Entscheidungsstichwort (Thema)
Renovierung eines fremden Daches im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gegen das Recht, das Dach zum Betrieb einer Fotovoltaikanlage zu verwenden, als tauschähnlicher Umsatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein tauschähnlicher Umsatz liegt vor, wenn der Unternehmer ein fremdes Dach im eigenen Namen und auf eigene Rechnung renovieren lässt und dafür das Recht erhält, das Dach zum Betrieb einer Fotovoltaikanlage zu verwenden.
2. Anhaltspunkt für die Bewertung der Gegenleistung sind die Aufwendungen, die dem leistenden Unternehmer für die Leistung entstanden sind.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 12 S. 2, Abs. 4, § 10 Abs. 2 S. 2, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Klägerin gegenüber ihren Eltern eine steuerpflichtige Leistung erbracht hat.
Die Klägerin ließ auf einer im Eigentum ihrer Eltern stehenden Scheune eine Fotovoltaikanlage errichten. Die Scheune wurde von den Eltern zum Abstellen landwirtschaftlicher Geräte genutzt. Die Landwirtschaft wurde aber nicht mehr betrieben, die landwirtschaftlichen Flächen sind verpachtet.
Vor der Errichtung der Fotovoltaikanlage wurden im Auftrag der Klägerin im April 2010 auf dem Süddach der Scheune aus statischen Gründen die Sparren verstärkt, neue Querlatten eingezogen und das Dach neu eingedeckt. Die hierüber ausgestellte Rechnung der Fa. XY GmbH vom 13. April 2010 über … EUR ist auf die Klägerin ausgestellt. Den Vorsteuerabzug hieraus in Höhe von … EUR machte die Klägerin mit der im Januar 2011 eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für April 2010 geltend.
Im Rahmen einer bei der Klägerin ab dem 25. Januar 2011 für den Zeitraum April 2010 durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde u.a. festgestellt, dass die Fotovoltaikanlage auf der streitgegenständlichen Dachfläche fertig gestellt war und von der Klägerin als Unternehmerin betrieben wurde, sowie dass zwischen der Klägerin und ihren Eltern eine mündliche Vereinbarung über die unentgeltliche Nutzung der Dachfläche für 20 Jahre vorgelegen habe.
Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die Klägerin die Leistung der Dacherneuerung im Wege eines tauschähnlichen Umsatzes zur Ausführung einer steuerpflichtigen Werklieferung an ihre Eltern verwendet habe. Die Dacherneuerung sei im Zuge einer Werklieferung im Zeitpunkt des fertigen Werkes an die Eltern weiter geliefert worden und als steuerpflichtige Lieferung mit einer Bemessungsgrundlage von … EUR mit einer darauf entfallenden Umsatzsteuer von … EUR zu besteuern. Der Vorsteuerabzug wurde nur in Höhe von … EUR anerkannt, weil vom Rechnungsbetrag ein Skonto von 2 % (= … EUR) gewährt wurde.
Den Antrag der Klägerin auf Genehmigung der Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten lehnte der Beklagte (das Finanzamt) mit Bescheid vom 7. März 2011 ab.
Mit Bescheid vom 18. März 2011 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer-Vorauszahlung für den Monat April 2010 unter Übernahme der Prüfungsfeststellungen auf 0,07 EUR fest. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 10. November 2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Am 9. Mai 2011 schloss die Klägerin mit ihren Eltern mit Wirkung vom 1. April 2011 für die Dauer von 20 Jahren und 2 Monaten einen schriftlichen Mietvertrag zum Zwecke des Betriebs einer Fotovoltaikanlage auf der südlichen Dachseite der Scheune. Als jährliche Miete wurde ein Betrag von 620,– EUR vereinbart.
Nach Klageerhebung setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für 2010 mit Bescheid vom 6. Juni 2012 auf –… EUR fest.
Mit der Klage wird im Wesentlichen vorgebracht, dass weder eine unentgeltliche Wertabgabe noch ein tauschähnlicher Umsatz vorliege, weil die Klägerin ihre Eltern für die Dauer des Mietverhältnisses von der Nutzung der durch die Dachsanierung erlangten Vorteile ausschließen könne und davon auszugehen sei, dass nach Beendigung des Mietverhältnisses die Eltern keine Vorteile aus der Dachsanierung ziehen könnten, weil dann sowohl die montierte Fotovoltaikanlage als auch das Gebäude als wirtschaftlich abgenutzt angesehen werden könnten. Da es somit an dem Tatbestandsmerkmal der Zuwendung eines wirtschaftlichen Vorteils durch die Klägerin an die Eltern fehle, liege auch kein Leistungsaustausch vor.
Die Klägerin beantragt, unter Änderung des Umsatzsteuerjahresbescheids für 2010 vom 6. Juni 2012 die Umsatzsteuer für 2010 auf –… EUR festzusetzen.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bringt vor, dass zum Zeitpunkt der Sanierung des Daches im April 2010 durch die Klägerin kein Mietvertrag über die Dachnutzung vorgelegen habe. Damit liege eine unentgeltliche Wertabgabe zum Zeitpunkt der Sanierung des Daches vor. Hätte zum Zeitpunkt der Sanierung des Daches ein Mietvertrag vorgelegen, so wäre ein tauschähnlicher Umsatz anzunehmen, da das Gewerk Dachsanierung sofort in das Eigentum der Eltern übergegangen und daher von einer Werklieferung an diese auszugehen wäre. Als Gegenleistung sei die Nutzungsüberlassung des Daches zu sehen.
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