Entscheidungsstichwort (Thema)
Überschusserzielungsabsicht bei Einkünften aus Kapitalvermögen. Keine Einbeziehung in die Beurteilung der Überschusserzielungsabsicht bei nicht steuerbaren Dividendenausschüttungen aus dem EK 04
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat der Aktionär einer AG über Jahre hinweg ausschließlich nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht steuerbare Dividendenausschüttungen aus dem EK 04 erhalten, so fehlt ihm die Überschusserzielungsabsicht mit der Folge, dass er Finanzierungszinsen für den Aktienerwerb nicht als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehen darf.
2. Die Herabsetzung der Wesentlichkeitsgrenze nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG von 10 % auf 1 % ab 1.1.2001 führt nicht zur Begründung der (ansonsten fehlenden) Überschusserzielungsabsicht für die Vorjahre.
Normenkette
EStG 2000 § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3; EStG § 9 Abs. 1, § 8; EStG 2001 § 17 Abs. 1 S. 1; KStG a.F. § 30 Abs. 2 Nr. 4; FGO § 69
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller (ASt) ist Mitglied des Vorstands der TA-AG (TA). Im Dezember 1993 erwarb er 122.775 Aktien der TA zum Preis von 19.407.626 DM. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der ASt Kredite über insgesamt 17.286.792 DM auf. 1994 erwarb der ASt weitere 14.585 Aktien der TA zum Preis von 2.324.904 DM, die ebenfalls fremdfinanziert wurden. Die Beteiligung des ASt am Kapital der TA betrug stets mehr als 1 %, jedoch weniger als 10 %.
Die TA schüttete in den Beteiligungsjahren des ASt jeweils Dividenden aus dem EK 04 der Gesellschaft (§ 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG a.F.) aus, die beim ASt gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht der Besteuerung unterworfen wurden (1994 und 1995 jeweils 0,80 DM je Aktie, 1996 bis 1998 jeweils 1 DM je Aktie, 1999 1 EUR je Aktie). Steuerpflichtige Dividenden schüttete die TA nicht aus. Schuldzinsen für die Finanzierungskredite hat der ASt in folgender Höhe aufgewendet:
1994 |
82.667 DM |
1995 |
866.251 DM |
1996 |
1.038.582 DM |
1997 |
1.020.721 DM |
1998 |
502.571 DM |
1999 |
735.515 DM |
2000 |
260.071 DM. |
In den Jahren 1999 und 2000 berücksichtigte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) zunächst die Schuldzinsen in den unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheiden vom 3. September 2001 bzw. 9. April 2002 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Mit Änderungsbescheid vom 27. August 2003 betreffend Einkommensteuer 1999 erkannte das FA die Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten an, da mangels steuerpflichtiger Erträge eine Überschusserzielungsabsicht nicht gegeben sei. Über den dagegen eingelegten Einspruch hat das FA noch nicht entschieden. Den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2000 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 zurück und verböserte nach entsprechendem Hinweis (§ 367 Abs. 2 S. 2 AO) die Steuerfestsetzung, indem es die Schuldzinsen nicht mehr als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen anerkannte. Hiergegen erhoben die ASt Klage, über die der Senat noch nicht entschieden hat.
Die ASt widersprechen der Auffassung des FA, dass nur steuerpflichtige Einnahmen für die Ermittlung der Überschusserzielungsabsicht maßgeblich seien, da der ASt keinen Einfluss darauf habe, aus welchem vorhandenen Eigenkapital die Ausschüttungen erfolgten und die Steuerfreiheit oder Steuerpflichtigkeit der Dividendenausschüttungen beim Erwerb der Einkunftsquelle nicht voraussehbar gewesen sei. Beziehe man die nicht steuerbaren Dividendenausschüttungen in die Betrachtung ein, so sei festzustellen, dass diese die Finanzierungsaufwendungen stets überstiegen. Zu berücksichtigen sei ferner, dass ab 1. Januar 2001 die Wesentlichkeitsgrenze i.S.v. § 17 Abs. 1 S. 1 EStG von 10 % auf 1 % gesenkt worden sei, was bedeute, dass ab 2001 Veräußerungsgewinne des ASt aus seiner Beteiligung an der TA steuerpflichtig seien. Dies sei ein Umstand, der auch bei der Überschussprognose der vorangegangenen Veranlagungszeiträume berücksichtigt werden müsse.
Die ASt beantragen
die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1999 vom 27. August 2002 in Höhe von 118.206,59 EUR Einkommensteuer, 16.547,75 EUR Zinsen, 6.501,36 EUR Solidaritätszuschlag und die Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2000 vom 18. März 2003 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 27. August 2003 in Höhe von 117.406,42 EUR Einkommensteuer, 9.392 EUR Zinsen und 6.457,35 EUR Solidaritätszuschlag wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide und wegen unbilliger Härte.
Das FA beantragt, den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
1. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des Sachverhalts anhand präsenter Beweismittel bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne von § 69 Abs. 3 und Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der Bescheide (vgl. Bundesfinanzhof – BFH – Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, BStBl II 2000, 298), und zwar aus folgenden Erwägungen:
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