rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Pfändungs- und Einziehungsverfügung. Wirksamwerden mit Bekanntgabe an den Drittschuldner. Erledigung mit der Zahlung des Drittschuldners. Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer betrieblichen Direktversicherung ist pfändbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung wird mit der Zustellung an den Drittschuldner wirksam, und zwar auch dann, wenn eine Mitteilung an den Vollstreckungsschuldner unterbleibt und dieser auch sonst von der Pfändung nichts erfährt.

2. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erledigt sich mit ihrer Verwirklichung durch Zahlung des Drittschuldners an den Gläubiger (das FA) mit der Folge, dass eine Anfechtungsklage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung nicht mehr zulässig erhoben werden kann.

3. Der Anspruch auf Auszahlung der Versicherungssumme aus einer betrieblichen Direktversicherung im Versicherungsfall unterliegt keiner Verfügungsbeschränkung und kann als künftige Forderung gepfändet werden.

 

Normenkette

AO §§ 309, 124; FGO § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der Beklagte – das Finanzamt (FA) vollstreckt seit Jahren Steuerrückstände beim Kläger.

Das FA pfändete mit Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 06.01.2006 wegen Rückständen in Höhe von … EUR die gegenwärtigen und künftigen Forderungen, Ansprüche und Rechte des Klägers gegenüber der A Lebensversicherung a.G. (Drittschuldnerin) bis zu diesem Betrag. Die Drittschuldnerin erklärte das Bestehen eines den gepfändeten Betrag übersteigenden Auszahlungsanspruchs aus einer Lebensversicherung des Klägers mit Ablauf der Versicherung zum 01.04.2012 und wies darauf hin, dass es sich bei der Versicherung um eine auf den Kläger umgestellte betriebliche Direktversicherung handele, bei der die Einschränkungen des Betriebsrentengesetzes zu beachten seien.

Der Kläger hatte gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 06.01.2006 bereits Einspruch erhoben, den das FA mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 13.04.2006 als unbegründet zurückgewiesen hatte. Weitere Rechtsbehelfe hatte der Kläger damals nicht ergriffen.

Am 08.03.2012 erließ das FA eine Anschlusspfändungsverfügung (samt Einziehungsverfügung) gegenüber der bereits genannten Drittschuldnerin für Rückstände in Höhe von … EUR. Gegen diese und erneut gegen diejenige aus dem Jahr 2006 erhob der Kläger mit Schreiben vom 31.03.2012 Einspruch. Die Drittschuldnerin überwies die Auszahlung aus der Lebensversicherung vor dem 04.07.2012 an das FA.

Das FA verwarf die Einsprüche des Klägers in der EE vom 13.08.2012 als unzulässig. Die EE wurde dem Steuerberater B übersandt, der früher für den Kläger tätig und dessen fortbestehende Empfangsvollmacht für den Kläger in der Datenbank des FA gespeichert war.

Der Kläger erhob gegen beide Pfändungs- und Einziehungsverfügungen Klage mit der Begründung, diese seien ihm nicht zugestellt worden. Er bestreitet, dass der Steuerberater noch für ihn tätig gewesen sei. Die Klage ging am 02.10.2012 bei Gericht ein.

Der Kläger begründet die Klage wie folgt: Die auf dem Verwaltungsakt vom 06.01.2006 angegebene Steuernummer sei falsch gewesen. Auch sei die gepfändete Lebensversicherung bereits 2005 an seinen Sohn abgetreten worden. Im Übrigen handele es sich um eine betriebliche Rentenversicherung, die nicht ohne weiteres pfändbar sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Klageschrift verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 06.01.2006 und vom 08.03.2012 – jeweils gerichtet auf die Pfändung und Einziehung der gegenwärtigen und künftigen Forderungen, Ansprüche und Rechte gegenüber der A Lebensversicherung a.G. – aufzuheben.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es verweist auf die Versäumung der Klagefrist.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Auf telefonische Nachfrage vermochte das FA keinen Nachweis für die fortbestehende Empfangsvollmacht des Steuerberaters zu erbringen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage kann keinen Erfolg haben.

1. Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.03.2012

a) Soweit die Klage auf Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.03.2012 gerichtet ist (=Anfechtungsklage), ist sie mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn mit Zahlung des Drittschuldners an das FA ist die Vollstreckung beendet. Daher entfällt das Rechtsschutzinteresse des Vollstreckungsschuldners gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen haben sich mit ihrer Verwirklichung erledigt, mit der Folge, dass eine Anfechtungsklage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.03.2012 nicht mehr zulässigerweise erhoben werden kann (BFH-Beschluss vom 11.04.2001 VII B 304/00, BStBl II 2001, 525).

b) Die Klage könnte auch umgedeutet in eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 08.03.2012 keinen Erfolg haben.

Das Gericht geht insoweit zu Gunsten des Klägers davon aus, dass...

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