rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Verstoß gegen höherrangiges Recht durch zwingenden Widerruf der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft bei Rechtsanwalt als einzigem verbliebenen Geschäftsführer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Steuerberatungsgesellschaft (hier: in der Rechtsform einer GmbH), in der nur ein Rechtsanwalt einziger Geschäftsführer ist, erfüllt die Voraussetzungen für die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft nicht. Ebenso wenig genügt es, wenn ein Steuerberater lediglich „pro forma” zum Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft bestellt wird.

2. Hat ein Steuerberater sein Amt als zusätzlicher Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft niedergelegt und ist nunmehr ein Rechtsanwalt der einzig verbliebene Geschäftsführer der Steuerberatungsgesellschaft, so kann die Steuerberaterkammer dem Rechtsanwalt wirksam den Widerruf der Anerkennung der Steuerberatungsgesellschaft zustellen.

3. Bei nachträglichem Wegfall der Voraussetzungen für die Anerkennung der Gesellschaft i. S. d. § 55 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 StBerG ist die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft zwingend zu widerrufen, es sei denn, dass die Gesellschaft innerhalb einer angemessenen, von der Steuerberaterkammer zu bestimmenden Frist den dem Gesetz entsprechenden Zustand (wieder) herbeiführt. Eine Frist von vier Monaten ist insoweit als angemessen zu betrachten, wenn dem Bevollmächtigten der Gesellschaft als deren Geschäftsführer bereits seit längerem bekannt gewesen ist, dass der weitere Geschäftsführer, der als einziger über die formale Berufsqualifikation als Steuerberater verfügt hat, bereits seit etlichen Monaten seine Amtsniederlegung betrieben hat.

4. Die gesetzlichen Bestimmungen über die Voraussetzungen der Anerkennung einer Steuerberatungsgesellschaft, insbesondere die Vorschriften der § 32 Abs. 3 S. 2, § 50 Abs. 1 S. 1 StBerG verstoßen nicht gegen das GG, insbesondere nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG, stellen auch keine unzulässige Diskriminierung von Rechtsanwälten dar und verstoßen auch nicht gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 14 MRK.

 

Normenkette

StBerG § 50 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 55 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 32 Abs. 3 S. 2, Abs. 2 S. 1, § 49 Abs. 1, 3 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1; EMRK Art. 14

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 16.12.2015; Aktenzeichen VII B 59/15)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Anerkennung der Klägerin als Steuerberatungsgesellschaft.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) mit Sitz in X, wurde mit einem Stammkapital von 50.000 DM durch Gesellschaftsvertrag vom 2. Dezember 1992 von Rechtsanwalt A aus X, ihrem Prozessbevollmächtigten im vorliegenden Verfahren (Geschäftsanteil: 49.000 DM), und von Steuerberater B aus X (Geschäftsanteil: 1.000 DM) gegründet. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin war zunächst nur Steuerberater B. Die Klägerin erhielt von der Beklagten die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft und wurde als solche am 17. März 1993 im Handelsregister des Amtsgerichts X eingetragen. Der Mehrheitsgesellschafter Rechtsanwalt A wurde am 2. November 2010 zusätzlich als weiterer einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Klägerin im Handelsregister eingetragen. Der von der Beklagten vorgelegten Behördenakte lässt sich entnehmen, dass Steuerberater B laut seinem Schreiben an den Beklagten vom 6. Dezember 2013 seit geraumer Zeit die Niederlegung seines Amtes als Geschäftsführer der Klägerin betrieben und dies erst nach Einschaltung eines anwaltlichen Vertreters und Abgabe einer entsprechenden, beurkundeten Erklärung vor dem Notar … am 15. November 2013 erreicht hatte. Ausweislich des Aktenvermerks der Beklagten vom 2. Dezember 2013 war diese von dritter Seite auf den ihr bis dahin nicht bekannt gegebenen Umstand der Eintragung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin als deren Geschäftsführer aufmerksam gemacht worden. Bei dem Versuch, die Rechtslage sowie den Grund der unterlassenen Meldung der Änderung der Geschäftsführung der Klägerin zu klären, stellte sie zudem fest, dass deren Telefonnummer mit den Kontaktdaten einer Immobilienverwaltungsgesellschaft verknüpft war, worauf sie nunmehr auch wegen des Verdachts einer Berufspflichtverletzung gegen die Klägerin ermittelte. Nachdem die diesbezüglich an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 17. Oktober 2013 und vom 30. Oktober 2013 wegen Unzustellbarkeit mit jeweils durchgestrichener Adresse zurückgesendet wurden, beschloss der Berufsrechts- und Berufsaufsichtsausschuss der Beklagten am 13. Dezember 2013 u.a. gegen die Klägerin ein Verfahren wegen Widerrufs der Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft einzuleiten. Am 16. Januar 2014 folgte die Eintragung des Ausscheidens des Steuerberaters B als Geschäftsführer der Klägerin im Handelsregister. Mit Schreiben der Beklagten vom 20. Januar 2014, das der Klägeri...

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