Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsätze aus der Beförderung von Personen mit Seilbahnen und Bergbahnen unterliegen dem Regelsteuersatz. Keine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland auf Grund der Richtlinie 77/388/EWG, die Umsätze aus der Beförderung von Personen mit Bergbahnen und Seilbahnen dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen (§ 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, Art. 12 Abs. 3 der Richtlinie 77/388/EWG)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Umsätze aus der Beförderung von Personen mit einer Seilschwebebahn unterliegen nicht gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG dem ermäßigten Steuersatz.
2. Die Bundesrepublik Deutschland ist auch nicht nach Art. 12 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie verpflichtet, solche Umsätze ermäßigt zu besteuern.
3. Anhang H zur 6.EG-Richtlinie stellt keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Anwendung ermäßigter Steuersätze für die dort aufgeführten Kategorien dar, sondern beinhaltet eine Begrenzung der Befugnis der Mitgliedstaaten zur Anwendung ermäßigter Steuersätze.
4. Die 6. EG-Richtlinie gebietet nicht, dass ein Mitgliedstaat seine Steuersätze an diejenigen eines anderen Mitgliedstaats anzugleichen hat.
5. Es ist nicht gleichheitswidrig, dass Umsätze aus der Personenbeförderung mit Bergbahnen (insbesondere Seilbahnen) in Deutschland einheitlich dem Regelsteuersatz unterliegen, Umsätze aus der Beförderung von Personen mit Schiffen dagegen ermäßigt besteuert werden.
Normenkette
UStG 1999 § 12 Abs. 1, 2 Nr. 10 Buchst. b, a; EWGRL 388/77 Art. 12 Abs. 3 Buchst. a UAbs. 3 Anh. H; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin aus der Beförderung von Personen mit einer Seilbahn dem ermäßigten oder dem vollen Steuersatz unterliegen.
Die Klägerin betreibt eine Bergbahn in Form einer Kabinenseilbahn (einer Seilschwebebahn) auf …, einen Berg in den deutschen Alpen. Zwischen Tal- und Bergstation überwindet die Seilbahn eine Höhendifferenz von …m. Sie erschließt ein Wandergebiet, einen Gleitschirmflugplatz und ein … Skigebiet …. Der größte Teil der Umsätze der Klägerin entfällt auf den Ausflugsverkehr in den Sommermonaten. Die … wird nicht durch eine österreichische Bergbahn erschlossen.
Der Beklagte (Finanzamt – FA) wich insoweit von der Umsatzsteuererklärung der Klägerin für das Streitjahr (1999) ab, als er die mit dem ermäßigten Steuersatz erklärten Umsätze (die Fahrpreiserlöse aus dem Seilbahnbetrieb) dem vollen Steuersatz (von 16%) unterwarf.
Mit Bescheid vom 3. Juli 2001 setzte das FA demzufolge (unter dem Vorbehalt der Nachprüfung-VdN) für 1999 eine Umsatzsteuer von … fest.
Dagegen legte die Klägerin am 17. Juli 2001 (Frühleerung) Einspruch ein.
Am 2. Oktober 2001 erließ das FA (unter Aufrechterhaltung des VdN) einen Änderungsbescheid, mit dem es die Umsatzsteuer für 1999 wegen unzutreffender Aufteilung der Bruttoeinnahmen auf … herabsetzte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Juli 2002 wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück.
Dagegen ist die Klage gerichtet. Zur Klagebegründung trägt die Klägerin vor, ihre Beförderungsleistungen seien nicht mit dem Regelsteuersatz sondern mit einem ermäßigten Steuersatz von 7% zu versteuern. Diese folge aus der gebotenen unmittelbaren Anwendung der Kategorie 5 des Anhangs H der 6. EG-USt-Richtlinie, wonach ein Mitgliedstat den ermäßigten Steuersatz auf Leistungen zur „Beförderung von Personen und des mitgeführten Gepäcks” anwenden könne. Dieses Gebot der 6. EG-USt-Richtlinie sei hinreichend bestimmt und inhaltlich unbedingt. Die Umsetzungsfrist für die Kategorie 5 des Anhangs H der 6. EG-USt-Richtlinie sei bereits abgelaufen.
Den Mitgliedstaaten sei für solche Dienstleistungen keine Befugnis eingeräumt, Abgrenzungen innerhalb der Kategorien des Anhangs H der 6. EG-USt-Richtlinie zu treffen. Dies ergebe sich aus dem Einleitungssatz des Anhangs H, der Abgrenzungen nur für Gegenstände, nicht aber für Dienstleistungen zulasse, und aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität. Bei der Beförderung von Personen mit Schiffen und mit Bergbahnen handele es sich ebenso wie bei der Beförderung von Personen mit Bergbahnen in Österreich und dem bayerischen Alpenraum um gleichartige Leistungen, die miteinander im Wettbewerb stünden. Der Wettbewerb zwischen diesen Leistungen werde durch eine unterschiedliche Besteuerung verzerrt. Der der Klägerin bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes verbleibende Umsatz würde ihr ein erhebliches Investitionspotential belassen, während sie anders Investitionen zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nur über Kredite finanzieren könne.
Ferner unterlägen die Beförderungsleistungen der Klägerin dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 10 UStG, da sie Beförderungsleistungen im Schienenverkehr erbringe.
Im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 31. März 2003 und vom 29. August 2003 samt Anlagen verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Bescheides vom 2. Oktober 2001 in Gestalt der Einspruchsen...