Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallkosten als Betriebsausgaben. Einkommensteuer 1988–1992
Leitsatz (redaktionell)
Chartert ein Zahnarzt für den Flug zu einer Fortbildungsveranstaltung ein Flugzeug, sind die durch den Absturz des Flugzeuges zu leistenden Schadensersatzzahlungen nicht als Betriebsausgaben abziehbar, wenn diese durch die aus privater Motivation zum Mitflug eingeladenen Personen entstanden sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 18
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit Schadensersatzansprüchen nach einem Unfall auf einem betrieblich veranlassten Flug als Betriebsausgaben.
Der verstorbene Dr. D und seine inzwischen ebenfalls verstorbene Ehefrau betrieben gemeinsam eine Zahnarztpraxis, die nach dem Tod von Dr. D von seiner Frau bis zum Jahre 1992 weitergeführt und dann verkauft wurde. Frau D verstarb im Jahre 1993. Die Klägerinnen haben sie je zur Hälfte beerbt.
Am 8. April 1983 charterte Dr. D ein Privatflugzeug für den Flug zu einer Fortbildungsveranstaltung der „Akademie” in K, auf der er anstelle einer ausgefallenen Referentin einen Diavortrag halten sollte. Auf das Tagungsprogramm wird Bezug genommen.
Beim Absturz des Flugzeuges kamen er, der Safety-Pilot M und zwei Fluggäste, nämlich Herr R Sch und Herr N, die Dr. D nach K mitnehmen wollte, ums Leben. Beide Lehrer unterrichteten am C-Gymnasium in K, das auch die Tochter Dr. D's – die nunmehrige Klägerin zu 1), besuchte. R Sch war Klassenleiter der Klasse 10 b, der die Klägerin zu 1) angehörte. Die Ursache des Absturzes konnte nicht restlos geklärt werden.
Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts M im Urteil vom 21. Dezember 1989, Az. …/96, war das Flugzeug bei schlechten Witterungs- und Sichtverhältnissen wegen zu geringer Flughöhe in der Nähe von S an einem Berg zerschellt. Das Gericht kam zur Auffassung, dass Dr. D trotz mangelhafter Sicht den Flug fortgesetzt und damit den Absturz des Flugzeuges fahrlässig verursacht habe. Es sprach den Hinterbliebenen der getöteten Fluggäste Schadensersatzansprüche gegen ihn zu. Diese Ansprüche gingen nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz auf den Freistaat Bayern über, soweit dieser den Hinterbliebenen beamtenrechtliche Versorgung gewährte, und richteten sich nach dem Tod von Dr. D gegen seine Frau als Alleinerbin. Weiter stellte das Oberlandesgericht fest, dass Dr. D die beiden Fluggäste aus Gefälligkeit mitgenommen hatte.
Frau Dr. D verglich sich gerichtlich mit dem Freistaat Bayern auf einen Schadensersatzanspruch in Höhe von DM, mit den Hinterbliebenen von Herrn R Sch in Höhe von DM, die in 1992 gezahlt wurden, und mit den Hinterbliebenen von Herrn N Sch in Höhe von DM, die ebenfalls im Jahr 1992 gezahlt wurden. Im Zusammenhang mit dem Schadensersatzprozess entstanden Frau Dr. D außerdem Aufwendungen für Anwalts- und Prozesskosten, u.a. in den Streitjahren 1988 in Höhe von DM, in 1989 in Höhe von DM, in 1990 in Höhe von DM, in 1991 in Höhe von DM und in 1992 in Höhe von DM.
Auch unter Berücksichtigung dieser Zahlungsverpflichtungen ergab sich für Frau Dr. D ein Reinnachlass in Höhe von DM (vgl. Einspruchsentscheidung des Finanzamts Kaufbeuren vom 10. November 1995 über den Erbschaftsteuerbescheid vom 20. Oktober 1993).
Insgesamt ergaben sich für die Streitjahre folgende Beträge, die das beklagte Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung von Frau Dr. D nicht als Betriebsausgaben anerkannte:
1988 |
… DM |
1989 |
… DM |
1990 |
… DM |
1991 |
… DM |
1992 |
… DM |
In den geänderten Einkommensteuerbescheiden für 1988 vom 30. November 1994 und für 1989 bis 1992 vom 13. Dezember 1995 versagte das Finanzamt jeweils eine Anerkennung dieser Aufwendungen als Betriebsausgaben. Die Einsprüche hiergegen blieben erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 24. Mai 1996).
Mit der Klage tragen die Klägerinnen im Wesentlichen vor:
Aufwendungen zur Beseitigung der Folgen eines Unfalls auf einem der betrieblichen Sphäre zuzurechnenden Flug zu einer Fortbildungsveranstaltung seien in vollem Umfang Betriebsausgaben und umfassten insbesondere auch die Schadensersatzansprüche, die für die aus privater Motivation zum Mitflug eingeladenen Personen entstanden seien.
Der Flug, auf dem sich das Unglück ereignete, sei der betrieblichen Sphäre des Steuerpflichtigen zuzurechnen, weil Dr. D zu einer Fortbildungsveranstaltung im Rahmen seiner freiberuflichen Zahnarzttätigkeit geflogen sei. Die Aufwendungen, die er im Jahr 1983 für diesen Flug getätigt habe (Benzin, Chartergebühr etc.), seien daher betrieblich veranlasst gewesen und deshalb auch als Betriebsausgaben vom Finanzamt anerkannt worden. Da das die Schadensersatzverpflichtung auslösende Ereignis, der Flugunfall, ein zur Erwerbstätigkeit des Dr. D gehörender Umstand sei, seien auch allen anderen Unfallfolgekosten zu den Betriebsausgaben zu rechnen. Auf der Grundlage dieser Rechtsauffassung habe das ...