Entscheidungsstichwort (Thema)
Stuntcoordinator ist gewerblich tätig. Gewerbesteuermessbetrag 1998
Leitsatz (redaktionell)
Ein Stuntcoordinator, der Stunts ausarbeitet, die Kostenkalkulation erstellt, Motive aussucht, die optimale Kameraführung festlegt, Filmszenen im Detail choreographiert, Schauspieler, Stuntman und Komparsen trainiert bzw. deren Auftritte abstimmt und selbst als Stuntman auftritt, ist gewerblich tätig.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, 1 S. 1 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Einkünfte des Klägers der Gewerbesteuer unterliegen oder ob er als Künstler freiberuflich tätig war.
Der Kläger ist als Stuntcoordinator und als Stuntman tätig. Er wird bei der Produktion von Filmen engagiert, bei denen Stunts (z.B. Autostunts; Pferdestunts; Schlägereien; Feuerstunts) anfallen. Im Allgemeinen wurde im Streitjahr 1998 ein Auftrag wie folgt abgewickelt:
Die Filmfirma rief beim Kläger an, ob er zu bestimmten Teminen Zeit habe. War dies der Fall, stellte die Filmfirma dem Kläger das Drehbuch des Films zur Verfügung. Da die Regisseure meist nicht die nötigen Fachkenntnisse hatten, erhielt der Kläger mit den Drehbüchern oft nur eine grobe Vorgabe der Rahmenhandlung. Diese arbeitete er dann im Detail aus (Erstellen und Ausarbeiten von Skizzen, Zeichnungen, Plänen, Storyboards) und erstellte eine Kostenkalkulation. Auf dieser Basis wurde anschließend ein mündlicher Vertrag geschlossen. Auch bei der anschließenden Umsetzung des Filmprojekts wirkte der Kläger planend mit. Kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit dem Regisseur wurde im Einzelfall, ggf. unter Mitwirkung des Filmproduzenten, entschieden, welcher Filmvorschlag realisiert wurde. Sodann sorgte der Kläger für die Realisierung der Stunts, z.B. durch Motivsuche, Auf- und Umbauten der Motive und Festlegung der optimalen Kameraführung. Ferner wurde die Filmszene im Detail choreographiert und Schauspieler, Stuntman und Komparsen entsprechend trainiert bzw. in ihren Auftritten aufeinander abgestimmt. Im Streitjahr setzte der Kläger für Pferdestunts das eigene Pferd ein. Ferner hatte er mehrere speziell hergerichtete KFZ im Einsatz, mit denen Autostunts (z.B. Verfolgungsjagden) optimal gefilmt werden konnten. Wenn für die Stunts andere Stuntman benötigt wurden, beauftragte sie der Kläger (Betriebsausgaben 1998: 27.480 DM). Bei der Mehrzahl der Produktionen wurde er selbst als Stuntman tätig. Dabei doubelte er einerseits Schauspieler. In zahlreichen Filmen, in denen sich die Filmrolle im Stunt erschöpfte, trat er aber auch als eigene Person auf. Daneben wurden ihm als gelernten Schauspieler in Actionfilmen auch ganze Filmrollen übertragen, die über die Stuntszenen hinausgingen. Der Kläger war als Stuntman in der Künstlersozialkasse gesetzlich versicherungspflichtig.
Seine Aufträge im Streitjahr 1998 hat der Kläger im Einzelnen in der mit Schreiben vom 8. August 2002 übersandten Liste erläutert. Im Schreiben vom 15. Januar 2003 führte er auf Antrage des Gerichts aus, er könne nachträglich nicht mehr feststellen, in welchen Produktionen er als Schauspieler tätig war. Die Verträge wurden – wie in der Filmbranche üblich – nur mündlich abgeschlossen. Honorare für Schauspielerei rechnete der Kläger nicht gesondert ab. Auch eine Erörterung der einzelnen Aufträge im Streitjahr war im Erörterungstermin nicht mehr möglich, da der Kläger sich an die Filmproduktionen nicht mehr näher erinnern konnte.
Der Beklagte, das Finanzamt (FA), vertrat die Ansicht, die Tätigkeiten des Klägers seien nicht künstlerisch und setzte mit Bescheid vom 1. Oktober 1999 einen Gewerbesteuer-Messbetrag von 678 DM fest. Den Einspruch wies es mit der Einspruchsentscheidung vom 1. März 2000 zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger macht geltend, er habe einen erheblichen künstlerischen Gestaltungsspielraum. Er sei als Drehbuchautor tätig, da er die Stuntszenen nach seinen Vorstellungen, Phantasien und Erlebnissen umschreibe. Er sei ferner mit einem Regisseur zu vergleichen, da er die Szenen künstlerisch gestalte und technisch so realisiere, dass sie publikumswirksam und gleichzeitig realistisch zu dem jeweiligen Film passten. Die technische Umsetzung der Szene sei lediglich das Ergebnis der vorherigen künstlerischen Bearbeitung. Per Saldo stelle der Kläger somit einen Teil des Gesamtkunstwerks Film her, der gerade im Genre der Actionfilme eine erhebliche Bedeutung habe. Soweit er Stunts selber spiele, liege eine Tätigkeit als Schauspieler vor. Dies gelte auch beim Doubeln von Schauspielern. Die künstlerische Leistung liege hierbei in der möglichst genauen Nachahmung des anderen Schauspielers. Der Schwerpunkt der Tätigkeit liege auch deshalb in der künstlerischen Gestaltung, da diese zeitlich überwiege. Das Drehen der je...