rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Bevollmächtigung; keine Fristverlängerung nach Ablauf einer Ausschlussfrist; stillschweigende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Nachweis der Bevollmächtigung ist nicht fristgerecht erbracht, wenn innerhalb der vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist nur per Telefax eine Kopie einer Vollmacht eingeht.
2. Eine stillschweigende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch das Gericht ist nicht zulässig. Das Gericht hat auch nicht dadurch Wiedereinsetzung gewährt, dass es nach Ablauf der Ausschlussfrist den Bevollmächtigten erneut zur Einreichung der Prozessvollmacht im Original aufgefordert sowie später einen Abtrennungsbeschluss erlassen, also die Zulässigkeit der Klage untestellt hat
3. Ein Ausschlussfrist richterlicher Natur kann zwar verlängert werden, aber nur vor und nicht nach ihrem Ablauf.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3 Sätze 3, 1, § 56 Abs. 1; BGB § 172; FGO § 62 Abs. 3 S. 2
Gründe
I.
Der frühere Prozeßbevollmächtigte hat mit Telefax vom 13.12.1995 namens der Kläger Klage erhoben. Am 22.12.1995 wurde er aufgefordert, bis 15. Februar 1996 unter anderem eine auf ihn lautende Vollmacht nachzureichen, unterzeichnet durch beide Ehegatten. Am 22.02.1996 erließ der damals zuständige Berichterstatter eine Anordnung nach § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und setzte eine Frist zur Vorlage bis 31.03.1996. Diese Anordnung hatte folgenden Wortlaut:
„Die nach § 62 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) einzureichende Vollmacht beider Kläger wurde bisher nicht vorgelegt. Gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO wird hiermit für die Nachreichung der Vollmacht eine Frist mit ausschließender Wirkung bis 31.03.1996 gesetzt. Die Klage muß bei Versäumung dieser Frist -vorbehaltlich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Frist (§ 56 FGO)- als unzulässig abgewiesen werden.”
Die Anordnung wurde dem damaligen Prozeßbevollmächtigten mit Postzustellungsurkunde am 27.02.1996 persönlich zugestellt. Am 31.03.1996, um 23.00 Uhr ging per Telefax die Kopie einer Vollmacht vom 21.02.1996 ein, zusammen mit Ausführungen zur Klagebegründung.
Der klägerische Schriftsatz wurde dem beklagten Finanzamt am 11.04.1996 mit der Bitte um Stellungnahme und Aktenvorlage bis 15. Mai 1996 zugeleitet. Der Klägervertreter erhielt ein Schreiben des Berichterstatters vom selben Tage folgenden Inhalts:
„Sie werden gebeten, bis 30.04.1996 die Prozeßvollmacht im Original nachzureichen.
BFH-Urteil vom 28. November 1995 VII R 63/95, BStBl II 1996, 105. Die Ausschlußfrist vom 22.02.1996 wirkt insofern fort.”
Am 29.04.1996 ging eine am 26.04.1996 ausgestellte Vollmacht der Kläger im Original ein. Mit Beschluß vom 14.11.1996 hat der damals zuständige Senat die Streitsache betreffend Umsatzsteuer 1989-1991 abgetrennt und dem 14. Senat zur Entscheidung überwiesen. Dieses Verfahren erledigte sich zwischenzeitlich außergerichtlich. Mit Schreiben vom 5.5.1999 hat der, nach Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb des Gerichtes, neue Berichterstatter darauf hingewiesen, daß die Klage nach Aktenlage unzulässig sei.
Die Kläger halten die Klage für zulässig, da die Vollmacht fristgerecht vorgelegt worden wäre. Nur hierzu seien sie aufgefordert gewesen. Erst mit der späteren Vorlage im Original wäre die gesetzte Ausschlußfrist versäumt worden. Mit der Vorlage per Fax habe aber nicht festgestanden, daß der Prozeßbevollmächtigte der Kläger als vollmachtloser Vertreter gehandelt hätte. Es habe zu diesem Zeitpunkt für den damaligen Berichterstatter lediglich festgestanden, daß mangels Vorlage des Originals der -immerhin aber fristgerecht vorgelegten- Vollmacht eine Fälschungsmöglichkeit anhaftete. Die Aufforderung vom 11.04.1996 des damaligen Berichterstatters sei als eine rückwirkende Verlängerung der eigentlich abgelaufenen Frist zu verstehen, der der Prozeßbevollmächtigte der Kläger am 26.04.1996 auch nachgekommen sei. Daß diese Vollmacht erst am 26.04.1996 ausgestellt worden sei, sei unschädlich, jedenfalls hätten die Kläger eine bis dato möglicherweise bestehende Vollmachtslosigkeit nachträglich genehmigt, also auch die Klageerhebung.
Die Vorlage einer Original-Vollmacht stelle im übrigen keine Prozeßhandlung dar. Die Ausschlußfrist des § 62 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz FGO sei keine Notfrist, sondern bleibe Richterfrist. Die Konsequenz des Prozeßverlustes könne also nur bei Nichtvorlage eingreifen. Sie könne des weiteren nur eingreifen, wenn die Konsequenz im ersten Aufforderungsschreiben bereits angedroht sei. Auch dies sei nicht der Fall gewesen. Es könne nicht angehen, daß Richterfristen eine stärkere nachteilige Wirkung entfalten als Notfristen, die das Gesetz aber ständig an entsprechende Belehrungsfristen durch den Richter knüpft. Ein Hinweis für den Fall der Nichtvorlage im Original sei der richterlichen Aufforderung definitiv nicht beigefügt gewesen. Solange der Richter die Vorlage im Original nachträglich verlange, verlängere er damit...