Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbschaftssteuer: Voraussetzung eines Erbvergleichs; Beiladung nach § 174 Abs 5 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein sog. Erbvergleich kann nur dann der Besteuerung zugrunde gelegt werden, wenn mit ihm eine ernstlich zweifelhafte und ernstlich umstrittene Erbrechtslage geklärt und gestaltet wird.

2. Regelt der Vergleich eine nach den objektiven Umständen unzweifelhafte Erbregelung abweichend bzw. soll er einen tatsächlich nicht bestehenden Erb- oder Vermächtnisanspruch begründen, ist er erbschaftsteuerrechtlich unbeachtlich. Bei der vergleichsweisen Begründung derartiger nicht bestehender Ansprüche kann es sich allenfalls möglicherweise um eine der Schenkungsteuer unterliegende freigebige Zuwendung handeln.

3. Eine Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO ist nur möglich, wenn im Zeitpunkt der Beiladung die Festsetzungsfrist für die gegen den Dritten gerichteten Steueransprüche noch nicht abgelaufen war.

 

Normenkette

ErbStG § 3 Abs. 1; AO 1977 § 174 Abs. 5

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob ein im Rahmen eines Vergleichs an die Klägerin (Klin) bezahlter Geldbetrag zur Abgeltung aller etwaigen erbrechtlichen Ansprüche mit dem Nennwert oder aber mit dem anteiligen Einheitswert eines Grundstücks als erbschaftsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage anzusetzen ist.

Die am 23.11.1992 verstorbene hat in einem Testament vom 18.9.1992 (Bl. 6 FA-Akte) folgendes angeordnet:

„Unbebautes Grundstück ... an folgende

Erben:

H.-R. A.

50 %

Frau R. A.

50 %

die Klin

Einfamilienhaus Y ... an Herrn B und Frau B ... je zur Hälfte.

Grundstück unbebaut Z ... an Kindern..., alle zu gleichen Anteilen von je ein Viertel. ...”

Daneben ordnete die Erblasserin zahlreiche Geldvermächtnisse an verschiedene Personen und Vereinigungen im Gesamtbetrag von 445.000 DM (Einzelbeträge bis maximal 50.000 DM) an; die verbleibende Restsumme sollte an „Brot für die Welt” gehen.

Das Grundstück in X hatte einen Einheitswert in Höhe von 60.100 DM und einen vom Testamentsvollstrecker angegebenen Verkehrswert von 1.000.000 DM, das Einfamilienhaus Y hatte einen Einheitswert in Höhe von 25.000 DM und einen Verkehrswert von 800.000 DM, der Einheitswert des Grundstücks in Z betrug 17.600 DM und der Verkehrswert 490.000 DM. Das Geldvermögen einschließlich der Wertpapiere belief sich auf ca. 1.100.000 DM.

Keine Verfügung wurde von der Erblasserin getroffen hinsichtlich im Gebiet der früheren DDR belegenen, jedoch enteigneten Grundbesitzes, für den vermögensrechtliche Ansprüche angemeldet waren.

Am 30.3.1993 erklärte der Testamentsvollstrecker zur Niederschrift des Nachlaßgerichts (Bl. 1 Beihefter), daß nach dem Testament die Erblasserin beerbt worden sei von H.-R. A., R. A., der Klin, Herrn B und Frau B zu je 1/5. Bei den den Erben zugewandten Vermögensgegenständen handele es sich lediglich um Teilungsanordnungen bzw. Vorausvermächtnisse. Die übrigen im Testament genannten Personen hätten nur Vermächtnisnehmer sein sollen. Der Testamentsvollstrecker beantragte die Erteilung eines entsprechenden Erbscheins.

In einem Schreiben vom 5.10.1993 (Bl. 131 FA-Akte) an das Nachlaßgericht bekräftigte der Testamentsvollstrecker seine Auffassung, daß die Erblasserin von den genannten fünf Personen beerbt worden sei. Bei der Vermögens Zuweisung sei man von folgendem Schlüssel ausgegangen:

Grundstück X Wert 1.400.000 DM

H.-R. A.

50 %

700.000 DM

= 31,18 v. H.

R. A.

50 %

350.000 DM

= 15,91 v. H.

Klin

350.000 DM

= 15,91 v. H.

Grundstück Y Wert 800.000,

Herr B

400.000 DM

= 18,18 v. H.

Frau B

400.000 DM

= 18,18 v. H.

100,00 v. H.

Die Einsprüche von den Erben seien nicht wegen der genannten 1/5, sondern wegen der Aufteilung des Grundstücks X gekommen. Unstreitig sei der Anteil für H.-R. A. in Höhe von 50 v. H. Die weiteren 50 v. H. beanspruche R. A. Die Klin als Schwiegertochter erwarte, da sie als Erbe genannt sei, aus diesen zweiten 50 v. H. einen entsprechenden 1/4-Anteil.

In einem Schreiben vom 6.12.1993 (Bl. 6 Beihefter) an die Klin von dem damals von ihr beauftragten Rechtsanwalt fragte dieser an ob die Klin mit der Erteilung eines Erbscheins dergestalt einverstanden sei, daß H.-R. A. zu 50 v. H., R. A. zu 37,5 v. H. und die Klin zu 12,5 v. H. Miteigentümer seien. Ihre Position wäre dann auch grundbuchrechtlich abgesichert.

Mit an den Rechtsanwalt der Klin gerichtetem Schreiben vom 14.12.1993 (Bl. 8 Beihefter) teilte der Anwalt der R. A. mit, daß diese mit einer Eintragung der Klin mit 12,5 v. H. als Miteigentümerin nicht einverstanden sei. Im Interesse des Familienfriedens sei sie jedoch mit einer Auszahlung in Höhe von 12,5 v. H. des Verkehrswerts einverstanden. Der Anwalt schlug eine Auszahlung in Höhe von 200.000 DM mit einer Nachbesserungsklausel im Verkaufsfall vor. In dem beigefügten Vertragsentwurf wird u. a. ausgeführt, daß H.-R. A., R. A. und die Klin Bezug auf das Grundstück X entweder Erben oder Vermächtnisnehmer im Verhältnis 50: 37,5: 12,5 seien. Mit Schreiben vom 22.12.1993 (Bl. 14 Beihefter) schlug der Rechtsanwalt der Klin die Annahme dieses Angebots vor.

Am 9.2.1994 wurde ...

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