Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des Leistungsempfängers bei überzahltem Kindergeld
Leitsatz (redaktionell)
Zahlt die Familienkasse das Kindergeld mit Zustimmung des Kindergeldberechtigten auf ein Konto des Kindes aus, ist der Kindergeldberechtigte Leistungsempfänger und damit nach § 37 Abs. 2 AO auch Schuldner eines Rückforderungsanspruches der Familienkasse. Dies gilt auch, wenn die Behörde aufgrund einer Zahlungsanweisung des Anspruchsberechtigten an den Dritten eine Steuervergütung ausgezahlt hat. Denn in einem solchen Fall will die Behörde erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zu Gunsten des Zahlungsempfängers leisten, sondern sie erbringt ihre Leistung mit dem Willen, eine Forderung gegenüber dem steuerlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Mithin ist nicht der Zahlungsempfänger, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Anspruchsberechtigte als Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 AO anzusehen.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2; EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 1 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin (Klin) ist die Mutter des am … 02.1982 geborenen F.
Die Beklagte (die Familienkasse – FK –) gewährte für F bis einschließlich Juni 2007 Kindergeld. Das Kindergeld wurde gemäß dem von der Klin mitunterzeichneten Schreiben vom 22.11.2005 auf ein Konto des F ausgezahlt.
Mit Bescheid vom 23.01.2008 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab Dezember 2005 auf und forderte das für Dezember 2005 bis Juni 2007 bereits ausgezahlte Kindergeld von der Klin zurück.
Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 30.03.2009 als unbegründet zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Klin sei nicht darauf hingewiesen worden, dass F irgendeinen Antrag stellen müsse, um allein für das Kindergeld verantwortlich zu sein. Das Kindergeld sei auf ein der Klin unbekanntes Konto des F überwiesen worden. Die Klin müsse Kindergeld nicht zurückzahlen, das sie selbst nicht erhalten habe.
Die Klin beantragt sinngemäß,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 23.01.2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.03.2009 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf das Fehlen eines Berücksichtigungstatbestandes.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze … Bezug genommen.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18.05.2009 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Die FK hat die Kindergeldfestsetzung zu Recht nach § 70 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) aufgehoben.
a) Nach § 70 Abs. 2 EStG ist, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung aufzuheben oder zu ändern.
Im vorliegenden Fall haben sich die Verhältnisse insoweit geändert, als die Anspruchsvoraussetzung des § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG im streitigen Zeitraum nicht mehr vorlagen.
b) Danach wird ein Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet hat, u.a. dann für den Kindergeldanspruch des Berechtigten berücksichtigt, wenn es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet wird (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 EStG).
Dieser Berücksichtigungstatbestand scheidet im vorliegenden Fall bereits deshalb aus, weil F im streitigen Zeitraum bereits das 21. Lebensjahr vollendet hatte.
c) Auch die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst a EStG wurden nicht hinreichend substantiiert dargelegt und nachgewiesen.
Nach dieser Vorschrift wird ein Kind für den Kindergeldanspruch berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c EStG).
d) Im vorliegenden Fall hat die Klin nicht dargelegt, dass sich F im streitigen Zeitraum in einer Berufsausbildung befand. Der sich aus den Daten der Arbeitsverwaltung ergebende Hinweis auf eine Berufsausbildung bei X-Schulen (Tischler) erfasst nur den Zeitraum 01.11.2005 – 28.11.2005. Ab 29.11.2005 wurde F als arbeitslos geführt. Andere Anhaltspunkte für eine Berufsausbildung bestehen nicht.
e) Auch die Voraussetzungen der Ausbildungssuche hat die Klin nicht hinreichend dargelegt und nachgewiesen.
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – (Urteil vom 19.06.2008 III R 66/05, BFH/NV 2008, 1740 mwN) erfordert die Berücksichtigung eines Kindes gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG, dass sich dieses ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat. Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale A...