Entscheidungsstichwort (Thema)
Allgemeine Leistungsklage auf Auszahlung des festgesetzten Kindergeldes
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Klage, die auf Auszahlung des bereits durch Verwaltungsakt festgesetzten Kindergeldes gerichtet ist, ist als allgemeine Leistungsklage nach § 40 Abs. 1 Alternative 3 FGO zulässig.
2. Die Familienkasse ist berechtigt, das festgesetzte Kindergeld bis zur Klärung, ob die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs weiterhin bestehen, vorläufig nicht auszuzahlen, wenn ein konkreter Anlass besteht, Nachweise über das weitere Bestehen des Kindergeldanspruchs zu verlangen.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 1, § 46 Abs. 1-2; AO § 218 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung von Kindergeld hat.
Die Klägerin ist US-amerikanische Staatsbürgerin. Mit Bescheid vom 7. März 2002 setzte die beklagte Familienkasse Kindergeld für den am 28. Mai 1987 geborenen Sohn ab Juli 2001 fest. Das vom Beklagten für April 2004 auf das bisherige Konto der Klägerin bei der Kreissparkasse … angewiesene Kindergeld wurde wegen Erlöschens des Kontos zurückgebucht. Die Klägerin teilte dem Beklagten eine neue Bankverbindung mit. Der Beklagte zahlte das Kindergeld für April 2004 und die Folgemonate jedoch nicht aus, da die Kindergeldberechtigung überprüft wurde. Mit E-Mail vom 13. Mai 2004 und mit Schreiben vom 18. Mai 2004 wurde die Klägerin aufgefordert, eine Kopie der Aufenthaltserlaubnis ab Februar 2004 vorzulegen, weil die vorliegende Aufenthaltserlaubnis im Januar 2004 abgelaufen sei. Außerdem wurde die Klägerin aufgefordert, zum Nachweis des Wohnsitzes des Sohnes in Deutschland Schulbescheinigungen oder Kopien der jeweiligen Jahreszeugnisse ab Mai 1998 vorzulegen. Am 19. Mai 2004 reichte die Klägerin per E-Mail verschiedene Unterlagen mit Aufenthaltserlaubnissen bis Januar 2004 ein. In der Folgezeit brachte die Familienkasse in Erfahrung, dass der Sohn am 4. März 2004 in die geflogen sei und verlangte von der Klägerin den Nachweis über die Rückkehr des Sohnes nach Deutschland sowie außerdem einen Nachweis über eine Ausbildung des Sohnes ab Herbst 2004 in Deutschland. Entsprechende Unterlagen legte die Klägerin nicht vor.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 17. Juli 2004 Klage „wegen Untätigkeit”, weil ihr das Kindergeld für März bis Juli 2004 nicht ausbezahlt worden sei. Sie führt zur Begründung aus, der Kindergeldbescheid von 2002, in dem das Kindergeld ab Juli 2001 festgesetzt worden sei, sei immer noch gültig. Das Kindergeld werde ihr daher zu Unrecht nicht ausbezahlt. Es treffe nicht zu, dass ihr Sohn in den lebe. Er lebe vielmehr in ihrer inländischen Wohnung und sei nur aus familiären Gründen am 4. März 2004 in die gefahren. Seine Rückkehr habe sich verzögert, weil die gemeinsame inländische Wohnung während ihrer Abwesenheit geräumt worden sei. … sei dann krank geworden und habe sich in einer Klinik in den … befunden. Dort sei ihm der Reisepass entzogen worden, bis die Rechnungen bezahlt worden seien. Durch diese Verzögerung sei das Flugticket nicht mehr gültig und sie habe nicht genügend Geld, um ein neues Flugticket zu kaufen. Voraussichtlich kehre … am 20. August 2004 zurück.
Die Klägerin beantragt sinngemäß
die Auszahlung des Kindergeldes für den Sohn … für März bis Juli 2004.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Bis einschließlich März 2004 sei das Kindergeld ausbezahlt worden. Die Klägerin sei mehrfach ohne Erfolg aufgefordert worden, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Kindergeldanspruch nachzuweisen. Solange diese Voraussetzungen nicht geklärt worden seien, sei der Beklagte berechtigt, die Zahlungen vorläufig einzustellen, da die Klägerin damit rechnen müsse, dass der Kindergeldfestsetzungsbescheid aufgehoben werde.
Mit Datum vom 1. Februar 2006 erließ der Beklagte einen Bescheid, mit dem die Kindergeldfestsetzung ab April 2004 aufgehoben wurde.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist zulässig, da davon ausgegangen wird, dass entgegen dem Wortlaut in der Klageschrift die Klägerin keine Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 oder 2 Finanzgerichtsordnung (FGO), deren Voraussetzungen im Streitfall nicht vorliegen, erheben wollte, sondern eine allgemeine Leistungsklage nach § 40 Abs. 1 Alternative 3 FGO, gerichtet auf Auszahlung des mit Bescheid vom 7. März 2002 festgesetzten Kindergeldes für die Monate März bis Juli 2004.
2. Die Klage ist jedoch unbegründet.
Eine auf Zahlung gerichtete Leistungsklage kann (nur) Erfolg haben, wenn der Auszahlungsanspruch zuvor aufgrund eines abgeschlossenen Vorverfahrens durch Verwaltungsakt festgestellt worden ist und nur noch seine Erfüllung aussteht (Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 21. Februar 1992 V B 75/91, BFH/NV 1992, 678). Der Beklagte war jedoch im Streitfall berechtigt, das Kindergeld bis zur Klärung, ob die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld weiter bestehen, vorläufig nicht aus...