Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmereigenschaft einer Servicekraft. Haftung für Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag 1993, 1994, 1995, 1996

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Servicekraft, die dem Auftraggeber gegenüber hinsichtlich Art und Umfang sowie Ort und Zeitpunkt der Tätigkeit weisungsgebunden und wie eine Aushilfskraft in dessen Betrieb eingegliedert ist, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse als Arbeitnehmer anzusehen, auch wenn sie im Innenverhältnis zwischen den Beteiligten als „freier Mitarbeiter” bezeichnet wird, kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen wurde und die Servicekraft Rechnungen über die geleisteten Arbeitsstunden erteilt.

 

Normenkette

EStG 1990 § 19 Abs. 1 Nr. 1; LStDV § 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt in ein Privatsanatorium.

Im Januar/Februar 1997 wurde bei der Klägerin eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum Dezember 1992 bis Oktober 1996 durchgeführt (Prüfungsbericht vom 20. Februar 1997). Dabei stellte die Prüferin fest, dass in der Zeit von Juni 1993 bis Dezember 1996 Herr (K) im Betrieb der Klägerin beschäftigt war. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde nicht abgeschlossen. K stellte der Klägerin Rechnungen, in denen er für Servicetätigkeit pro Stunde 30 DM berechnete. Nach den in den Akten befindlichen Unterlagen hat K der Klägerin monatlich ca. 130 bis 160 Stunden in Rechnung gestellt. Nach den Feststellungen der Prüferin wurden von der Klägerin an K insgesamt folgende Beträge bezahlt:

1993:

32.300 DM

1994:

45.180 DM

1995:

49.050 DM

1996:

46.350 DM

Der Beklagte (das Finanzamt -FA-) schloss sich der Auffassung der Prüferin an, die Klägerin hätte von den an K ausbezahlten Beträgen Lohnsteuer einbehalten und abführen müssen, weil dieser als Arbeitnehmer anzusehen sei. Deshalb nahm das FA die Klägerin mit Bescheid vom 26. März 1997, geändert durch Bescheid vom 7. Mai 1997, vorsorglich in Haftung. Ein Leistungsgebot wurde zunächst nicht erteilt.

Nachdem die vorrangige Inanspruchnahme des K nicht zum Erfolg geführt hatte, erließ das FA gegenüber der Klägerin am 5. Mai 1998 einen Haftungsbescheid für 1993 bis 1996 über 32.683,30 DM für Lohnsteuer, evangelische Kirchenlohnsteuer und Solidaritätszuschlag (1995 und 1996).

Der dagegen erhobene Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 10. Mai 1999).

Hiergegen richtet sich die Klage, die die Klägerin im Wesentlichen wie folgt begründet:

Bei K habe es sich um einen freien Mitarbeiter der Klägerin und nicht um einen Arbeitnehmer gehandelt. Er sei nicht – wie das fest angestellte Servicepersonal – in ihren Betriebsablauf eingegliedert gewesen. K habe sich als selbständiger Versicherungsvertreter vorgestellt und angeboten, im Service und Empfang des Sanatoriums als Selbständiger tätig zu sein. Für seine Tätigkeit habe er 30 DM pro Stunde gefordert. Er habe daraufhin jeweils für eine Woche einen Auftrag erhalten. Eine Verpflichtung der Klägerin, nachzuprüfen, ob K tatsächlich seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter ausübte, habe nicht bestanden. Im Übrigen stelle sich die Tätigkeit des K nicht als Arbeitnehmertätigkeit dar. So habe keine persönliche Abhängigkeit gegenüber der Klägerin bestanden, K hätte sich in kürzester Zeit um andere Auftraggeber bemühen können. Es sei von keinen festen Arbeitszeiten auszugehen, weil jeweils 14 Tage vorher die Tätigkeit mit K vereinbart worden sei. K habe vorgegeben, wann er kommen könne. Es hätten weder ein Urlaubsanspruch noch Ansprüche auf Sozialleistungen oder Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bestanden. Überstunden seien nicht vergütet worden. Der zeitliche Umfang seiner Tätigkeit sei von K selbst bestimmt worden. Das für K bestehende Unternehmerrisiko habe darin bestanden, dass bei schlechter Leistung kein Folgeauftrag erteilt worden wäre, deshalb sei ständiges Engagement seitens K notwendig gewesen. Für Anschaffung und Reinigung der Arbeitskleidung habe K selbst zu sorgen gehabt. Zwar habe die Klägerin den Rahmen der Tätigkeit des K vorgegeben, wie er diese durchführte, sei jedoch ihm überlassen gewesen. K habe mit 30 DM pro Stunde eine höhere Vergütung als andere Arbeitnehmer in vergleichbarer Tätigkeit erhalten. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass verschiedene Tätigkeiten in anderen Bereichen des Sanatoriums auch durch Selbständige durchgeführt werden könnten (z.B. Hausmeister, Masseure). Ergänzend wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 6. Dezember 1999 Bezug genommen.

Der Klägervertreter stellt den Antrag aus der Klagebegründungsschrift vom 6. Dezember 1999.

Das FA beantragt Klageabweisung

und verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.

Ergänzend weist es darauf hin, dass K einfache Tätigkeiten habe verrichten müssen, die nur wenig Spielraum für Eigeninitiative ermöglicht und keine eigenbetriebliche Organisation erfordert hätten sowie ausschließlich im Betrieb der Klägerin in enger Zusammenarbeit mit dem übrigen Servicepersonal aus...

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