rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Verschulden des bevollmächtigten Steuerberaters

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Als Nachweis für die Versendung der Einspruchsschrift kann die Prozessbevollmächtigte keinen Eintrag in ihrem Postausgangsbuch als präsentes Beweismittel vorweisen.

2. Die Aufgabe eines Briefes zur Post kann im Regelfall nicht allein mit einer eidesstattlichen Versicherung einer Rechtsanwaltsfachangestellten glaubhaft gemacht werden, sondern es bedarf eines ordnungsgemäßen Postausgangsbuchs.

3. Macht der Bevollmächtigte selbst Fehler, kommt eine Wiedereinsetzung in der Regel nicht in Betracht.

 

Normenkette

AO § 110 Abs. 1 Sätze 1-2, Abs. 2 Sätze 1-3, Abs. 3

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind verheiratet und werden beim Beklagten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielten im Streitjahr 2011 Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie sonstige Einkünfte.

Mit Bescheid vom 30. September 2013 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2011 auf 7.328 EUR fest.

Am 4. November 2013 erging gegenüber den Klägern eine Mahnung des Beklagten, da laut dem Einkommensteuerbescheid für 2011 zu wenig Einkommensteuer für 2011 entrichtet wurde.

Am 9. Januar 2014 wies die zuständige Veranlagungssachbearbeiterin die Prozessbevollmächtigte telefonisch darauf hin, dass ihr ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid der Kläger für 2011 nicht vorliege.

Mit Telefax vom 9. Januar 2014 übersandte die Prozessbevollmächtigte u.a. eine Kopie eines Einspruchsschreibens vom 11. Oktober 2013 gegen den Einkommensteuerbescheid für 2011 mit dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung sowie eine Ablichtung der bei DATEV geführten Benutzeroberfläche „Ablage” der Kläger (und trug vor, dass der Postversand am Freitag, 11. Oktober 2013, erfolgt sei. Bei der Ablichtung handele es sich um einen Ausdruck aus dem Fristenbuch der Kanzlei.

Am 16. Januar 2014 wies der Beklagte die Prozessbevollmächtigte der Kläger darauf hin, dass er das Schreiben vom 9. Januar 2014 als Antrag auf Wiedereinsetzung werte, da das Einspruchsschreiben vom 11. Oktober 2013 erst am 9. Januar 2014 eingegangen sei. Anhaltspunkte für einen früheren Eingang des Einspruchsschreibens ließen sich aus den Steuerakten nicht entnehmen. Gleichzeitig wies der Beklagte u.a. auf die zu beachtende Frist des § 110 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) und deren Beginn mit Wegfall des Hindernisses hin. Es bestünde aufgrund der Mahnung im November 2013 Zweifel daran, ob die Frist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags nicht bereits abgelaufen sei. Hinsichtlich der Behauptung der fristgerechten Absendung seien genaue Angaben erforderlich, wann und an welchen Tag und zu welcher Uhrzeit, in welcher Weise und von welcher Person der Schriftsatz zur Post gegeben worden sei. Die vorgelegte Ablichtung „Ablage” erfülle diese Voraussetzungen nicht. Zudem sei die Organisation der Fristenkontrolle nach Art und Umfang darzulegen sowie die Angaben durch geeignete Beweismittel zu belegen. Dazu seien die Abgabe detaillierter eidesstattlicher Versicherungen der mit der Anfertigung und Absendung des Schriftsatzes unmittelbar befassten Personen und die Vorlage von Auszügen aus dem Fristenkontrollbuch und dem Postausgangsbuch erforderlich. Zudem sei ein Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen nach Ablauf der Antragsfrist unzulässig.

Am 4. Februar 2014 erwiderte die Prozessbevollmächtigte, dass die interne Organisation und Dokumentation der Prozessbevollmächtigten durch die unveränderbaren Einträge im Postausgangsbuch den Versand des Einspruchsschreibens belege, und übersandte eine eidesstattliche Versicherung des bei ihr tätigen Steuerberaters H –”Hiermit bestätige ich an Eides statt, dass ich das Einspruchsschreiben gegen den Bescheid für 2011 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag vom 30.09.2013 verfasst, ausgedruckt und unterzeichnet habe.”– und eine eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin, L, mit dem Inhalt: „Hiermit bestätige ich an Eides statt, das Einspruchsschreiben gegen den Bescheid für 2011 über Einkommensteuer …vom 30.09.2013 mit Unterschriftsdatum 11.10.2013 versandbereit am 11.10.2013 um 13.10 Uhr bei der Postfiliale …, in den Briefkasten der Deutschen Post eingeworfen” zu haben.

Im Juli 2016 teilte die Prozessbevollmächtigte dem Beklagten mit, dass der geforderte Nachweis –eine Kopie des elektronischen Postausgangsbuchs– nicht eingereicht werden könne, da durch einen internen Fehler des Bearbeiters der Postausgang in der EDV nicht abgeschlossen worden sei (vgl. Aktenvermerk des Beklagten).

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. November 2016 lehnte der Beklagte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und verwarf den Einspruch der Kläger als unzulässig.

Ihre dagegen gerichtete Klage begründen die Kläger im Wesentlichen mit Folgendem: Die Prozessbevollmächtigte habe in einem Telefonat am 7. Oktober 2013 der zuständige...

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