rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlass von Steuerschulden
Leitsatz (redaktionell)
Den Erlass der Umsatzsteuer aus sachlichen Billigkeitsgründen hat das FA im Streitfall ermessensfehlerfrei abgelehnt, weil die zugrundeliegenden Steuerbescheide in Bestandskraft erwachsen sind und die besonderen Voraussetzungen, unter denen die Erhebung einer bestandskräftig festgesetzten Steuer im Billigkeitswege erlassen werden könnte, nicht vorliegen.
Normenkette
AO § 227
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt (FA) den Antrag der Klägerin auf Erlass der für die Jahre 2005 und 2006 festgesetzten Umsatzsteuer zu Recht abgelehnt hat.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist der Großhandel mit technischen Kunststoffen. Nachdem sie für die Streitjahre keine Steuererklärungen abgegeben hatte, setzte das FA die Umsatzsteuer für 2005 mit Bescheid vom 12. März 2007 auf 3.800 EUR und die Umsatzsteuer für 2006 mit Bescheid vom 4. April 2008 auf 14.200 EUR sowie einen Verspätungszuschlag von 500 EUR im Schätzungswege fest. Die Bescheide gingen als einfacher Brief zur Post und standen nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Am 21. November 2008 reichte die Klägerin die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2005 und am 11. Dezember 2008 die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2006 ein. Das FA wertete die Abgabe der Steuererklärungen als Antrag auf Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO), den es am 24. November 2008 ablehnte, da die Schätzungsbescheide bereits bestandskräftig geworden waren.
Das dagegen gerichtete finanzgerichtliche Verfahren hatte keinen Erfolg, mit Urteil vom 9. Dezember 2010 wies das Finanzgericht München die Klage als unbegründet zurück (14 K 2836/09). Die dagegen beim Bundesfinanzhof eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde am 8. März 2011 zurückgenommen.
Am 22. Dezember 2008 stellte die Klägerin einen Antrag auf Erlass der im Schätzungsverfahren festgesetzten Umsatzsteuer der Jahre 2005 und 2006. Sie trug vor, dass sie infolge finanzieller Engpässe im Zeitpunkt der Schätzungsveranlagungen nicht steuerlich beraten gewesen sei. Sie sei davon ausgegangen, dass die geschätzten Bescheide durch die Abgabe von Steuererklärungen jederzeit berichtigt werden könnten. Im Übrigen habe die Volksbank Dachau einen Teil des in Anspruch genommenen Darlehens in Höhe von 49.773,33 EUR gegen eine Einmalzahlung des Gesellschafters für Zwecke der Sanierung erlassen. Der Gesellschafter Thomas Neumayer habe außerdem immer wieder private Darlehen aufgenommen und der Klägerin über ein Verrechnungskonto zur Verfügung gestellt, um die laufenden Zahlungen der Firma sicherzustellen. Auch Umsatzsteuer aus den Schätzungsbescheiden sei größtenteils vom Gesellschafter Neumayer gezahlt worden. Die Klägerin könne nicht nachvollziehen, warum Großgläubiger wie die Volksbank Dachau teilweise auf ihre Ansprüche verzichten würden, um eine Sanierung der Gesellschaft zu ermöglichen und andererseits das FA auf Steuerbeträgen beharre, die keinen tatsächlichen Hintergrund hätten und denen keine Einnahmezuflüsse gegenüberständen.
Mit Verwaltungsakt vom 5. Januar 2009 lehnte das FA den Erlassantrag ab. Der dagegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. August 2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit ihrer dagegen gerichteten Klage verfolgt die Klägerin ihr Ziel weiter. Sie sei mit der Erstellung der Bilanzen und Steuererklärungen in Verzug gekommen, da sie die Steuerkanzlei gewechselt habe. Die Nacharbeit für drei Firmen habe sehr viel Zeit in Anspruch genommen. Sie sei sich der langen Verzögerung sehr wohl bewusst gewesen und habe die abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen mit besonderer Sorgfalt geprüft. Grobe Fahrlässigkeit könne ihr daher nicht vorgeworfen werden, da faktisch die Steuerschuld für die Jahre 2005 und 2006 durch exakte Voranmeldungen schon beglichen worden seien. Leider habe sie übersehen, dass die Schätzungsbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 5. Januar 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2011 das FA zu verpflichten, Umsatzsteuern in Höhe von 10.991,35 EUR zu erlassen.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, das Urteil des Finanzgerichts München (14 K 2836/09) vom 9. Dezember 2010 sowie auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat den beantragten Erlass zu Recht abgelehnt.
Gemäß § 227 der Abgabenordnung (AO) können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine solche Unbilligkeit kann dabei in der Sache selbst (sachli...