Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorläufige Gesellschafter-Gewinnfeststellung einer Mitunternehmerschaft bei Zurückbehaltungsrecht gegenüber Ausschüttungsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Zurechnung des für das Gewinnermittlungssubjekt „Gesellschaft” ermittelten Gewinns auf die Gesellschafter erfolgt grundsätzlich nach dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungschlüssel.
2. Abweichend von diesem Grundstz ist die Zurechnung von Gewinnen im Rahmen einer vorläufigen Gewinnfeststellung nicht zulässig, solange die Gesellschaft den Gewinn unter Berufung auf Zurückbehaltungsrechte nicht ausschüttet. Hat ein Gesellschafter vor Ende des Streits über die Auseinandersetzungsbilanz nicht die Rechtsmacht, die Ausschüttung zu erzwingen, so ist dies bei der Zurechnung seines Gewinnanteils zu berücksichtigen.
Normenkette
AO § 165; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Das Finanzamt wird verpflichtet, die bis zur endgültigen Klärung der Gewinnverteilung aufgrund der derzeitigen Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Klägers weiterhin vorläufigen Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der D GbR für 1998 und 1999 dahingehend zu ändern, dass der dem Kläger vorläufig zugewiesene Gewinn für 1998 um 78.504 DM niedriger und für 1999 um 73.586 DM niedriger festgestellt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte. Die Beigeladen tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob das Finanzamt verpflichtet ist, den dem Kläger zuzurechnenden Gewinn aus einer Mitunternehmerschaft vorläufig niedriger festzustellen.
Die Kläger war bis zum 19. Oktober 1999 Gesellschafter der D Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden: Gesellschaft). Die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung der Streitjahre 1998 und 1999 erfolgt durch den Beklagten -das Finanzamt (FA).
Die gesellschaftsvertraglichen Gewinnbezugsrechte für die Gewinnermittlungszeiträume 1998 und 1. Januar 1999 bis 19. Oktober 1999 gestalteten sich wie folgt: Die Gesellschafter erhielten einen monatlichen Gewinnvoraus und Vorausabgeltung für gewisse Aufwendungen. Dem Gesellschafter D (Beigeladener zu 1) stand vom danach verbleibenden „Verteilungsgewinn” ein Anteil von 70% zu, der Gesellschafterin U (Beigeladene zu 2) und dem Kläger je ein Anteil von 15%. Die Gesellschaft ermittelte den Gewinn nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Wegen der Gewinnermittlung im Einzelnen wird auf die Feststellungsakte verwiesen: 1998 Bl. 5, 1999 Bl. 40).
Das Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft war von Streitigkeiten überschattet bzw. durch solche ausgelöst worden. Insbesondere machte die Gesellschaft Schadenersatzansprüche und Zurückbehaltungsrechte gegenüber dem Kläger geltend. Der dem Kläger zugewiesene Gewinn wurde aufgrund der vorstehend dargestellten Streitigkeiten nicht vollständig ausgeschüttet, in Beträgen (DM):
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1998 |
1999 |
festgestellter Gewinnanteil des Klägers |
282.504 |
181.586 |
dem Kläger von der Gesellschaft ausgezahlte Vorabvergütung |
-144.000 |
-108.000 |
weitere Auszahlung von der Gesellschaft an den Kläger |
-60.000 |
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noch nicht ausbezahlter Rest |
78.504 |
73.586 |
dem Kläger somit von der Gesellschaft ausgezahlte Vorabvergütung |
204.000 |
108.000 |
Die Feststellungsbescheide vom 22. März 2000, geändert mit Bescheid vom 19. April 2000 (für 1998) und vom 10. Mai 2001 (für 1999) ergingen (mit vermerktem Vorbehalt der Nachprüfung) unter Übernahme der von der Gesellschaft erklärten Beträge und nach dem vorstehenden Gewinnverteilungsschlüssel, der Gewinn jeweils um die gesondert vom Kläger erklärten Sonderbetriebsausgaben (zuletzt 3.254 DM) korrigiert. Festgestellt wurden für die Streitjahre jeweils „Einkünfte aus selbständiger Arbeit – einschließlich Veräußerungsgewinne, jedoch vor Abzug eines etwaigen Freibetrags nach § 18 Abs. 3 EStG”. In der beigefügten Anlage ist der laufende Gewinn im Wesentlichen wie erklärt und in – vorbehaltlich des Klagevortrags – unstreitiger Höhe ausgewiesen. Das Feld für die Eintragung eines Veräußerungsgewinnes/-verlusts blieb unausgefüllt.
Mit seinen Einsprüchen gegen die Feststellungen für 1998 und 1999 begehrt der Kläger, den ihm zugewiesenen Gewinnanteil um den nicht ausgeschütteten Betrag zu kürzen. Nach Abschluss der Betriebsprüfung hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung auf (Feststellungsbescheide vom 26. April 2002). Angesichts der fortlaufenden zivilgerichtlichen Streitigkeiten über die Auseinandersetzung der Gesellschafter ergingen diese Bescheide teilweise vorläufig „bis zur endgültigen Klärung der Gewinnverteilung aufgrund der derzeitigen Gerich...