Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Überschusserzielungsabsicht bei Einkünften aus Kapitalvermögen
Leitsatz (redaktionell)
Ist aufgrund einer Prognose nach den maßgeblichen Verhältnissen des Streitjahres nicht zu erwarten, dass der Steuerpflichtige das Anlageobjekt längerfristig nutzen wird und er auf die Dauer der Vermögensnutzung gesehen ein – wenn auch bescheidenes – positives Gesamtergebnis erzielen kann, so ist die Überschusserzielungsabsicht zu verneinen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1, § 9
Tatbestand
I.
Streitig ist im vorliegenden Klageverfahren nur noch, ob negative Kapitaleinkünfte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 1993 anzuerkennen sind.
Die Kläger erwarben am 26. Januar 1989 1.000 Aktien der Occidental Petroleum Corporation (Occidental) zu Anschaffungskosten von 51.175,65 DM. Des weiteren erwarben sie am 7. Dezember 1989 200 und am 5. April 1990 weitere 20 VW-Aktien; die Anschaffungskosten hierfür betrugen insgesamt 113.265,90 DM. Die Aktienkäufe wurden alle mit Kredit finanziert. Die Aktien der Occidental wurden am 7. Juni 1993 für 35.500 DM und die VW-Aktien am 12. Juni 1995 für insgesamt 124.390 DM verkauft.
In den Jahren 1989 bis 1995 ergaben sich bezüglich dieser Aktien folgende Erträge, bzw. Schuldzinsen:
|
Occidental |
VW |
Anschaffungskosten: |
51.175,65 |
113.265,90 |
Verkaufserlös: |
35.500,00 |
124.390,00 |
Jahr |
Erträge |
Schuldzinsen |
Erträge |
Schuldzinsen |
1989 |
3.503,77 |
3.766,87 |
./. |
./. |
1990 |
4.081,68 |
4.731,69 |
3.437,50 |
10.257,86 |
1991 |
2.253,96 |
5.226,04 |
3.781,25 |
11.566,70 |
1992 |
1.548,01 |
5.629,00 |
3.781,25 |
12.459,00 |
1993 |
399,13 |
2.388,55 |
687,50 |
12.199,86 |
1994 |
./. |
./. |
687,50 |
11.420,63 |
1995 |
./. |
./. |
942,86 |
5.096,97 |
|
11.786,55 |
21.742,15 |
13.317,86 |
63.001,02 |
negatives steuerliches Ergebnis: |
|
9.955,60 |
|
49.683,16 |
Beträge in DM |
Mit Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 7. Juli 1995 kürzte der Beklagte (das Finanzamt – FA –) die mit Einkommenssteuererklärung vom 28. März 1995 geltend gemachten Schuldzinsen für diese Aktien; als Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden zunächst – 1.778 DM anerkannt. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 48.120 DM wurde die Einkommensteuer auf 7.768 DM festgesetzt.
Nach Einspruch vom 3. August 1995, der auch wegen hier nicht mehr streitgegenständlichen Punkten eingelegt wurde, wurde die Einkommensteuer mit Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2000, bei einem zu versteuernden Einkommen von 45.062 DM auf 7.054 DM herabgesetzt. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden nun mit Null DM angesetzt; dabei wurden positive Einkünfte aus der Gewährung eines GmbH-Darlehens in Höhe von 2.507 DM und der Freibetrag nach § 20 Abs. 4 EStG berücksichtigt. Das FA ging davon aus, dass die Absicht, einen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erzielen, bei den Klägern nicht vorliege. Die frühere steuerliche Vertreterin der Kläger führte in einem Schriftsatz vom 13. Januar 1998 aus, zunächst einmal habe die Absicht über einen Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist einen Gewinn zu erzielen, absolut im Vordergrund gestanden, was dadurch untermauert würde, dass ein Kredit ohne feste Zinsfestschreibung aufgenommen worden sei.
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage vom 16. März 2000.
Der Kauf der Aktien sei mit Kredit finanziert worden. Bei der gewählten Form der Anlage könne bei der Verweildauer der erworbenen Aktien im Depot von einer langfristigen Vermögensanlage ausgegangen werden. Mit beiden Aktien seien jährlich Erträge erzielt worden. Dass sich nach Verkauf kein Schlussgewinn ergeben hätte, ändere nichts an der Feststellung, das es sich um langfristige Vermögensanlagen gehandelt habe. Es sei auch unerheblich, welche Ausgangssituation beim Kauf der Aktien vorgelegen hätte. Entscheidend für die Beurteilung einer Vermögensanlage sei der zeitliche Ablauf.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
die streitigen Bescheide dergestalt zu ändern, dass hinsichtlich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ein Verlust in Höhe von 6.143,53 DM berücksichtigt wird.
Das FA beantragt,
unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung die Klage abzuweisen.
Schuldzinsen und andere Kreditkosten seien nur dann Werbungskosten aus Kapitalvermögen, soweit zu dieser Einkunftsart ein wirtschaftlicher Zusammenhang bestünde. Dies sei der Fall, wenn ein Kredit zum Erwerb einer Kapitalanlage verwendet würde und der Zweck der Schuldaufnahme in der Erwerbssphäre liege, d.h. wenn die Finanzierung der Anschaffung oder dem Halten einer Kapitalanlage diene, bei der nicht die Absicht der Realisierung von Wertsteigerungen, sondern – auf Dauer gesehen – die Absicht der Erzielung eines Totalüberschusses im Vordergrund stehe. Die Absicht des Steuerpflichtigen als innerer Vorgang sei anhand äußerlich erkennbarer Merkmale zu beurteilen. Bei objektiver Beurteilung der Renditeerwartung hätte ein solches positives steuerliches Gesamtergebnis in einem überschaubaren Zeitraum für jede einzelne Kapitalanlage von Anfang an nicht ernsthaft erwartet werden können.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die Absicht zur Erzielung von Kapitaleinkünften setzt das ...