rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterbrechung der Zahlungsverjährung bei AdV von Grundlagenbescheiden. Auslegung von Verwaltungsakten. Ende der AdV

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei Grundlagenbescheiden unterbricht weder der Erlass des Feststellungsbescheides (mangels Leistungsgebots) noch die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Feststellungsbescheides die Verjährung des Steueranspruchs (Zahlungsanspruch aus dem Folgebescheid). Erst die nach § 361 Abs. 3 S. 1 AO für den Fall der AdV eines Grundlagenbescheides im Anschluss daran von Amts wegen angeordnete AdV des Folgebescheides unterbricht die Zahlungsverjährung.

2. Wird die Vollziehung eines Steuerbescheides von der Finanzbehörde nach § 361 AO ausgesetzt, so ist diese Entscheidung ein Verwaltungsakt, der, sofern er nicht nichtig ist oder aufgehoben wird, diejenigen Rechtswirkungen entfaltet, auf die er seinem ggf. durch Auslegung zu ermittelnden Inhalt nach gerichtet ist.

3. Wird die AdV nicht durch eine auflösende Bedingung, z. B. bis zum Eintritt eines – hinreichend genau bestimmten – Ereignisses, befristet, so besteht sie fort, bis die Vollziehungsaussetzung durch eine erneute, dem Betroffenen bekanntzumachende Entscheidung der Finanzbehörde aufgehoben wird; anderenfalls endet sie, sobald die Bedingung eintritt.

 

Normenkette

AO § 218 Abs. 2, § 37 Abs. 2, §§ 228-229, 231, 361 Abs. 3, § 182 Abs. 1 S. 1, § 124 Abs. 2; BGB §§ 133, 157

 

Tenor

1. Unter Änderung des Abrechnungsbescheids vom 2. November 2015 und der Einspruchsentscheidung vom 19. Oktober 2016 wird festgestellt, dass ein Erstattungsanspruch zugunsten der Klägerin in Höhe von 4.158 EUR besteht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 15 % und die Klägerin zu 85 %.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin, eine Gemeinde, ist Gesamtrechtsnachfolger des … 2009 verstorbenen S (Rechtsvorgänger).

Der Rechtsvorgänger war in den Jahren 1979 bis 1993 an den ehemaligen Kommanditgesellschaften der … Firmengruppe mit Sitz in B. beteiligt, die beim Finanzamt … für Körperschaften veranlagt wurden.

Den ehemaligen Beteiligten der Gesellschaften der … Firmengruppe –und damit auch dem Rechtsvorgänger– wurde vom Finanzamt … für Körperschaften aufgrund der Anfechtung der Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide) für die Streitzeiträume 1979 bis 1983 Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. Gegen die im Jahr 2004 und 2005 einzeln bekannt gegebenen Einspruchsentscheidungen i.S. Grundlagenbescheide für 1979 bis 1983 erhoben einige Beteiligte (Muster-) Klagen vor dem Finanzgericht …. Die gegen die klageabweisenden Urteile eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden wies der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschlüssen vom 3. November 2011 als unbegründet zurück. Daraufhin beendete das Finanzamt … für Körperschaften die AdV der Grundlagenbescheide durch Fristablauf.

Im Anschluss an die jeweilige AdV der (erstmaligen und geänderten) Grundlagenbescheide gewährte das Wohnsitzfinanzamt dem Rechtsvorgänger AdV der Folgebescheide (Einkommensteuerbescheide) für 1979 bis 1983. Gegen die erneut geänderten Einkommensteuerbescheide für 1979 bis 1983 vom 28. Mai 1991 legte der Rechtsvorgänger am 24. Juni 1991 beim Wohnsitzfinanzamt Einsprüche ein, die er mit der Berücksichtigung der Grundlagenbescheide begründete. Gleichzeitig beantragte er die AdV dieser Einkommensteuerbescheide, da ernsthafte Zweifel an der wirksamen Bekanntgabe der Grundlagenbescheide und damit an der Änderung der Einkommensteuerbescheide bestünden. Am 22. Oktober 1992 verständigten sich das Wohnsitzfinanzamt und der steuerliche Vertreter des Rechtsvorgängers zur Erledigung der Einsprüche darauf, dass geänderte Einkommensteuerbescheide teilweise vorläufig wegen der anhängigen Musterverfahren gegen die Grundlagenbescheide ergehen sollten und die Einkommensteuer 1979 bis 1983 weiterhin von der Vollziehung ausgesetzt werden sollte. Dementsprechend gewährte das Wohnsitzfinanzamt nach Erlass geänderter Einkommensteuerbescheide für 1979 bis 1983 vom 24. November 1992 dem Rechtsvorgänger mit Verfügung vom 11. Dezember 1992 antragsgemäß AdV erläuterte das Wohnsitzfinanzamt dem Rechtsvorgänger, dass nach der beiliegenden Mitteilung des Finanzamts … für Körperschaften für Zwecke der AdV für die Jahre 1979 bis 1983 nur noch 2/3 der ursprünglich angesetzten Verlustanteile der Grundlagenbescheide in den Folgebescheiden auszusetzen gewesen seien. Im geänderten Zinsbescheid des Wohnsitzfinanzamts vom 9. Januar 1993 wurde ein Rechenfehler zur AdV der Folgebescheide erläutert.

Nach Erlass wiederum geänderter Einkommensteuerbescheide für 1981 bis 1983 vom 5. März 1996 setzte das Wohnsitzfinanzamt mit Bescheid vom 25. März 1996 die Vollziehung der Einkommensteuerschuld des Rechtsvorgäng...

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