Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung der PKW-Restnutzungsdauer
Leitsatz (amtlich)
Fährt ein Arbeitnehmer mit seinem PKW lediglich ca. 7 000 km im Jahr und wurde der Berechnung der Fahrtkosten i. S. des Abschn. 38 Abs. 1 LStR in den ersten drei Jahren seit Anschaffung jeweils ein AfA-Betrag in Höhe eines Viertels der Anschaffungskosten zu Grunde gelegt, ist das FA berechtigt, die Restnutzungsdauer des PKW im 4. Jahr auf der Basis einer Gesamtnutzungsdauer von 8 Jahren neu zu schätzen und in den folgenden 5 Jahren lediglich noch einen AfA-Betrag in Höhe von jeweils 5 % der Anschaffungskosten in Abzug zu bringen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 7; LStR 1993 Abschn. 38 Abs. 1
Gründe
I.
Der Kläger (Kl) war von Beruf Betriebsprüfer. Seit Februar 1998 ist er im Ruhestand, Neben seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit bezog er im Streitjahr 1995 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Zweifamilienhaus (Doppelhaushälfte in der A-Str.), in dem der Kl das Erdgeschoss und seine Mutter das Obergeschoss bewohnte. Soweit das Haus vom Kl bewohnt wurde, erfolgte die Besteuerung gem. § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG (Nutzungswertbesteuerung nach der sog. großen Übergangsregelung). Die Mutter des Kl ist inzwischen verstorben.
Der Kl ist zu 90 % schwerbehindert (…). In der Steuererklärung 1995 (Streitjahr) machte er als Fahrtkosten die tatsächlich entstandenen Kosten je gefahrenen Kilometer geltend. Für das Jahr 1995 legte er hierbei eine PKW-Abschreibung in Höhe von 11.742 DM zu Grunde. Dieser Betrag entspricht dem zum 31.12.1994 vorhandenen Restwert des am 8.5.1992 neu erworbenen PKW (amtl. Kennzeichen: … Anschaffungskosten: 46.970,99 DM). Bei der Berechnung der Fahrtkosten der Jahre 1992–1994 hatte der Kl jeweils eine AfA in Höhe von 11.743 DM in Ansatz gebracht, was einer Abschreibungsdauer von 4 Jahren entspricht. In den Veranlagungen dieser Jahre war dies vom Beklagten (Finanzamt -FA-) nicht beanstandet worden.
Die Jahresfahrleistung des klägerischen PKW's betrug im Jahr 1995 6.956 km und im Jahr 1996 5.342 km. Die durchschnittliche Jahresfahrleistung bis Ende 1994 betrug 7.128 km.
In der Steuererklärung für das Jahr 1995 hatte der Kl u. a. Mehrverpflegungsaufwendungen für 75 Dienstgänge in Höhe von 1.425 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend gemacht. Pro Dienstgang wurde hierbei der Höchstbetrag von 19 DM gem. Abschn. 39 Abs. 5 LStR 1993 zu Grunde gelegt,
In den Einkommensteuerbescheiden 1995 vom 20.11.1997 und 27.5.1998 (Einkommensteuer: 3.755 DM) wurden die geltend gemachten Werbungskosten im wesentlichen anerkannt. Nicht anerkannt wurden Aufwendungen, die der Kl für eine Haushaltshilfe seiner Mutter geltend gemacht hatte. Beide Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, weil bei Gericht noch ein Verfahren (Az: 1 K 380/97) für die Jahre 1992–1994 anhängig war, in dem u. a. auch die Frage der Anerkennung der Haushaltshilfe durch die Mutter streitig war. Dieses Verfahren wurde in der mündlichen Verhandlung des Verfahrens 1 K 380/97 am 19.5.1999 in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Im Einspruchsverfahren wandte sich der Kl in erster Linie gegen die Versagung des Abzugs des Haushaltshilfenfreibetrags gem. § 33 a Abs. 3 Nr. 2 EStG sowie gegen den Vorbehalt der Nachprüfung. Außerdem machte er im Einspruchsverfahren mit Schreiben vom 22.6.1998 erstmals einen Betrag in Höhe von 2.100 DM als zusätzliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend, der nach den Angaben des Kl Arbeiten der Mutter für das Mietobjekt betraf
Die Einsprüche des Kl blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung – EE – vom 15.10.1998).
Im Klageverfahren trug der Kl zunächst erneut die bereits im Einspruchsverfahren geltend gemachten Einwendungen vor. Nachdem im Verfahren 1 K 380/97 am 19.5.1999 die Hauptsache für erledigt erklärt worden war, überprüfte das FA die Besteuerungsgrundlagen abschließend und setzte die Einkommensteuer 1995 mit Bescheid vom 23.11.1999 auf 7.790 DM herauf. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde in diesem Bescheid aufgehoben.
Neben den Korrekturen, die sich als Folgeänderungen aus dem Verfahren 1 K 380/97 ergaben (u. a. AfA Kücheneinrichtung: 2.410 DM) wurde hierbei entsprechend den Erläuterungen in den Schreiben des FA vom 10.6- und 11.10.1999 (FG-Akte, Bl 26 und Bl 29), auf die Bezug genommen wird, bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung Werbungskosten in Höhe von 9.038 DM bzw. 44.319 DM in Abzug gebracht. Hinsichtlich der Dienstgänge wurde lediglich der Pauschbetrag gem. Abschnitt 39 Abs. 5 LStR in Höhe von Jeweils 8 DM (zusammen 600 DM) berücksichtigt und hinsichtlich der Kraftfahrzeugkosten statt eines AfA – Betrages von 11.742 DM ein solcher von 5.871 DM (46.970,99 DM: 8), was einer Nutzungsdauer von 8 Jahren entspricht.
Mit Schriftsatz vom 9.12.1999 wurde der Einkommensteuerbescheid 1995 vom 23.11.1999 gem. § 68 Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand der Verfahrens erklärt. Der Kl trägt hierzu...