rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Absetzung für außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) im Bereich der Überschusseinkünfte. Arbeitsmittel
Leitsatz (redaktionell)
1. Die außergewöhnliche „Abnutzung” i. S. d. § 7 Abs. 1 S. 7 EStG geschieht durch Einwirken auf das Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit seiner steuerbaren Nutzung.
2. Ein wirtschaftlicher Verbrauch ist nur anzunehmen, wenn objektiv die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen (anderweitigen) Nutzung oder Verwertung endgültig entfallen ist. Unerheblich ist, ob es sich um eine Nutzung im Rahmen einer steuerlichen Einkünfteerzielung oder aus privater Veranlassung handelt. Denn die wirtschaftliche Nutzungsdauer hängt nicht davon ab, dass der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut zur Erzielung von Einkünften nutzt.
3. Eine AfaA kann daher nicht allein deshalb vorgenommen werden, weil das Wirtschaftsgut dem Steuerpflichtigen nicht mehr als Arbeitsmittel i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 EStG dient.
4. Lediglich unbestimmte Zukunftsentwicklungen genügen nicht, um eine außergewöhnliche wirtschaftliche Abnutzung anzunehmen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6 S. 2, Nr. 7, § 7 Abs. 1 S. 7
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen bis zum 20. August 2015 die Klägerin zu 56 % und der Beklagte zu 44 %, die danach entstandenen Kosten trägt die Klägerin allein.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Berücksichtigung einer Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA).
Die Klägerin, geboren xxx, wurde im Streitjahr 2012 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt, § 26a Einkommensteuergesetz (EStG). Sie erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung.
Im Juli 2009 schaffte die Klägerin Büromöbel (Regale, Schreibtisch und Sideboard) im Wert von 8.332 EUR an, im Januar 2010 einen Stuhl für 859 EUR, im Februar 2010 eine Leuchte für 35 EUR und im Dezember 2011 einen Beistelltisch im Wert von 363 EUR. Diese dienten zur Einrichtung ihres Arbeitszimmers, das sie teilweise zur Erbringung ihrer Arbeitsleistungen nutzte. Bei den Veranlagungen zur Einkommensteuer 2009 bis 2011 wurden erklärungsgemäß Absetzungen für Abnutzung (AfA) für die Büromöbel in Höhe von 923 EUR, 1.845 EUR und 1.918 EUR bei den Einkünften der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit ihrem bisherigen Arbeitgeber endete am 30. April 2012. (…)
In ihrer Steuererklärung für das Streitjahr machte die Klägerin bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für Büromöbel (als restliche AfA) in Höhe von 4.903 EUR geltend und begründete dies damit, dass diese Aufwendungen dem Restbuchwert der Büromöbel zum 31. Dezember 2011 entsprächen.
Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) folgte der Steuererklärung teilweise nicht und setzte die Einkommensteuer 2012 auf 50.310 EUR fest (Bescheid vom 6. März 2014). U. a. ließ es bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für Arbeitsmittel lediglich in Höhe von 1.933 EUR, davon 1.918 EUR für Büromöbel, zum Abzug zu. Die beantragte AfaA könne nicht gewährt werden, da diese nur bei Diebstahl oder Zerstörung der Möbel gerechtfertigt sei. Der Bescheid erging gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Seine Einspruchsentscheidung vom 18. März 2015 begründete das FA im Wesentlichen damit, der Klägerin habe bei ihrem Arbeitgeber ein „anderer Arbeitsplatz” i. S. d. § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Buchstabe b Satz 1 EStG zur Verfügung gestanden. Daher seien Kosten für ein Arbeitszimmer nicht abziehbar. Ein Abzug von Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände als Arbeitsmittel gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG käme lediglich insoweit in Betracht, als sie sich bei ihrem Einsatz zur Einkünfteerzielung abgenutzt haben. Erwerb und Abgang von Wirtschaftsgütern seien hingegen der – im Rahmen der Überschusseinkünfte wie den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit steuerlich nicht relevanten – Vermögenssphäre zuzuordnen.
Dagegen erhob die Klägerin Klage.
Mit gem. § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 5. Mai 2015 erhöhte das FA die Einkommensteuer 2012 auf 51.360 EUR. Dabei unterwarf es die im Streitjahr vereinnahmte Abfindung dem regulären Steuersatz. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob das FA auf. Diesbezüglich erweiterte die Klägerin ihre Klage. Insoweit hat das FA dem Klagebegehren entsprochen und die Abfindung mit geändertem Bescheid vom 20. August 2015 wieder dem ermäßigten Steuersatz unterworfen. Die Steuer setzte es auf 50.310 EUR herab.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiter den Abzug von Abschreibung für die Büromöbel in Höhe von 4.903 EUR und begrü...