Entscheidungsstichwort (Thema)
Von ungewisser Änderung eines Poolvertrags abhängige Option zum Erwerb von KGaA-Aktien kein Anwartschaftsrecht i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG 2001. grundsätzlich kein wirtschaftliches Eigentum durch einseitige Erwerbsoption. Zahlungen für Aufhebung eines wertlosen Optionsrechts als vGA. keine steuerliche Anerkennung einer Treuhandschaft allein wegen Bilanzierung aks Treugut
Leitsatz (redaktionell)
1. Kann eine mittelbar über eine GmbH an einer KGaA beteiligte Steuerpflichtige aufgrund einer Poolvereinbarung der KGaA-Gesellschafter nicht selbst die von einem anderen KGaA-Gesellschafter zum Verkauf angebotenen Aktien erwerben, sorgt sie deswegen für einen Erwerb der Aktien durch die GmbH und lässt sie sich von der GmbH ein Optionsrecht zum Erwerb der Aktien für den Fall einräumen, dass die GmbH eine Änderung des Poolvertrags und dadurch eine Genehmigung des Erwerbs der Aktien durch die bisher nicht unmittelbar an der KGaA beteiligte Steuerpflichtige erwirken kann, so erlangt die Steuerpflichtige durch die Optionsvereinbarung auch dann noch kein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien, wenn sie zwar gegenüber der GmbH das Risiko eines möglichen Wertverlusts der Aktien übernimmt und sich die GmbH schuldrechtlich zur Veräußerung der Aktien ausschließlich an die Steuerpflichtige verpflichtet, die mit den Aktien verbundenen wesentlichen Rechte, das Stimm- und Dividendenbezugsrecht, jedoch bei der GmbH verbleiben.
2. Ein Optionsrecht zum Erwerb von Aktien ist keine Anwartschaft i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 3 EStG 1999/2000/2002, wenn es unter dem Vorbehalt einer erforderlichen Änderung eines Poolvertrags steht, die Realisierbarkeit dieser Änderung jedoch fraglich ist und die Änderung letztendlich auch nicht zustande kommt.
3. Ist die Ausübung der einseitigen Option zum Erwerb von Aktien aus der Sicht des Jahres, in dem die Option eingeräumt worden ist, zwar möglich, ist aber nach dem typischen Geschehensablauf nicht mit einer gewissen Sicherheit davon auszugehen, dass von der Option Gebrauch gemacht wird, so begründet die Einräumung eines Optionsrechts kein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien.
4. Hat eine GmbH ihren beherrschenden Gesellschaftern ein unter einer Bedingung stehendes Optionsrecht zum Erwerb von Aktien eingeräumt und steht nunmehr nach dem Gesamtbild der Verhältnisse fest, dass die Bedingung (hier: Zustimmung fremder Dritter zur Abänderung eines Poolvertrags) nicht erfüllt werden kann, so liegt eine vGA vor, wenn der Vertrag über das Optionsrecht aufgehoben wird und die GmbH trotz der nunmehrigen Wertlosigkeit des Optionsrechts eine Zahlung in Höhe des Kaufpreises der Aktien an die Gesellschafter leistet.
5. Allein die Verbuchung von Aktien in der Bilanz eines vermeintlichen Treuhänders als treuhänderisch verwaltetes Vermögen genügt nicht, um tatsächlich steuerlich eine Treuhandschaft anzunehmen.
Normenkette
EStG 2001 § 17 Abs. 1 Sätze 1, 3, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1
Tenor
1. Der Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 17. November 2008, zuletzt geändert durch Bescheid vom 09. März 2011, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. März 2011 wird dahingehend geändert, dass die Einkommensteuer auf 5.689.163,68 EUR (11.127.037,00 DM) festgesetzt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren war notwendig.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 9/10, der Beklagte zu 1/10.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
5. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Strittig ist die Besteuerung des Verzichts der Klägerin auf ein Optionsrecht auf Übertragung von Aktien der (im Folgenden KGaA genannt) gegen eine Zahlung von 25 % von 107.736.369 DM.
Die KGaA hatte zum 30. September 2000 ein Grund – Kommanditkapital von 12.310.300 DM und ein Komplementärkapital von 7.542.000 DM. Zum 30. September 2001 belief sich das Kommanditkapital auf 12.521.900 DM bei unverändertem Komplementärkapital. An der KGaA waren unter anderem die GmbH (GmbH) mit 51.381 Aktien, die Bank mit 47.587 Aktien sowie die (AG) mit 55.805 Aktien als Kommanditaktionäre beteiligt. Anteilseigner der GmbH waren die Klägerin und ihre Geschwister sowie Frau B jeweils zu je 20 %. An der AG war die Klägerin zu 9,0018 % beteiligt.
Im Jahr 1998 wollte die Bank ihren gesamten Aktienbestand an der KGaA verkaufen. Die Klägerin und ihre Geschwister wollten die Aktien zu je gleichen Teilen erwerben. Diesem Vorhaben stand jedoch ein Poolvertrag vom 27. Dezember 1972, geändert mit Vertrag vom 4. September 1997, in dem die GmbH und die AG diesem beigetreten sind, entgegen. Dieser lässt laut der Vorbemerkung in der Darlehens- und Optionsvereinbarung vom 19. September 1998 eine Veräußerung von Aktien der KGaA nur an andere Poolmit...