rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsinanspruchnahme des Beteiligten an der Hinterziehung von Tabaksteuer
Leitsatz (redaktionell)
Wer eine Lagerhalle zur Verfügung stellt und beim Umladen von Zigaretten hilft, leistet Beihilfe zur Steuerhinterziehung, die durch unzulässiges Verbringen der Zigaretten nach Deutschland begangen worden ist.
Das FG kann sich die rechtskräftigen Feststellungen eines Strafurteils zu Eigen machen.
Die Inanspruchnahme des Beteiligten an der Steuerhinterziehung durch Haftungsbescheid muss nicht besonders begründet werden.
Normenkette
AO § 44 Abs. 1, §§ 71, 191 Abs. 1, § 370 Abs. 1; TabStG § 19; RL (EWG) Nr. 92/12 Art. 6 Abs. 1 S. 2 Buchst. c
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Kläger zu Recht als Haftender für Tabaksteuer in Anspruch genommen wurde.
Der Kläger wurde am 5. Juli 2006 festgenommen als er bei der Abladung von 1.007.400 Stück unverzollter und unversteuerter Zigaretten von einem türkischen Lkw in einer Lagerhalle in X angetroffen wurde.
Bei seiner Beschuldigtenvernehmung am 10. Juli 2006 erklärte der Kläger, nach dem Abladen des ersten Lkw vor ein paar Wochen gewusst zu haben, dass sich auf diesem Zigaretten befanden. Er habe hierfür 150,– EUR und 13 Stangen Zigaretten erhalten.
Der Beklagte (das Hauptzollamt) nahm den Kläger deshalb mit Haftungsbescheid vom 10. August 2006 gem. § 71 Abgabenordnung (AO) als Gesamtschuldner für 137.163,38 EUR Tabaksteuer in Anspruch, weil er Beteiligter an der Hinterziehung von Tabaksteuer sei, die durch das Verbringen der Zigaretten aus dem verbrauchsteuerrechtlich freien Verkehr Österreichs nach Deutschland entstanden sei.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren wurde bis zur endgültigen Entscheidung über das gegen den Kläger anhängige Strafverfahren ausgesetzt. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts X vom 14. Mai 2007 wurde der Kläger u.a. wegen des hier streitgegenständlichen Sachverhalts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gesprochen. Unter Pkt. II. Nr. 4 der Urteilgründe ist u. a. ausgeführt, dass der anderweitig Beschuldigte S die 1.007.400 Stück Zigaretten am 5. Juli 2006 vorschriftswidrig aus Rumänien über Ungarn in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt und sodann über P, in das Verbrauchsteuergebiet der Bundesrepublik Deutschland verbracht habe. Dieser habe die Zigaretten zu der Lagerhalle in X gefahren, wo der Kläger den Lkw in Empfang genommen und gemeinsam mit den Zeugen O entladen habe. Des Weiteren wurde festgestellt, dass dem Kläger bewusst gewesen sei, dass es unversteuerte und unverzollte Zigaretten waren, die umgeladenen wurden. Da der Kläger die ihm zur Last gelegte Tat voll eingeräumt hat und seine Angaben mit den Ermittlungen der Zollfahndung übereinstimmen, hatte das Landgericht keine Zweifel an der Richtigkeit seines Geständnisses. Das umfassende Geständnis wurde auch strafmildernd berücksichtigt.
Daraufhin wies das Hauptzollamt den Einspruch gegen den Haftungsbescheid mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2007 als unbegründet zurück.
Mit seiner hiergegen erhobenen Klage bringt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:
Das Hauptzollamt sei nicht an die tatsächlichen Feststellungen des vorangegangenen strafrechtlichen Verfahrens gebunden. Das Strafurteil beruhe auf einer Absprache mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft. Er habe weder beim Be- noch beim Entladen der Zigaretten geholfen. Ebenso wenig habe er bis Juni 2006 Kenntnis davon gehabt, dass sich in den umgeladenen Kartons Zigaretten befunden haben. Erst als er zu diesem Zeitpunkt als Entlohnung 20 Stangen Zigaretten, aber kein Geld, erhalten habe und auf Nachfrage, wo denn die Zigaretten herkämen, erfahren habe, dass sich diese in den Kartons befunden hätten, habe er zu dem anderweitig Beschuldigten B gesagt, dass er damit nichts mehr zu tun haben wolle. Ende Juli habe er auf Bitten des B aber wieder beim Abladen von Kartons von einem Lkw geholfen. Er habe zwar nicht gewusst, aber geahnt, dass es sich dabei um Zigaretten handeln könnte.
Außerdem sei seine Inanspruchnahme ermessensfehlerhaft, weil die Tatsache, dass er lediglich der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig und sein Tatbeitrag – im Vergleich zu den anderen Tatbeteiligten – sehr gering gewesen sei, nicht berücksichtigt worden sei.
Der Kläger beantragt, den Haftungsbescheid vom 10. August 2006 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bezieht sich im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und bringt ergänzend vor, dass das Ermittlungsergebnis und die Feststellungen im Urteil des Landgerichts X den Einlassungen des Klägers widersprächen. Die Inanspruchnahme des Klägers sei auch nicht ermessensfehlerhaft, weil im Falle der Beteiligung an einer Steuerhinterziehung das Ermessen in der Weise vorgeprägt sei, den Teilnehmer an der Steuerhinterziehung als Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen.
Wegen der weiteren Ei...