamt zu verpflichten, ihm Einkommen- und Umsatzsteuern sowie Säumniszuschläge von 47.942 EUR zu erlassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Einspruchsentscheidung und weist ergänzend darauf hin, dass seit 16. Juni 2004 keine Vollstreckungsmaßnahmen erfolgt seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbrin...