rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwendungen gegen die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers anstelle des Arbeitgebers wegen der nicht vorschriftsmäßigen Anmeldung von Lohnsteuerbeträgen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ermessenserwägungen, ob eine Inanspruchnahme des Arbeitsnehmers als Schuldner der festgesetzten Steuer (§ 38 Abs. 2 Satz 1 EStG) anstelle des Arbeitgebers geboten war, können vom Finanzamt nicht bei Einkommensteueränderungsbescheiden angestellt werden, denn die Änderung von Steuerbescheiden nach § 173 AO ist eine gebundene Entscheidung.
2. Das Auswahlermessen gemäß § 42d Abs. 3 EStG gilt nur im Lohnsteuerverfahren (Vorauszahlungsverfahren), nicht aber, wenn es um die Geltendmachung der Jahressteuerschuld geht; die Fassung des Gesetzes ist insoweit irreführend.
3. Einwendungen, dass der Kläger für die nachzuerhebende Lohnsteuer ermessensfehlerhaft anstelle des Arbeitgebers in Anspruch genommen wird, müssen als Einwendungen gegen den Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) vorgebracht werden.
4. Bei der Entscheidung über den Erlass eines Haftungsbescheides gemäß § 42 d EStG steht dem Finanzamt ein Entschließungsermessen und ein Auswahlermessen zu.
Normenkette
EStG § 38 Abs. 2 S. 1, § 42d Abs. 1, 3; AO §§ 5, 173 Abs. 1 Nr. 1, § 218 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt Einkommensteuerbescheide aufgrund von Kontrollmitteilungen der Lohnsteuer-Außenprüfung ändern durfte.
I.
Die Kläger werden gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war in den Streitjahren 1997 bis 1999 bei der Firma L […] als Bauleiter beschäftigt. Das Beschäftigungsverhältnis endete am 12. Februar 2002. Im Anschluss an eine im November 2002 durchgeführte Lohnsteuer-Außenprüfung beim Arbeitgeber des Klägers vertrat der Beklagte (das Finanzamt – FA –) nach einer entsprechenden Kontrollmitteilung des Betriebsstätten-FA die Auffassung, der Kläger habe in den Streitjahren sonstige Bezüge wegen der unentgeltlichen privaten Nutzung eines Firmenwagens bezogen. Das FA sah darin den Zufluss von Arbeitslohn in einer jährlichen Höhe von 8.736 DM und erließ am 23. Dezember 2002 für das Jahr 1997 und am 13. Februar 2003 für die Jahre 1998 und 1999 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) geänderte Einkommensteuerbescheide. Die Einkommensteuererhöhungen führten zu Nachzahlungen, da keine entsprechenden Lohnsteuerbeträge angerechnet wurden.
Mit dem Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 1997 vom 23. Dezember 2002 machte der Kläger geltend, seine Inanspruchnahme durch den Einkommensteuerbescheid sei ermessensfehlerhaft. Während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses von rund 34 Jahren habe er für Privatfahrten und für den Arbeitsweg einen Firmen-Pkw benutzt. Bis Ende des Jahres 1999 sei dafür vom Arbeitgeber keine Lohnsteuer einbehalten worden. Denn der Arbeitgeber L habe sich von Anfang an bereit erklärt, die Steuer selbst zu übernehmen. Die private Kfz-Nutzung sei ein Nettolohn gewesen und es sei für ihn selbstverständlich gewesen, dass in den Lohnabrechnungen kein Kfz-Sachbezug abgerechnet wurde. Diese Vereinbarung sei nur mündlich getroffen worden. Der Arbeitgeber habe sich aber im Lauf der Jahre wiederholt dahin geäußert, dass die Versteuerung seine Sache sei und sich der Kläger um nichts kümmern müsse. Dass ab dem 01.01.2000 der Lohnsteuerabzug von L anders gehandhabt worden sei, sei der schlüssige Beweis dafür, dass diese Ausführungen zutreffen würden. Der Kläger habe sich über die geänderte Handhabung ab dem Jahr 2000 gewundert. Auf eine entsprechende Rückfrage bei L sei er nur auf die Rechtslage hingewiesen worden. Der ehemalige Geschäftsführer, der ihm die mündliche Zusage gegeben habe, sei inzwischen aber verstorben gewesen. Der Kläger habe krankheitsbedingt und wegen der damit zusammenhängenden Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr gegen die geänderte Handhabung durch L vorgehen können und habe alles dann so hingenommen. Dass L die Lohnsteuer für die private Nutzung des Firmen-Kfz in den Streitjahren nicht ordnungsgemäß einbehalten und abgeführt habe, sei von ihm nicht zu vertreten. Es sei ihm nun bekannt geworden, dass die ehemalige Geschäftsleitung von L nicht nur ihm, sondern mehreren Arbeitnehmern mündlich zugesagt habe, dass sie die Lohnsteuer auf die private Kfz-Nutzung übernehmen werde. Im Übrigen beantrage er nun nachträglich bei der Einkommensteuerfestsetzung die bisher nicht geltend gemachten Werbungskosten für die Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte (230 Tage, 25 Entfernungskilometern) zu berücksichtigen.
Mit Bescheid vom 13. Februar 2003 hat das FA den Einkommensteueränderungsbescheid für 1997 erneut geändert und die beantragten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wegen der Fahrten von der Wohnung zur Arbeitsstätte in Höhe von 4.025 DM berücksichtigt. In den beiden Einkommensteueränderungsbescheiden für 1998 und 1999 vom 13. Februar 2003 hat das FA ebenfalls Werbungsko...