Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorausvermächtnis in Gestalt eines Kaufrechts
Leitsatz (redaktionell)
Ein Vorausvermächtnis in Gestalt eines Kaufrechtsvermächtnisses liegt nicht vor, wenn jeder der Miterben das Recht hat, ein Nachlassgrundstück zu einem unter Umständen unter dem Verkehrswert liegenden Preis zu ersteigern.
Normenkette
ErbStG § 3 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung des Bescheides vom 26. März 1996 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. Juni 1996 und der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2003 wird die Erbschaftsteuer auf 6.560 DM (3.354,06 EUR) festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Vorausvermächtnis in Form eines Kaufrechtsvermächtnisses vorliegt, bzw. die Höhe eines solchen Vermächtnisses.
I.
Die Erblasserin, Frau, verstarb am 08. März 1994. Sie wurde von 17 Erben beerbt. Die Erbquote des Klägers beträgt 2 %. Im ursprünglichen, mit ihrem bereits früher verstorbenen Ehemann Dr. gemeinsamen Testament vom 08. Juli 1975, geändert und ergänzt in mehreren Nachträgen, verfügte sie am 01. März 1967 über das Anwesen L (Einheitswert 140 % 93.240 DM, Bl. 4, 59 Bd. I./FA-Akte): „Der Testamentsvollstrecker soll bezüglich dieses Hauses eine geschlossene Versteigerung durchführen nach folgenden Regeln:
Zugelassen zur 1. Versteigerung werden:
- …
- Dr. med.A (gest. 20. Juni 1977), Berlin, sowie seine 2 Kinder
- Maria und ihre 3 Kinder
- Irmgard und ihre 4 Kinder
- Dr. J und seine 4 Kinder
Das Grundstück erhält derjenige von den zur Versteigerung zugelassenen Personen, der das höchste Gebot legt, mindestens jedoch 7/10 des Verkehrswertes, den der Testamentsvollstrecker durch einen vereidigten Sachverständigen hat ermitteln lassen.
Derjenige, der auf diese Weise das Meistgebot gelegt hat, erwirbt dann von der Erbengemeinschaft, vertreten durch den Testamentsvollstrecker, das Grundstück zu den Bedingungen des Meistgebotes mit folgender Zahlungsmodalität:
Binnen 3 Monate nach Legung des Gebotes ist die Hälfte des Kaufpreises in bar an den Testamentsvollstrecker zu bezahlen. Die 2. Hälfte des Kaufpreises ist in 10 gleichen Jahresraten zu bezahlen, der jeweilige Kaufpreisrest ist mit 4 % zu verzinsen. Für die 2. Kaufpreishälfte ist eine Sicherungshypothek am Grundstück zu bestellen, die die Rangstelle nach einer vorrangigen Hypothek von höchstens 50 % des Gesamtkaufpreises hat. Bei Zahlungsverzug kann die Restforderung sofort fällig gestellt werden. Im Übrigen bestimmt die Bedingungen der Testamentsvollstrecker.
Kommt es bei dieser 1. Ausbietung im geschlossenen Kreis zu keinem Gebot, das 70 % des Verkehrswertes erreicht, so hat der Testamentsvollstrecker ein 2. Bietungsverfahren mit folgenden Personen durchzuführen:
- C mit Tochter
- E mit Tochter
- Dr. H mit Kindern
Wird auch von diesem Personenkreis kein Angebot in Höhe von 7/10 des Verkehrswertes abgegeben, hat der Testamentsvollstrecker das Anwesen L bestmöglich zu verwerten”.
Mit Gutachten vom 16. Dezember 1994 ermittelte Herr Dipl-Ing. (von der Industrie-und Handelskammer öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für bebaute und unbebaute Grundstücke) den Verkehrswert des Wohn-und Geschäftshauses in L mit 1.312.000 DM.
Bei der ersten geschlossenen Versteigerung gab der Kläger das höchste Gebot und erwarb das Grundstück mit Kaufvertrag vom 27. November 1995 für 871.652 DM, wobei auf Stundung der zweiten Kaufpreishälfte verzichtet und der Zahlungsbetrag entsprechend abgezinst wurde.
Mit Erbschaftsteuerbescheiden vom 26. März 1996 ermittelte der Beklagte, das Finanzamt, den Wert des Reinnachlasses auf 1.349.589 DM (EW-Grundstück 93.240 DM zuzüglich Wertpapiere und Guthaben s. Bl. 114). Bei dem Kläger ging das Finanzamt zusätzlich neben seinem Erbanteil von 26.991 DM (s. Bl. 118/FA-Akte) bezüglich des Grundstücks von einem ihm zusätzlich zugewandten Kaufrechtsvermächtnis in Höhe von 470.375 DM (gemeiner Wert des Grundstücks lt. Gutachten 1.312.000 DM ./. Zahlung an die Erben 871.625 DM) aus. Bei den übrigen Erben ging das Finanzamt vom Einheitswert abzüglich des gemeinen Werts des Kaufrechtsvermächtnisses in Höhe von 440.375 DM aus (Bl. 67/FA-Akte). Die Bescheide ergingen auch vorläufig gem. § 165 Abs. 1 AO hinsichtlich der Höhe von Steuererstattungen und Steuerschulden der Erblasserin. Diese Bescheide wurden gem. § 165 Abs. 2 AO am 17. Juni 1992 wegen Steuerstattung i. H. v. 1.620 DM geändert (s. Bl. 136/FA-Akte), wobei ein Reinnachlass i. H. v. 1.351.209 DM zu Grunde gelegt wurde. Im Einspruchsverfahren brachte der Kläger vor, dass kein Kaufrechtsvermächtnis vorgelegen habe. Die E...