rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung des Verfahrens wegen Insolvenz. Darlehensverzicht als Ertrag im Sonderbetriebsvermögen
Leitsatz (redaktionell)
1. Das von einer KG geführte Klageverfahren wegen Gewerbesteuer wird nicht unterbrochen, wenn weder dem vorläufigen Insolvenzverwalter die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen der KG übertragen noch der KG ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wurde, sondern das Amtsgericht lediglich Maßnahmen zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse angeordnet und der vorläufige Insolvenzverwalter der Klageführung zugestimmt hat.
2. Ein von einem Kommanditisten aufgenommenes Darlehen ist negatives Sonderbetriebsvermögen, wenn der Kommanditist die Darlehensmittel gegen Buchung auf Kapitalrücklagen in die KG eingelegt und die KG sie als stille Einlage an eine andere Gesellschaft weitergereicht hat. Eine betriebliche Verbindlichkeit behält diese Eigenschaft i. d. R. bis zu ihrem Erlöschen. Das Darlehen kann nicht allein durch eine Willensentscheidung des Gesellschafters in dessen Privatvermögen überführt werden.
3. Ein Darlehensverzicht des Gläubigers zugunsten des Kommanditisten führt zu einem Ertrag im Sonderbetriebsvermögen, der den Gewerbeertrag der KG auch dann erhöht, wenn zwar im Zeitpunkt des Verzichts das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet worden ist, diese ihre werbende Tätigkeit aber noch nicht eingestellt hat.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1; GewStG §§ 2, 7; InsO § 21 Abs. 1, 2 Nr. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 02.07.2014; Aktenzeichen IV B 28/13) |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob ein Darlehensverzicht zu einem Ertrag im Sonderbetriebsvermögen geführt hat, ob die Klägerin zum Zeitpunkt des Darlehensverzichts der Gewerbesteuer unterlag und ob die Verlustverrechnung bei der Gewerbesteuer zu Recht der Höhe nach beschränkt wurde.
Die Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft. Sie wurde gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages vom 26. Oktober 1995 auf unbestimmte Zeit geschlossen. Gemäß § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Geschäftsgegenstand der Klägerin der Erwerb und die Verwaltung von Unternehmensbeteiligungen, die Erbringung von Beratungsleistungen im Bereich …, die Herstellung und Bearbeitung von …, der An- und Verkauf von … sowie alle im Bereich … vorkommenden Geschäfte. Alleinige persönlich haftende Gesellschafterin der Klägerin ist die A-GmbH i.L. (künftig: GmbH), deren alleiniger Gesellschafter der Beigeladene ist. Die GmbH ist am Kapital der Klägerin nicht beteiligt. Alleiniger Kommanditist der Klägerin ist der Beigeladene. Gemäß § 3 des Gesellschaftsvertrages sollte er eine Bareinlage von … DM erbringen und sich mit einem Kapitalanteil in derselben Höhe an der Klägerin beteiligen. Der Kapitalanteil sollte als Haftsumme in das Handelsregister eingetragen werden. Die Klägerin wurde im Oktober 1997 im Handelregister eingetragen. Als Kommanditeinlage waren … DM angegeben.
Am 19. August 1997 schloss die Klägerin mit der X-GmbH, B (künftig: X-GmbH), deren alleiniger Gesellschafter der Beigeladene ist, einen Vertrag über die Errichtung einer typischstillen Gesellschaft. Die Klägerin beteiligte sich als stille Gesellschafterin an der X-GmbH. Die Einlage in Höhe von … DM war in monatlichen Teilbeträgen, insgesamt jedoch bis spätestens zum 31. Dezember 1997 zu erbringen (§ 3 des Vertrages). Die X-GmbH wies der Klägerin jährlich Verluste zu.
Der Beigeladene hat folgende Darlehen aufgenommen:
- • Darlehensvertrag vom 29. November 1997 zwischen dem Beigeladenen und … in Höhe von … DM. Gemäß Anlage zum Darlehensvertrag sollte ein Darlehensbetrag in Höhe von … DM für Einzahlungen bei der X-GmbH verwendet werden.
- • Darlehensvertrag vom 5. Januar 1998 zwischen dem Beigeladenen und … in Höhe von … Mio. DM.
- • Darlehensvereinbarung vom 28. Dezember 1999 zwischen V-GmbH & Co. KG (nunmehr H-GmbH & Co. KG i.In.) und dem Beigeladenen in Höhe von … DM. Laut Verwendungszweck sollte das Darlehen für Stille Gesellschaftereinzahlungen der Klägerin bei der X-GmbH verwendet werden.
- • Darlehensvereinbarung vom 20. Dezember 2000 zwischen S-GmbH & Co. KG und dem Beigeladenen in Höhe von … DM. Laut Verwendungszweck sollte das Darlehen für Stille Gesellschaftereinzahlungen der Klägerin bei der X-GmbH verwendet werden.
- • Darlehensvertrag vom 20. Dezember 2001 zwischen S-GmbH & Co. KG und Beigeladenen in Höhe von … DM. Laut Verwendungszweck sollte das Darlehen für Stille Gesellschaftereinzahlungen der Klägerin bei der X-GmbH verwendet werden.
Mit Wirkung zum 30. April 2002 traten die V-GmbH & Co. KG und die S-GmbH & Co. KG ihre Forderungen gegen den Beigeladenen im Wesentlichen an … ab.
In der für das Jahr 1997 eingereichten Bilanz der Klägerin sind Zahlungen auf die stille Beteiligung in Höhe von … DM ausgewiesen. Unter dem Bilanzposten „A. Eigenkapital II. Kapitalrücklage” wurden … ...